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Elly Seidl: Seit 100 Jahren zum Anbeißen

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Von: Ramona Weise

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Elly Seidl wird 100
Elly Seidl wird 100: Maximilian Rambold führt Elly Seidl mit Bruder Oliver. © Achim Schmidt

Wer sich in München etwas gönnen will, geht zu Elly Seidl, der Königin der Pralinen. Nun feiert die Firma ihren 100. Geburtstag. Und hat ihre ganz eigene Strategie, sich in der heiß umkämpften Schoko-Branche zu behaupten.

München - Sie muss eine emanzipierte Frau gewesen sein, diese Barbara Grathwohl. In den Endkriegswirren von 1918 eröffnet sie mit Mitte Dreißig ein Feinkostgeschäft an der Maximilianstraße. Nicht besonders schicklich für die Ehefrau eines wohlsituierten Münchners. Frauen sollen damals vor allem repräsentieren. Also nennt Grathwohl ihr Geschäft nach Tochter Elly und ihrem ersten Mann – Elly Seidl ist geboren und zieht Naschkatzen bis heute magisch an.

Viele Münchner denken beim Stichwort Elly Seidl an Spaziergänge mit der Oma, die mit einer Tüte voller Köstlichkeiten endeten. Das hat sich bis heute nicht geändert. Doch auch im Reich der süßen Genüsse ist die Zeit nicht stehen geblieben. Selbstgemachtes gab es beispielsweise in den Anfangsjahren bei Elly Seidl nicht. 100 Jahre später kreieren die Mitarbeiter so gut wie alle Pralinen, Schokoladen und Törtchen selbst und fertigen sie in der Zentrale in Gräfelfing von Hand.

Elly Seidl wird 100
Damals: Elly Seidl wird 100. © Achim Schmidt

„Die Vorbereitung der Arbeitsschritte dauert oft mehrere Stunden“, sagt Firmenchef Maximilian Rambold. Nougat etwa müsse langsam erwärmt werden, sonst könne man ihn nicht verarbeiten. „Unsere Schokolade soll feinschmelzig sein, nicht krisselig“, sagt Rambold. Die Handarbeit ist nicht günstig: Eine 300- Gramm-Mischung mit 24 Pralinen kostet etwas mehr als 20 Euro. Elly-Seidl-Fans bezahlen diesen Preis gerne. Auch wenn mittlerweile preisbewusster eingekauft werde als etwa in den 90er-Jahren, wie Rambold sagt.

Der 39-Jährige leitet den Traditionsbetrieb zusammen mit seinem Bruder Oliver (45). Ihre Eltern Beatrice und Helmut Rambold führten die Geschäfte von Elly Seidl ab 1972 zuerst als Pächter. Der Grund: Grathwohls Enkelin Elly, die die Firma von ihrer gleichnamigen Mutter Elly hätte übernehmen sollen, heiratete nach Liechtenstein. Im Jahr 2001 kauften die Rambolds die Firma. Sechs Filialen plus den Online-Handel gibt es aktuell, die bekannteste dürfte die in der Maffeistraße 1 sein.

Qualität statt Masse

Die Strategie von Elly Seidl im heiß umkämpften Schoko-Markt: Qualität statt Masse. Deswegen gibt es die Pralinen nur in den eigenen Läden und nicht in Supermärkten. „Wir schauen außerdem, dass unsere Mitarbeiter lange bei uns bleiben und von ihrer Arbeit leben können“, so Rambold.

Beispiel: Michaela Ehrensperger (51). Sie hat ihre Lehre schon ab 1981

Ihren Chef Maximilian Rambold kannte Michaela Ehrensperger schon, als er noch in den Kindergarten ging.
Ihren Chef Maximilian Rambold kannte Michaela Ehrensperger schon, als er noch in den Kindergarten ging. © Achim Schmidt

bei Elly Seidl gemacht – und ihren jetzigen Chef Max öfter mal vom Kindergarten abgeholt. Heute kümmert sie sich ums Verpacken der Pralinen. Oder Produktionsleiter Thomas Wagner (53): Er ist seit 21 Jahren im Unternehmen und gießt gerade Schokoladen-Osterhasen. Schokolade macht nicht dick, ist Wagner überzeugt. „Ich habe vor 21 Jahren mit einem Gewicht von 73 Kilogramm hier zu arbeiten begonnen, und wiege heute noch so viel.“ Das Geheimnis: maßvoller Genuss.

„Schokolade ist Gottes Entschuldigung für Brokkoli“

Maximilian Rambold hat ein Schild im Tagescafé der Produktionsstätte aufgestellt: „Schokolade ist Gottes Entschuldigung für Brokkoli“. Das Schild habe er vor drei Jahren im Urlaub an der Ostsee entdeckt – und sich gedacht: „das passt“, erzählt er.

Zum 100. Geburtstag des Familienunternehmens wird es eine Jubiläums-

Schokolade macht nicht dick, sagt Produktionsleiter Thomas Wagner. Er arbeitet seit 21 Jahren bei Elly Seidl.
Schokolade macht nicht dick, sagt Produktionsleiter Thomas Wagner. Er arbeitet seit 21 Jahren bei Elly Seidl. © Achim Schmidt

Edition mit Pralinen geben. Darauf abgebildet: 13 prominente Fans wie OB Dieter Reiter, Schauspielerin Michaela May und Willy Bogner. Schon länger im Sortiment: Pralinen, die nach den Firmen-Chefs benannt sind. Eine Idee der Eltern von Maximilian und Oliver Rambold. Die haben nun wiederum ihren Kindern Kreationen gewidmet. So ist eine der Pralinen nach Maximilian Rambolds Tochter Emma (4) benannt – „und hat Kaffee drinnen“. Weil Klein-Emma Mama und Papa schon während der Schwangerschaft wach gehalten hat.

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Elly Seidl heute. © Achim Schmidt

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