Arbeiten in München, wohnen im Umland? Für wen sich Pendeln lohnt

Etwa 355.000 Menschen, die in München arbeiten, wohnen außerhalb der Stadtgrenzen. Das kann sich lohnen – aber nicht überall. Eine Studie fand nun heraus, wo man Geld und Nerven spart.
München - Johanna Possinger hat sich vor zwei Jahren dazu entschlossen, die Landeshauptstadt zu verlassen und nach Ebenhausen zu ziehen. Grund dafür seien vor allem die horrenden Mietpreise gewesen. „Dadurch, dass ich pendle, spare ich locker 300 Euro im Monat“, erzählt die Professorin. Doch was Possinger an Geld spart, hat dennoch seinen Preis: Die Hin- und Herfahrerei raubt der 38-Jährigen nicht nur wertvolle Zeit, sondern auch Nerven. „Vor allem, weil die S7 das ganze Jahr über Probleme hat.“ Mal sei sie verspätet, so Possinger, „mal fällt sie aus“.
Der Fall der jungen Professorin ist typisch. 355.000 Menschen, die in München sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind, wohnen außerhalb der Stadtgrenzen. Für viele bedeutet das, sich jeden Tag mindestens eine Stunde in den Zug oder ins Auto zu setzen, um den Job in München überhaupt erst antreten zu können.
Ob sich das lohnt, dieser Frage ging nun eine Studie nach, die das Immobilienforschungsinstitut F+B für Spiegel Online durchgeführt hat. Sie zeigt, wo im Umland das Leben erschwinglich und die Fahrzeiten erträglich sind. Untersucht wurden neun Gemeinden nahe München, die alle mehr als 25.000 Einwohner haben: Dachau, Erding, Freising, Fürstenfeldbruck, Germering, Olching, Starnberg, Unterschleißheim und Vaterstetten.

Die Forscher erhoben die durchschnittlichen Kauf- und Mietpreise für eine 75-Quadratmeter-Wohnung mit mittlerer Ausstattung. In München kostet diese der Studie zufolge etwa 509 879 Euro, beziehungsweise 1254 Euro im Monat. Wohnt man stattdessen im Umland, spart man im Schnitt 30 Prozent.
Pendeln nach München: Wieso ist die Strecke von Erding weniger anfällig?
Zum Beispiel in Erding. Die gleiche Wohnung kostet der Studie zufolge hier nur 304.275 Euro – über 40 Prozent weniger als in München. Doch satte 53 Minuten fährt der Zug vom Bahnhof in Erding zum Hauptbahnhof München, inklusive der durchschnittlichen Verspätungen auf der Strecke. Diese hat F+B ebenfalls in die Berechnungen einfließen lassen. Dabei kam heraus: Die Strecke von Erding ist mit durchschnittlich zwei Minuten Verspätung wesentlich weniger anfällig als beispielsweise die Fahrt von Freising nach München. Hier kommen die Pendler täglich etwa fünf Minuten später am Ziel an als geplant.
Im Vergleich ist es jedoch recht teuer, von Erding mit dem Zug nach München zu fahren: 2101,20 Euro errechneten die Forscher für das Jahresticket. Dagegen ist das Auto verhältnismäßig günstig: Während der VW Golf aus Germering laut der Studie im Jahr 5706 Euro kostet, fährt der gleiche Wagen die 45 Kilometer von Erding in Münchens Innenstadt für gerade einmal 3990 Euro im Jahr. Der Grund ist die höhere Pendlerpauschale, die hier von der Steuer abgesetzt werden kann.
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Wer günstig mieten will, kann auch in Fürstenfeldbruck auf seine Kosten kommen. Hier kosten die 75 Quadratmeter Wohnfläche im Durchschnitt 765 Euro. Das sind satte 489 Euro weniger, als die gleiche Wohnung in München kostet, also 39 Prozent Ersparnis. Doch von hier lohnt sich das Auto kaum: Jeden Tag verbringt der Pendler aus Fürstenfeldbruck etwa 20 Minuten im Stau. Ähnlich sieht es in den anderen Gemeinden westlich von München aus.
Auch für Familien kann es sich lohnen, im Umland nach Wohnungen zu suchen. Nachdem Nina Kamburova Mutter geworden ist, hat die 50-Jährige sich nach einer größeren Wohnung umgeschaut. In Baldham wurde sie fündig. „Wir zahlen 1200 Euro für drei Zimmer“, sagt sie, „die Wohnung ist für eine dreiköpfige Familie ideal. Es wäre zwar schöner, wenn ich nicht jeden Tag in die Stadt fahren müsste“, sagt sie, „aber es hilft ja nichts.“
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Sarah Brenner, Severin Heidrich