Briefwahl-Chaos bei der Stadt München

München - Die Stadt kommt mit dem Versand der Briefwahl-Unterlagen nicht hinterher. 20 000 Anträge haben sich angestaut. Nun prüft die Regierung von Oberbayern die Vorgänge.
Es gibt keine größeren Probleme beim Versand der Briefwahlunterlagen: Darauf beharrte Peter Günther, Vize-Chef des Wahlamts im Kreisverwaltungsreferat (KVR), vergangene Woche trotz mehrfacher Nachfrage vehement. Gleichzeitig häuften sich Klagen von Bürgern, die Wahlunterlagen für die Landtagswahl angefordert, aber nicht bekommen hatten. Allein CSU-Stadträtin Mechthilde Wittmann, Landtagskandidatin im Stimmkreis Milbertshofen, hatte mehr als 60 Beschwerden gesammelt.
Am Montag war auf erneute Anfrage im KVR plötzlich einiges anders. Ja, es gebe Verzögerungen, räumt Günther nun ein. Etwa 20 000 Anträge für die Wahl am kommenden Sonntag seien derzeit nicht bearbeitet. Seit Montag ist eine „Sondereinsatzgruppe“ an der Arbeit - 15 zusätzliche Dienstkräfte, die ausschließlich Briefwahlunterlagen verschicken.
Der Grund für die Probleme ist der - für die Stadt offenbar unvorhergesehen große - Ansturm der Münchner auf die Briefwahl. Mit etwa 170 000 Briefwählern hatte die Stadt bei der Landtagswahl gerechnet. Allein bis vergangenen Freitag waren aber bereits 227 391 Anträge eingegangen - das sind 25 Prozent aller Wahlberechtigten. Die Stadt brachte diese Antragsflut in Schwierigkeiten. Denn: Sie hatte nur 200 000 Stimmzettel und Kuverts für die Briefwahl eingeplant. Der Rest der für die 910 577 Wahlberechtigten vorgesehenen Stimmzettel lag schon abgezählt für jedes Wahllokal im „Wahlurnenlager“ in Freimann - in 8000 bereits verschlossenen Urnen.
Die Urnen einzeln zu öffnen, das wollte sich die Stadt ersparen. Deshalb beschloss sie, neue Stimmzettel und Umschläge zu drucken - die Entscheidung fiel bereits am vergangenen Dienstag. Die Regierung von Oberbayern, die für den Druck und die Ausgabe der Stimmzettel verantwortlich ist, bietet diesen Service an. Die Kosten trägt die Stadt München. Günther sagt, man habe bis dahin gehofft, die Probleme in den Griff zu bekommen. „Aber das Drucken hat länger gedauert als uns zugesichert wurde.“
In der Folge kam es „im ein oder anderen Stimmkreis zu Verzögerungen beim Postversand“, gibt Günther zu. Damit bestätigt sich auch die Beobachtung von CSU-Stadträtin Wittmann, dass es - unter anderem - im Stimmkreis Milbertshofen verstärkt zu Problemen gekommen ist.
Es müsse in jedem Einzelfall sichergestellt sein, dass Bürger von „ihrem höchsten demokratischen Recht Gebrauch machen können“, betont CSU-Fraktionschef Josef Schmid . In einem offenen Brief wandte er sich gestern an Regierungspräsident Christoph Hillenbrand. Wegen der aufgetretenen Probleme bitte er, „die Praxis und Organisation des Wahlamtes München beim Versand der Briefwahlunterlagen fach- und rechtsaufsichtlich zu überprüfen“, schreibt Schmid. Dem kommt die Regierung nach: Es sei „Aufgabe der Stadt, die Ausreichung der Unterlagen zu organisieren und dafür zu sorgen, dass ausreichend Briefwahlunterlagen vorhanden sind“, erklärte Regierungssprecher Stefan Frey. Noch gestern hat die Regierung von Oberbayern als Kommunalaufsichtsbehörde eine Prüfung veranlasst. „Wir werden bei der Stadt Unterlagen anfordern und nachhaken, wie es gelaufen ist.“ Mit Ergebnissen sei frühestens heute zu rechnen.
Landtagswahl Bayern in Zahlen und Fakten
Wahlamts-Vize Peter Günther sieht indes keine weiteren Probleme mehr auf die Behörde zurollen. „Bis Mittwoch müsste jeder, der bis zum Wochenende Briefwahl beantragt hat, seine Unterlagen haben“, verspricht er. Seit Montag ist der Postversand, wie immer in der letzten Woche vor der Wahl, beschleunigt. Innerhalb eines Tages wird jeder Brief mit Wahlunterlagen zugestellt.
Caroline Wörmann
Die Hotline
des Wahlamts ist ab sofort unter der Woche bis 18 Uhr unter 089/23 39 62 33 zu erreichen.
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