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Corona-Schock - Top-Virologe Kekulé: „Wir müssen die Daumenschrauben anziehen“ - Was uns Weihnachten droht

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Von: Barbara Nazarewska, Dorita Plange, Andreas Beez

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Professor Dr. Alexander Kekulé
Top-Virologe Prof. Dr. Alexander Kekulé © Markus Schlaf

Vor dem Treffen von Kanzlerin Angela Merkel mit den Ministerpräsidenten am nächsten Mittwoch spricht sich Professor Dr. Alexander Kekulé für schärfere Corona-Schutzmaßnahmen aus. Gleichzeitig äußert er scharfe Kritik an Bundesgesundheitsminister Jens Spahn.

Wie lange noch? Corona und die damit verbundenen Einschränkungen nerven immer mehr Menschen – während sich gleichzeitig die Gefechtslage im Kampf gegen das Virus weiter verschärft: So meldete das Robert-Koch-Institut am Freitag einen Rekordwert an Neuinfektionen. Innerhalb eines Tages haben sich 23 648 Menschen angesteckt, 260 starben, 3588 lagen auf Intensivstationen.

Wenn wir jetzt nicht bremsen, haben wir an Weihnachten und an Silvester massive Ausbrüche im privaten Bereich.

Professor Dr. Alexander Kekulé

Vor diesem Hintergrund fordert Top-Virologe Professor Dr. Alexander Kekulé eine weitere Verschärfung der Schutzmaßnahmen bis zum Jahresende. „Wir müssen die Daumenschrauben stärker anziehen. Es ist leider so. Wenn wir jetzt nicht bremsen, haben wir an Weihnachten und an Silvester massive Ausbrüche im privaten Bereich“, warnt Kekulé in einem Interview mit der tz. Allerdings macht uns der Corona-Experte von der Universität Halle auch Mut, dass die Pandemie nicht mehr ewig dauern wird: „Ich hoffe, dass der Spuk Ende nächsten Jahres vorbei sein wird – jedenfalls dann, wenn bei den geplanten Impfungen alles reibungslos läuft.“ Allerdings sei es jetzt zunächst nötig, die ansteigende Infektionskurve abzuflachen. Deshalb spricht sich Kekulé für Sofortmaßnahmen aus. Seine Vorschläge im Interview mit tz und Münchner Merkur: 

80 Prozent der Übertragungen erfolgen über sogenannte Aerosole – also vereinfacht erklärt über Corona-Viren, die in der Luft schweben. 

Professor Dr. Alexander Kekulé

Verschärfte Maskenpflicht: „Sie sollten immer dann zwingend vorgeschrieben sein, wenn sich in einem Raum zwei oder mehr aus verschiedenen Haushalten aufhalten, kein intensiver Luftaustausch stattfindet und die Mindestabstände nicht eingehalten werden. Damit verhindern wir Superspreading – und es tut niemandem ernstlich weh.“ Im Freien müsse man dagegen, was das Tragen von Masken angeht, „nicht päpstlicher sein als der Papst“. Die Begründung: „80 Prozent der Übertragungen erfolgen über sogenannte Aerosole – also vereinfacht erklärt über Corona-Viren, die in der Luft schweben. Diese Aerosole bilden sich im Freien nur schwer – und wenn doch, dann werden sie durch Luftbewegungen schnell so stark verdünnt, dass sie nicht mehr gefährlich werden können“, erklärt Kekulé.

Schulschließungen ab der fünften Klasse - bereits eine Woche vor Weihnachten. „Ältere Kinder und Jugendliche sind infektiös, wir sehen massive Ausbrüche. Mit Blick auf eine mögliche Corona-Übertragung sind sie in einem gefährlichen Alter, auch wenn sie selbst meistens kaum Symptome haben. Wir brauchen eine Art Adventsquarantäne, um an den Feiertagen Ausbrüche in der Familie zu verhindern. Dazu gehört auch, dass sich die Schüler nicht privat in größeren Gruppen treffen.“ Dagegen sollten Kitas und Grundschulen laut Kekulé geöffnet bleiben. „Kleinere Kin­der infizieren sich zwar auch, aber sie stecken kaum jemanden an. Das bringt man in die Köpfe von uns Virologen aber nur schwer hinein“, sagt Kekulé und erläutert zwei Theorien: „Erstens: Die sogenannte angeborene Immunantwort der Kleineren ist im Dauerbetrieb – wenn Corona-Viren angeflogen kommen, wird das Immunsystem deshalb schnell mit ihnen fertig. Daher geht von den Kindern – nach derzeitigem Stand – nur wenig Ansteckungsgefahr aus. Zweitens: Jüngere Kinder stehen unter Dauerfeuer von Krankheitserregern und haben dadurch ein ständig aktiviertes Immunsystem. Sie werden offenbar schneller mit den Viren fertig als Erwachsene.“

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