Corona-Hilfen endlich da: Münchner Unternehmer trotzdem kurz vor der Pleite - „Über Insolvenz nachgedacht“

Endlich geht es los mit den Corona-Hilfen. Hat die Zitterpartie damit endlich ein Ende? Münchner Unternehmer erzählen, was sie davon halten.
- Schnell und unbürokratisch sollte die Novemberhilfe kommen, so hatte es die Politik versprochen.
- Wegen einer Softwarepanne startete die Auszahlung aber erst am Dienstag (12. Januar).
- Vielen Betroffenen steht das Wasser bis zum Hals.
München - „Die Luft wird dünn“, sagt Charly Eisenrieder von der Konditorei Münchner Freiheit. 500.000 Euro Verlust haben er und sein Bruder Max Eisenrieder während der Corona-Pandemie* bereits gemacht. „Unsere Ressourcen sind langsam aufgebraucht. Wenn der Lockdown wie von Frau Merkel angedeutet bis Ostern geht, sind die Folgen unbezifferbar.“ Immerhin: 50.000 Euro der versprochenen 100.000 Euro Novemberhilfe haben die Brüder bereits auf dem Konto.
Trotzdem bleibt Eisenrieder skeptisch: „Wir haben bislang nur den Vorbescheid, es ist noch nicht sicher, ob das Geld tatsächlich in der Höhe ankommt.“ Zwar ist der Konditoreiverkauf offen, aber die laufenden Kosten fressen ein großes Loch in die Kasse. Die Brüder haben schon über eine Insolvenz nachgedacht. „Aber das ist für uns keine Alternative. Wir haben auch eine soziale Verantwortung unseren Mitarbeitern gegenüber.“
Corona: Wirte müssen auf Privatvermögen und Altersvorsorge zurückgreifen
Seit Wochen wartet Gregor Lemke, Inhaber vom Klosterwirt und Sprecher der Innenstadtwirte, vergeblich auf die versprochene Novemberzahlung. „Von wegen schnell und direkt: Wir haben bislang nichts bekommen.“ Mittlerweile tut er sich deshalb schwer mit den Versprechen der Politiker. „Wir Gastronomen müssen uns doch auf irgendetwas verlassen können.“
Viele Wirtskollegen hätten bereits auf ihre Altersvorsorge und Privatvermögen zurückgreifen müssen, um die finanziellen Löcher zu stopfen. „Wir sprechen hier teilweise von Beträgen im siebenstelligen Bereich. Und eine Perspektive gibt es nicht: Keiner weiß, wie lange der Lockdown noch geht und wann er seine Verluste wieder ausgleichen kann.“
Corona: Münchner DJ musste sich Geld von Schwiegereltern organisieren
Von Computerreparaturen bis Babybauchshootings: Der Münchner DJ Woiferl Kraus nimmt gerade jeden Gelegenheitsjob an, der sich bietet. „Wir hangeln uns von Monat zu Monat“, sagt der 62-Jährige. 2850 Euro Novemberhilfe hat er beantragt, davon bereits eine Abschlagszahlung von 1450 Euro erhalten. Für ihn und Ehefrau Gisela lief es ungünstig, dass ausgerechnet der veranstaltungsarme November zur Berechnung herangezogen wurde: „Da haben wir ohnehin kaum Einkünfte, weil weder Hochzeiten noch Weihnachtsfeiern stattfinden.“

Im Schnitt erwirtschaftet das Paar 5500 Euro pro Monat, davon gehen alleine 2000 Euro für Miete und 1000 Euro für die Krankenversicherung drauf. „Wenn uns die Schwiegereltern nicht mit 10.000 Euro unterstützt hätten, wäre es gar nicht gegangen“, sagt Kraus. Ein Licht am Ende des Tunnels sieht er nicht: „Gerade der Dezember mit den Weihnachtsfeiern wäre für uns wichtig gewesen – damit retten wir uns sonst über den schwachen Januar.“ Abwechslung bringen die Live-Stream-Partys, die sie aus dem heimischen Studio direkt ins Wohnzimmer senden. Die nächste virtuelle Party steigt am Freitag um 19.30 Uhr, Link über die Facebookseite facebook.com/DJ089.de.
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Corona: Brauereigasthöfe gehen häufig leer aus bei den Staatshilfen
Das Team um Wirt Otmar Mutzenbach vom Schneider Bräuhaus im Tal ist fassungslos: Sie gehen bei den Corona*-Hilfen leer aus. „Wir bekommen gar nichts, keinen Cent“, sagt Mutzenbach. Um seinem Ärger Luft zu machen, hat er eine Karikatur, die Finanzminister Scholz mit Pinocchio-Nase zeigt, vor seinem Lokal ausgehängt. Im Unterschied zu selbstständigen Gastronomen erhält ein Brauereigasthof die Staatshilfen nur dann, wenn er zusammen mit dem angeschlossenen Braubetrieb ein Umsatzdefizit von 80 Prozent im Vergleich zum jeweiligen Vorjahresmonat erreicht. „Wir liegen nur knapp darunter und haben deshalb keinen Anspruch. Seit März leben wir komplett von unseren Ersparnissen – das Geld ist weg!“ Der Verband Private Brauereien Bayern fordert nun, Brauereigasthöfe wie selbstständige Gaststätten zu behandeln.
Keine Gäste, keine Einnahmen: Alessandro Gambino von den Gambino Hotels führt mit seiner Schwester in München* drei Häuser in Eigenregie, ist zudem für das Management eines weiteren zuständig. Von den laut Antrag versprochenen 173.000 Euro für die drei eigenen Hotels hat er bislang gerade mal 10.000 Euro bekommen. „Das hört sich zwar viel an und wir sind dafür auch sehr dankbar. Aber im Endeffekt ist es nur ein Tropfen auf den heißen Stein.“ Miete und Fixkosten laufen schließlich trotz Pandemie weiter. Alessandro Gambino konnte zwar mit den Vermietern eine Stundung aushandeln. „Aber alleine bis Ende Dezember sind nun schon 1,25 Millionen Euro an Mietschulden aufgelaufen, die wir irgendwann zurückzahlen müssen.“ *tz.de ist Teil der Ippen-Digital-Netzwerks.
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