Der lange Weg zum Wohngeld: 86-jähriger Rentner berichtet vom beschwerlichen Antrag
Die Wohngeldreform kommt. Im kommenden Jahr erhalten berechtigte Haushalte mehr Geld. Die Stadt München bereitet sich auf eine Antragsflut vor.
München – Eines gleich vorneweg: Das Wohngeld fließt nicht von heute auf morgen. Im Gegenteil: Die Wartezeit ist lang – bis zu zwölf Monate im Durchschnitt. Und es kommt auch nur ein Bruchteil aller Münchner in den Genuss dieser Förderung. In München waren es bisher 4100 von rund 843.500 Haushalten. Mit der zum 1. Januar greifenden Wohngeldreform des Bundes rechnet Sozialreferentin Dorothee Schiwy (SPD) mit einer Verdreifachung der Zahlen. Das wären aber auch lediglich 1,5 Prozent der Münchner Haushalte, die eine Unterstützung bekommen.
Wohngeld: Antragsflut in München erwartet
Dennoch geht die Wohngeldstelle von einer Flut von 70.000 Anträgen im kommenden Jahr aus. Nur gut ein Fünftel davon dürften positiv beschieden werden. Wer wie viel Wohngeld bekommt, berechnet sich nach einer komplizierten Formel, in der die Miete, das Gesamteinkommen und die Anzahl der Haushaltsmitglieder berücksichtigt werden. In München liegt die neue Netto-Einkommensgrenze für einen Ein-Personen-Haushalt bei 1541 Euro (bisher 1188 Euro), bei einem vierköpfigen Haushalt sind es 3484 Euro. Personen, die bereits eine staatliche Sozialleistung beziehen, die auch die Mietkosten enthält, erhalten kein Wohngeld.
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Die durchschnittliche Höhe des Zuschusses steigt im Jahr 2023 nach Angaben der Bundesregierung von aktuell 180 auf 370 Euro im Monat. Schon jetzt machen Rentner mit rund 50 Prozent etwa die Hälfte der Wohngeld-Empfänger aus, dieser Anteil könnte durch die Reform noch steigen. Neben vielen Senioren dürften vom neuen Wohngeld vor allem Familien profitieren, bisher ging es dabei um kleine Haushaltseinkommen. Künftig, so die Einschätzung von Experten, dürfte aber auch die untere Mittelschicht profitieren.

Wohngeld: Stadt München versucht Wartezeit zu verkürzen
Um die Wartezeit zu verkürzen, hatte der Münchner Stadtrat noch vor Weihnachten 27 neue Stellen für die Wohngeldabteilung bewilligt. Das Sozialreferat werde alles daran setzen, „schnellstmöglich eine bürgerfreundliche Vorklärung der Wohngeldansprüche zu konzeptionieren und die bereits jetzt steigenden Wohngeldanträge abzuarbeiten“, erklärt Behördenchefin Dorothee Schiwy. Die Stadt plant überdies eine zentrale Anlaufstelle für die Wohngeldangelegenheiten.
Wann gibt’s die Unterstützung? Das berichtet der Antragsteller
Das Sozialamt hat mich hierher an die Werinherstraße geschickt, damit ich Wohngeld beantragen kann. Ich habe eine Rente von 1400 Euro: Davon muss ich meine Miete, meine Versicherungen, Stromkosten, Rundfunkgebühren und alles andere bezahlen. Meine Frau ist vor zwei Jahren gestorben – für ihre Pflege musste ich auch 2000 Euro pro Monat zahlen. Jetzt bin ich zwar froh, dass ich etwas unterstützt werde – aber wann ich dieses Geld bekomme, haben sie mir nicht gesagt. Weil ich mir dem Gehen schwertue, ist der lange Weg hierher sehr beschwerlich – und leicht zu finden ist das Amt auch nicht. Zudem wusste am Anfang niemand, was ich wirklich möchte, aber als dann die Zuständige kam, ging alles ganz gut. Mir wurde auch gesagt, dass das Amt ja eigentlich wegen Corona noch geschlossen sei. Deshalb musste ich alles in dem kalten Eingangsbereich hinter einem Absperrband abklären und durfte nicht einmal in ein Zimmer. Franz Hörtrich (86), Rentner, München
Auf der Internetseite der Wohngeldstelle (www.muenchen.de/wohngeld) findet man einen Überblick über die benötigten Unterlagen und Hinweise über die Beratungsstellen der Verbände, die eine Hilfestellung beim Ausfüllen geben. Die Unterstützung der Verbände wird voraussichtlich ab Mitte Januar möglich sein, weil die Berater zuvor geschult werden müssen. Darüber hinaus findet sich auf der Seite ein Wohngeldrechner, der einen Anhaltspunkt liefert, ob und in welcher Höhe Antragsteller einen Anspruch auf Wohngeld haben. Klaus Vick