Münchner Kunden wegen Schließungswelle bei Sparkasse verzweifelt: „Sind auf den Besuch angewiesen“

Die Sparkasse kündigt weitere Schließungen in München an. Grund sei, dass Kunden zunehmend auf das Online-Banking zurückgreifen. Dennoch sind viele verärgert.
München - Bares wird Rares. Bankgeschäfte finden immer stärker in der digitalen Welt statt – und im Gleichschritt bauen die Münchner Stadtsparkasse und andere Kreditinstitute ihr Geschäft um. Die Folge sind Schließungen weiterer Filialen – und auch diverse Selbstbedienungsautomaten verschwinden. In vielen Stadtbezirken gibt es derzeit deshalb einen Sturm der Entrüstung.
„Ich fühle mich von der Sparkasse alleingelassen“, sagt Taxifahrerin Petra M. (62) aus München. „Vor allem in Geldfragen möchte ich persönlich beraten werden und mich sicher fühlen.“ Mit Schließungen von Filialen sei das nur bedingt möglich. „Wenn ich bei Fragen auf eine telefonische Beratung hoffe, werde ich stets umgeleitet und erhalte keine konkrete Hilfe. Die Schließung bedeutet also für den Bürger Chaos und Umständlichkeit.“
Sparkasse verteidigt Maßnahmen in München: Man passe sich lediglich „Kundenverhalten“ an
Sparkassen-Sprecher Sebastian Sippel verteidigt das Vorgehen der Bank: „Durch die fortschreitende Digitalisierung hat sich das Kundenverhalten geändert.“ Immer mehr Kunden bevorzugten digitale Zahlungsmittel. Insgesamt macht die Stadtsparkasse deshalb fünf Filialen im Stadtgebiet zu reinen Automaten-Standorten. Sieben SB-Filialen werden zudem bis 2025 komplett geschlossen.
Sich lediglich mit Online-Banking zu behelfen, das halten die beiden Verkäuferinnen Sabine (30) und Marion (54) Schriefer für schwierig. „Da wir aber außerhalb von München leben, haben wir oft nur schlechten oder gar keinen Internetzugang.“ So gestalte sich die Online-Nutzung schwierig. „Und wir sind auf den Besuch der Filialen in Person angewiesen.“
In den Stadtvierteln soll es weitere Gespräche geben, wie Sparkassen-Sprecher Sippel mitteilt. „Wir haben seit Mitte September allen Bezirksausschüssen in München aktiv einen Dialog zur Entwicklung unseres Filialnetzes angeboten. Gespräche mit einzelnen Bezirksausschüssen werden bereits geführt. Wir sind zuversichtlich, dass Lösungen gefunden werden können.“
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Münchner Bezirksausschüsse üben deutliche Kritik an Sparkasse
Von den Bezirksausschüssen (BA) gibt es allerdings deutliche Kritik, zum Beispiel in der Altstadt und im Lehel. In einem Antrag in der Oktober-Sitzung forderte die CSU-Fraktion von der Sparkasse, die Nahversorgung mit Bargeld nicht aufzugeben: „Nach Schließung der Filiale an der Wagmüllerstraße, der Aufgabe des Angebots in der Versorgungskammer und der angekündigten Stilllegung der SB-Filiale am Isartorplatz 5 wird es im ganzen Lehel keine Anlaufstelle mehr geben, um Bargeld abzuheben oder einzuzahlen.“
Auch in Ramersdorf-Perlach protestiert das Lokalgremium – und zwar gegen die Schließung der Sparkasse am Waldheimplatz. „Die sechste Filialschließung in sechs Jahren ist für Waldperlach und den 16. Stadtbezirk ein herber Verlust“, schimpft BA-Chef Thomas Kauer (CSU). Künftig gebe es für Münchens größten Stadtbezirk mit knapp 120.000 Einwohnern nur noch vier Standorte. Die angekündigte SB-Filiale sei nicht gesichert. Kauer ärgert es zudem, dass „die parallel angekündigte Ausweitung der Servicezeiten Augenwischerei ist“. Im Windschatten der Filialschließung würden die Öffnungszeiten der Filialen Pfanzeltplatz und Balanstraße beschnitten. Der BA fordert, dass sich OB Dieter Reiter (SPD) als Verwaltungsrats-Chef der Sparkasse für den Erhalt der Waldperlacher Filiale einsetzt.
Ärger um Schließung von Sparkassen-Filialen: Wird jetzt die Regierung von Oberbayern eingeschaltet?
Auch im Stadtzentrum will man höhere Stellen einschalten. Falls die Sparkasse bis 1. März 2023 nicht reagiert, will der BA Altstadt-Lehel Beschwerde bei der Regierung von Oberbayern einlegen. „Sie soll eine Verletzung der Aufsichtspflicht des Verwaltungsrates der Stadtsparkasse mit Blick auf die vom Gesetzgeber festgelegten Aufgaben von Sparkassen prüfen“, heißt es. Diese müssten alle Bevölkerungskreise mit geld- und kreditwirtschaftlichen Leistungen auch in der Fläche versorgen.
Aubing trifft die Schließungswelle ebenfalls: Die Stadtsparkasse macht hier ihre Filialen an der Limes- und an der Altostraße dicht. Und noch ist nicht sicher, ob im Gegenzug neue Automaten kommen. Ein „Schlag ins Gesicht für die Bewohner des Stadtbezirks 22“, sagte Roland Jung (Freie Wähler/ÖDP) im Bezirksausschuss. Das Lokalgremium forderte die Stadt in einem Eilantrag auf, die Schließung der Filialen zu verhindern. Eine neue Filiale soll in Freiham eröffnen, aber erst Ende 2023/Anfang 2024. Bis dahin steht im Bezirk 22 nur der Automat im Paul-Ottmann-Zentrum am Westkreuz zur Verfügung. Stadtsparkassen-Sprecher Sippel betont aber: „Die Stadtsparkasse ist und bleibt mit Abstand das Kreditinstitut mit dem dichtesten Filialnetz in München.“
Gleichwohl sind die Kunden unzufrieden mit der Entscheidung. Die Münchner Seniorin Christine S. etwa findet die Schließungen der Filialen schrecklich. „Ich muss einen viel weiteren Weg auf mich nehmen, da die mir nächste Filiale im Lehel geschlossen worden ist.“ Das Handy für das Banking zu nutzen, sei gerade für ältere Bürger unübersichtlich und umständlich. „Ich werde auch weiterhin die Filiale besuchen müssen.“