Ukraine-Flüchtlinge am Münchner Hauptbahnhof: Helfer arbeiten am Limit
Täglich kommen mehrere Züge mit Flüchtlingen aus der Ukraine in München an. Dort werden sie von zahlreichen Helfern empfangen. Es zeigen sich aber erste Ermüdungserscheinungen.
München – Der Strom reißt nicht ab. Immer mehr Flüchtlinge aus der Ukraine kommen am Münchner Hauptbahnhof an. Viele sind erschöpft und wissen nicht, wie es weiter geht. Um ihnen zumindest die Ankunft der bayerischen Landeshauptstadt einigermaßen zu erleichtern, sind täglich dutzende Helfer im Einsatz. Die Caritas betreibt einen Stand am Bahnhof, ist aber nach knapp vier Wochen Krieg inzwischen selbst an ihrem Limit angekommen.
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Ukraine-Krieg: Flüchtlingshelfer erleben die ganze Bandbreite an menschlichen Problemen
Häufig erleben die freiwilligen und hauptamtlichen Helfer bewegende Schicksale. Davon kann auch Alfons Utz, Leiter des Gebäudemanagements der Caritas München, berichten. Er sprach im Interview mit tz.de und merkur.de von „Geburten während der Flucht, auch Fehlgeburten während der Flucht und Krankheiten von Kindern.“ Weiter schildert Utz: „Es kommen auch behinderte Kinder, Erwachsene hier an, die dann speziell untergebracht werden müssen. Gestern Nachmittag habe ich erfahren, dass ein größerer Zug mit hörgeschädigten Menschen angekommen sind. Also die ganze Bandbreite, die wir uns hier in Deutschland an sozialen oder menschlichen Problemen vorstellen können, die kommen auch mit den Flüchtenden hier mit.“

Nicht immer einfach für die Helfer, damit umzugehen. Ein „festgelegtes Skript“ gebe es für solche Fälle nicht, so Utz. Alles müsse neu koordiniert und organisiert werden. „Wir haben jetzt auch sehr viel improvisieren müssen in den letzten drei Wochen. Sind aber immer noch am Improvisieren, weil die Situation so flexibel ist, dass wir gar keine fixen Strukturen installieren können. Weil wir oft tagtäglich neue Informationen, neue Situationen haben, auf die wir uns einstellen müssen“, so Utz.
Ukraine-Konflikt: Helfer kommen mittlerweile an ihre Grenzen
Die Arbeit – so erfüllend sie auch sein mag – zerrt bei den Helfern auch an Konstitution und Psyche. „Erste Entkräftungserscheinungen bei den Helfern bleiben da nicht aus.“ Man wolle aber so lange weiter machen, wie lange man gebraucht werde, so Utz weiter. „Aber natürlich haben wir Grenzen, sowohl bei den Hauptamtlichen, als auch bei den Ehrenamtlichen. Wir machen das ja alles neben unserem Hauptjob, versuchen es da rauszuschneiden und die Arbeit anderweitig zu organisieren und bei den Ehrenamtlichen ist es nichts anderes. Wir merken auch bereits erste Ermüdungserscheinungen bei unseren ehrenamtlichen Helfern und Helferinnen, die auch Ukrainisch sprechen.“ Sie müssten auch irgendwann ihr normales Leben weiterführen. Auch sie seien durch das sehr hohe Engagement erschöpft, so der Caritas-Mitarbeiter.
„Keiner weiß, wie lange der Konflikt rund um die Ukraine noch andauern wird. Bleibt also zu hoffen, dass den in dieser schweren Zeit so wertvollen Helfern und Hilfsorganisationen die Kraft bleibt, weiterhin für die Geflüchteten da zu sein“, resümiert Utz abschließend. Wie viele Flüchtlinge aus der Ukraine inzwischen in Bayern angekommen sind, ist nicht wirklich klar. Nicht alle haben sich registrieren lassen. Deutschlandweit wird derzeit von 225.357 Menschen gesprochen. (Video-Interview: Christian Engel)