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S-Bahn: Notrufsäulen nur Attrappen

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Funktionierte nie: Die Notruf-Säule am Sollner S-Bahnhof, an dem am Samstag Dominik Brunner ermordet wurden. © rk

München - Nach dem Mord an Dominik Brunner sorgen die Notrufsäulen an 20 Haltestellen im Münchner S-Bahn-Netz für Wirbel. Sie sind nicht in Betrieb. Schuld daran ist ein jahrelanges Hick-Hack zwischen der Deutschen Bahn und der Bayerischen Oberlandbahn.

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Notruf-Säule am Bahnhof Solln war defekt

Hätte ein Zeuge des Mordes an Dominik Brunner am Samstag die Notrufsäule benutzen wollen – er hätte keine Chance gehabt. Die Säule am S-Bahnhof Solln ist seit Jahren nicht in Betrieb. Die Deutsche Bahn (DB) als Eigentümerin und die Bayerische Oberlandbahn (BOB) als Mitnutzerin können sich nicht über die Zuständigkeit einigen – und jetzt schieben sie sich den Schwarzen Peter zu.

Bilder der Trauerfeier für Dominik Brunner

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Bei den Säulen handelt es sich um Info-Stationen, über die man auch einen SOS-Ruf senden kann. Für 20 Haltestellen im S-Bahnbereich hat die BOB diese angeschafft. „Das stand so als Bedingung in der Ausschreibung durch den Freistaat“, betonte BOB-Geschäftsführer Heino Seeger gestern auf Anfrage. „Es war geplant, sie der Bahn zu übergeben.“ Die BOB war ab 1999 der erste private Mitnutzer auf dem Schienennetz der Bahn.

Das war laut Seeger auch das Problem. Denn die Verhandlungen hätten sich von Anfang an schwierig gestaltet. „Man behandelte uns wie Konkurrenten.“ Hinzu kamen technische Probleme mit den ersten Zügen der BOB. „Die Notrufsäulen lagen im Keller“, sagte Seeger. „Sie waren öffentlich gefördert, und wir sahen uns in der Pflicht, sie aufzustellen.“ 2005 war das.

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Jetzt lehnte es die Bahn jedoch ab, die Säulen in Betrieb zu nehmen – laut Auskunft der Bahn aus technischen Gründen. Jedenfalls unterschrieb die DB nie einen Vertrag, in dem sie die Verantwortung für die Säulen übernimmt, obwohl sie die Eigentümerin der Bahnhöfe ist und die S-Bahnen sie hauptsächlich nutzen. Seeger: „Wir haben unsere Pflicht erfüllt.“ Und ein Bahn-Sprecher antwortete noch gestern Nachmittag, nach zehn Jahren Verhandlungen und obwohl das DB-Logo groß auf den Säulen prangt: „Ich kenne den Vertrag zwischen dem Freistaat und der BOB nicht. Wir sehen uns nicht in der Verantwortung. Die Säulen sind nicht unser Eigentum.“

Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) machte das Hick-Hack aus gegebenem Anlass nervös: „Es ist völlig inakzeptabel, dass die Menschen diese Sicherheitseinrichtungen nicht nutzen können.“ Er zitierte die Kontrahenten gestern ins Ministerium. Ergebnis: Die Bahn und die BOB hätten zugesagt, für die „umgehende“ Inbetriebnahme zu sorgen, so der Minister. Die Bayerische Eisenbahngesellschaft soll zudem ein Konzept zum weiteren Ausbau der Videoüberwachung in den S-Bahnen und an den Stationen erarbeiten. Die Polizei müsse bei einem Notruf direkt auf die Kameras schalten können.

Die Notrufsäulen würden übrigens tadellos funktionieren. „Es gibt drei Haltestellen der Tegernsee-Bahn, wo wir sie in Betrieb nehmen durften – denn die ist unter Bayerischer Aufsicht“, sagte Seeger. Etwa einmal im Monat komme es dort zu Notrufen. „Die laufen dann bei der Polizei in Bad Wiessee ein.“

Von Johannes Löhr

Solln: Die Trauer am Bahnsteig

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MVG stattet U-Bahnhöfe neu aus

Bisher stehen sie nur am Bahnsteig von U4 und U5 im Hauptbahnhof, in drei bis vier Jahren in jedem U-Bahnhof : die neuen Notrufsäulen der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG). „Wir wollten die Säulen stärker in das Bewusstsein der Fahrgäste rücken“, sagte MVG-Chef Herbert König bei der Präsentation der auffälligen Säule (Foto). Sie vereint alle Notfunktionen: Not- und Inforuf in zwei verschiedenen Höhen, Feuerlöscher, Defibrillator, Videokamera und Nothaltegriffe, mit denen Züge vom Bahnsteig aus gestoppt werden können. Kosten pro Säule: zwischen 15 000 und 20 000 Euro. Insgesamt werden sechs Millionen Euro investiert.

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