Der letzte Nachtzug nach Paris

München - Trauerstimmung am Münchner Hauptbahnhof: Am Donnerstagabend wird der letzte Schlafwagen nach Paris abgefertigt. Die beliebte Nachtlinie wird von der Bahn eingestellt.
Der grüne Kranz, das Abfahrtsignal leuchtet auf, zweimal gibt er Lokführer Signal, und dann fährt er ab. Endgültig. Die Züge sind veraltet, die Waggons aus den frühen 1960er-Jahren. Die Bahn hat eine Neuanschaffung verschlafen oder absichtlich verschleppt. Genau weiß das keiner. So finden sich Fahrgäste und Zugbegleiter in einer seltenen Einigkeit zusammen, sie sind traurig. Einige Mitarbeiter haben einen Trauerkranz mitgebracht um deutlich zu zeigen, wie nahe ihnen die Einstellung der Verbindung geht.
„Die Strecke war einfach nur schön“, schwärmt Schaffnerin Katrin Wittenberg, die seit 2012 regelmäßig im Nachtzug arbeitet. „Wir hatten auch viele Stammgäste, denen es darum ging, ausgeruht in Paris anzukommen.“
Das bestätigt auch Gerlinde Imbert, die bereits seit 1969 den Schlafwagen nutzt. Heute reist sie mit ihrem Mann Francois das letzte Mal im „City Night Line“. „Ich finde es sehr schade, dass diese Reisemöglichkeit eingestellt wird“, klagt sie. „Wenn wir in Zukunft nach Paris fahren, müssen wir immer sitzen. Liegen geht ja nicht mehr.“ Fliegen sei für sie keine Alternative. Zu kompliziert, zu teuer.
Viele Fahrgäste sehen das so. Erst zum Flughafen raus, dann lange vor Abflug dort sein, dazu die aufwändigen Sicherheitskontrollen um dann letztendlich außerhalb des Stadtzentrums anzukommen - das kommt für offenbar niemanden in diesem Zug in Frage.
Eine „Alternative“ wartet derweil schon an der Hackerbrücke und ist ein Fernbus. Fahrzeit: 13 Stunden und 30 Minuten. Im Sitzen.
Nachtzug-Fans haben sich im Internet zusammengetan. Hier gibt es mehr Infos.
Andrew Weber