Sparkassen-Hammer: 28.000 Verträge gekündigt - Münchner Sparer empört

Die Stadtsparkasse München kündigt Verträge von 28.000 Prämiensparern. Ein Betroffener ist sauer und kündigt Konsequenzen an.
München - Mit der Stadtsparkasse München war Hubert Winter (Name geändert) immer sehr zufrieden. Seit 28 Jahren ist er dort Kunde. Doch der Anruf, den der Angestellte Mitte 50 jetzt erhielt, ärgert ihn gewaltig: Die Stadtsparkasse teilte ihm mit, dass sein Prämienspar-Vertrag zum Jahresende gekündigt wird. Der Münchner ist empört: „Ich habe mir als Sparer nichts zu Schulden kommen lassen!“ Von der Kündigung ist nicht nur er allein betroffen – es sind 28.000 Münchner! Für die Stadtsparkasse ist alles rechtens, sie beruft sich auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs. Laut Verbraucherzentrale Bayern haben bereits mehrere Sparkassen in Bayern die Kündigungen ausgesprochen, etwa Erding-Dorfen, Fürstenfeldbruck und Nürnberg.
Sparkassen-Hammer: 28.000 Verträge gekündigt - Münchner Sparer empört
Hubert Winter hatte 2001 seinen Vertrag „S-Prämiensparen flexibel“ abgeschlossen. „Als Teil meiner Altersvorsorge, habe ich mir gedacht, weil es Zinsen und einen Bonus gibt“, berichtet der Angestellte. Beim Prämiensparen zahlen Kunden in der Regel einen fixen Betrag pro Monat ein und erhalten ab einer festgelegten Frist zusätzlich zum Zins eine Prämie. Je länger so ein Vertrag läuft, desto höher ist diese.
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Münchner Sparkassen-Kunde: „Habe keine Fehler gemacht“
Hubert Winter startete mit 200 D-Mark. Die ersten beiden Jahre gab’s 2,5 Prozent Zinsen, nach dem dritten Jahr kam die Prämie dazu. Ab dem 15. Jahr erreichten Sparer den Höchstsatz von 50 Prozent der jährlich eingezahlten Summe. „Bei mir sind das seit 2016 knapp 1000 Euro im Jahr gewesen.“
Auf dieses Geld soll er in Zukunft verzichten. Nach dem Anruf seiner Bank durchforstete er seine Unterlagen und ist überzeugt: „Es gibt keinen Grund, mir zu kündigen. Ich habe gegen keine Regeln verstoßen.“ Was ihn so stört: „Es trifft immer die Kleinen. Hier sollen wir für die Fehlentwicklung der Banken herhalten! Ich soll nichts mehr bekommen, weil die Stadtsparkasse angeblich kein Geld mehr hat. Aber das stimmt nicht!“
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Nicht nur Kunden der Stadtsparkasse München betroffen
Laut Verbraucherzentrale Bayern haben bereits mehrere Sparkassen in Bayern die Kündigungen ausgesprochen, etwa Erding-Dorfen, Fürstenfeldbruck und Nürnberg.
Für Hubert Winter steht fest: „Ich will keinen Streit mit der Bank. Aber das möchte ich mir nicht gefallen lassen. Ich wehre mich, notfalls wende ich mich ans Bundesamt für Justiz, Stichwort: Musterfeststellungsklage.“ Und er hofft auf Unterstützung von ganz oben: „Die Stadtsparkasse ist eng mit München verbunden. OB Dieter Reiter als Vorsitzender des Verwaltungsrats müsste eingreifen und den Bankern sagen: ,Stopp, lasst euch was anderes einfallen!‘ Zumal nächstes Jahr Wahlen sind.“
Wird die Kündigung zurückgenommen, bleibt Hubert Winter seiner Stadtsparkasse treu. „Wenn nicht, wechsle ich zu einer anderen Bank!“
München: Das sagt die Stadtsparkasse

Betroffen sind drei Prozent der Stadtsparkassenkunden in München: Die Stadtsparkasse kündigt zum 30. September insgesamt 28.000 unbefristete Prämiensparverträge. Volumen: 1,2 Milliarden Euro. Bei einer durchschnittlichen Verzinsung von über zwei Prozent spart sich die Bank damit jährlich 20 Millionen Euro Zinsen. Der Bundesgerichtshof hatte geurteilt, dass die Kündigung rechtmäßig ist, sobald die jeweils höchste Prämienstaffel einmal ausbezahlt wurde. Stadtsparkassen-Chef Ralf Fleischer: „Wir haben in den letzten eineinhalb Jahren bereits versucht, mit jedem Kunden eine neue Anlageform zu finden.“ Trotzdem werden etliche Kunden erst am Donnerstag per Post erfahren, dass ihr Vertrag gekündigt wird. Noch laufen etwa 15.000 Verträge, die die höchste Prämienstufe noch nicht erreicht haben.
München: Das sagt die Verbraucherzentrale
Sascha Straub von der Verbraucherzentrale Bayern rät: Kunden, denen der Prämienvertrag gekündigt wurde, sollten dieser Kündigung schriftlich widersprechen. Bei einem Widerspruch gehen die Betroffenen kein Risiko ein, tun aber ihre abweichende Rechtsposition kund.
Wichtig: Wer Widerspruch einlegt, muss die Sparprämien weiterzahlen. Und wer Auszahlungen aus dem Sparvertrag erhält, sollte das Geld nicht ausgeben. Ansonsten könnte dies als stillschweigendes Akzeptieren der Kündigung verstanden werden. Ersatzprodukte, die den Kunden angeboten werden, sollten genau geprüft werden.
Kürzlich wurde bekannt, dass die Gebühren für die Kunden der Stadtsparkasse München ansteigen werden. Stadtsparkassenchef Fleischer hatte im August 2019 vor den Auswirkungen der Negativzinsen gewarnt.
An einer Störung drohen Sparkassenkunden regelrecht zu verzweifeln - kurz vor Weihnachten gibt es kein Geld.
Unterdessen kommt es im Taunus zu einer ungewöhnlichen Kooperation: Die Sparkasse und Volksbank eröffnen eine gemeinsame Filiale. Das Konzept erinnert auch durch die Farbliche Abwechslung an die ehemalige Stadionteilung des FC Bayern und des TSV 1860.
Für 2020 plant die Sparkasse außerdem eine drastische Veränderung. Viele Kunden hatten schon lange auf diesen Schritt gewartet.
W. de Ponte, M. Williams