Stopp! Bei diesen drei Projekten sehen Münchens Bürger rot
Drei Neubau-Projekte machen die Münchner derzeit wütend! Anwohner und Bürger gehen auf die Barrikaden - allerdings nur teilweise mit Erfolg.
München - Das Klinikum rechts der Isar plant auf dem Campusgelände in der Trogerstraße ein neues Tierlabor. In Schwabing kämpfen die Bürger für den Erhalt ihres geliebten Elisabethmarktes, der einem Neubau weichen soll. Und in der Carl-Wery-Straße (Neuperlach) baut die Gewofag gegen den Willen der Anwohner übertrieben große Häuser.
Klinikum plant Tierlabore
Das Klinikum rechts der Isar plant auf dem Campusgelände der Technischen Universität (TUM) weitere Tierlabore. Wie berichtet, soll auf dem Gelände ein neues Zentrum zur Erforschung und Behandlung von Multipler Sklerose (MS) entstehen. Ein Vorbescheidsantrag für den geplanten Neubau an der Trogerstraße 12 bis 16 liegt der Stadt vor.
Nun bestätigte TUM-Sprecher Ulrich Marsch auf Anfrage erstmals, dass es einen großen Bereich für Tierversuche geben soll. Untergebracht werden sollen in dem geplanten MS-Forschungszentrum etwa 10.000 Mäuse und 1000 Fische – die meisten Zebrafische. Allein in Deutschland sind rund 200.000 Menschen an MS erkrankt.
Bereits heuer soll im Herbst – in direkter Nachbarschaft zum geplanten MS-Zentrum – das neue Krebsforschungszentrum „Translatum“ der TUM seine Pforten öffnen. Das Krebszentrum war bei Anwohnern heftig umstritten, weil dort auch Versuchstiere gehalten werden sollen, denen Tumorzellen eingepflanzt werden sollen.

Bis zu maximal 36.000 Mäuse und 800 Ratten könnten in dem Bereich untergebracht werden, hieß es. Die Begeisterung über weitere, tausende Versuchstiere wird sich in der Nachbarschaft wohl auch dieses Mal in Grenzen halten.
Noch ist allerdings nichts entschieden. Die Stadt muss den Vorbescheidsantrag für das neue Gebäude an der geplanten Stelle prüfen. Dabei spielt auch der Denkmalschutz eine Rolle: An der Trogerstraße 12 bis 16, wo der Bau beantragt ist, müssten wohl zwei alte Häuser weichen.
Das neue Gebäude soll zwei Kelleretagen und fünf Stockwerke umfassen. Die Tierlabore sollen alle in den unterirdischen Etagen liegen.
Anwohner siegen vor Gericht
An der Carl-Wery-Straße darf nicht weiter gebaut werden – zumindest eines der Gebäude verstößt gegen geltendes Recht. Das hat das Verwaltungsgericht entschieden. Grund: Die Stadt hatte eine Befreiung vom Bebauungsplan erteilt. Damit durfte die Gewofag acht- statt sechsgeschossig bauen. Anwohner hatten gegen den Neubau aber geklagt – und bekommen jetzt zumindest teilweise Recht.
Das Problem in München ist der Wohnungsbau. Die Stadt braucht dringend mehr Bleiben. Und weil alles so schnell gehen muss, wird bei manchen bereits beschlossenen Projekten noch mal aufgestockt. Das geschieht mitunter durch Befreiungen vom Bebauungsplan. Denn wenn die Stadt diesen stattdessen ändern muss, dauert der ganze Prozess viel länger.

So geschehen in Neuperlach. Unlängst hatte die Aufsichtsbehörde Regierung von Oberbayern das Vorgehen des Rathauses gerüffelt. Die Voraussetzungen für eine Befreiung von den im Bebauungsplan festgelegten Größen lägen nicht vor. Mithin hätte der Bebauungsplan geändert werden müssen.
Das Verwaltungsgericht kritisiert nun unter anderem, dass Abstandsflächen nicht eingehalten wurden und dass Unterlagen unvollständig und fehlerhaft sind. Anwohner-Anwalt Xaver Finkenzeller: „Bei jedem anderen Bauträger und Bauherren hätte die Stadt eine solche Schlamperei nicht durchgehen lassen.“
Im Rathaus ist man wenig erfreut über den Richterspruch. Zwar darf der nördliche Bau mit 166 Wohnungen und einer Kita weiterhin achtgeschossig errichtet werden, der südliche Komplex mit 272 Wohneinheiten jedoch nicht. Die Verwaltung prüft nun, ob sie gegen das Urteil vorgeht.
Protest gegen Markt-Abriss
Es sei ein Kampf mit ungleichen Waffen, sagen die Bürgerinitiativler von „Pro Elisabethmarkt“. Die Protestierenden haben das Gefühl, ihre Bedenken würden von der Stadt ignoriert. Freitag nun hat die Truppe 23.000 Unterschriften gegen den Abriss und Neubau des Schwabinger Marktes im Rathaus abgegeben.

Der Streitpunkt: Die Bürgerinitiative fordert eine behutsame Sanierung im Bestand. Die Stadt hingegen will die alten Standl abreißen lassen und in neuer Anordnung wieder aufbauen. Dabei soll der Charme des Marktes erhalten bleiben, gleichzeitig aber eine Tiefgarage mit Lagerplätzen entstehen. Diese soll mit der Garage eines neuen Wohnkomplexes verbunden werden, den die Stadtsparkasse gleichzeitig auf einem benachbarten Stadtwerke-Gelände bauen will. Eine Feuerwehrzufahrtszone für das Wohnhaus soll dabei auf dem Gelände des Marktes entstehen. Dadurch würden Standl wegfallen, wenn man den Markt nicht neu baut – so die Stadt. Doch eine kleinere Tiefgarage sei auch mit der alten Stände-Anordnung unter den jetzigen Parkplätzen möglich, so die Initiative. „Die Möglichkeit einer Sanierung im Bestand wurde von der Stadt gar nicht überprüft“, sagt Initiator Hubertus von Medinger (67).
Das räumt die Stadt auf tz-Nachfrage ein. Eine Sanierung im

Bestand mache aus ihrem Blickwinkel wenig Sinn und sei deswegen nicht weiter geprüft worden, sagt Bernd Plank vom Kommunalreferat. Die Händler befänden sich in einer immer stärker werdenden Konkurrenzsituation zum Beispiel mit Bio-Märkten. „Wir wollen sie etwa durch moderne Lagerungsmöglichkeiten für die Zukunft konkurrenzfähig halten.“ Momentan haben die Planungen zum Elisabethmarkt den Status einer Machbarkeitsstudie, im März werden sie im Stadtrat besprochen. Die Bürgerinitiative drängt auf einen runden Tisch mit der Stadt. Mut macht den Schwabingern der Markt am Wiener Platz: Nachdem sich OB Dieter Reiter (58, SPD) eingeschaltet hatte, werden die Standl dort nun doch im Bestand saniert. Nächste große Baustelle mit Konfliktpotenzial: der Viktualienmarkt…
Ramona Weise, Sascha Karowski, Anne Hund
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