Tram-Ausbau: Schwarz-Rot uneins über Westtangente

München - Die Tram-Westtangente war eines der großen Streitthemen im Wahlkampf. Jetzt sollen die alten Gegner SPD und CSU zusammen die Stadt gestalten. Ob es zu den schwarz-roten Plänen gehört, eine Tram vom Romanplatz zur Aidenbachstraße zu bauen, darüber gibt es unterschiedliche Meinungen.
Zwei Sätze. Mehr haben SPD und CSU in ihrem Koalitionspapier nicht über die Tram-Westtangente verloren. Was sie bedeuten, dazu gibt es zwei gegensätzliche Thesen. Die der Westtangenten-Befürworter. Und die ihrer Gegner. Die umstrittene Tramstrecke werde „mit dem Ziel weiter geplant, die verkehrliche Leistungsfähigkeit für den Autoverkehr möglichst unangetastet zu erhalten“, heißt es etwas sperrig in dem Papier. Und: „Nach Vorliegen dieser neuen Planungen wird im Konsens über das weitere Vorgehen entschieden.“ Im Ergebnis ein klares Bekenntnis – sagen die einen. Das Ende der Westtangente, sagen die anderen.
Die etwa neun Kilometer lange Tram vom Romanplatz durch die Fürstenrieder Straße und bis weiter zum U-Bahnhof Aidenbachstraße mit 17 neuen Haltestellen steht bei den Gegnern aus vielen Gründen in der Kritik. Der Stau werde sich noch verschlimmern, fürchten sie. Für Schulkinder werde es gefährlicher als heute mit dem Bus. Der Lärm nehme zu. Außerdem geht etwa die Initiative „Contra TramWest“ von Baukosten um die 200 Millionen Euro aus – deutlich mehr als von der MVG veranschlagt. Diese kalkuliert aktuell mit 75 Millionen Euro.
Die Westtangenten-Gegner außerhalb und innerhalb des Rathauses zeigen sich sehr zufrieden mit den zwei Sätzen aus dem schwarz-roten Papier. Zum Beispiel CSU-Stadtrat Otto Seidl. „Die neue Planung muss ja jetzt beinhalten, dass es keinerlei verkehrlichen Rückbau geben muss“, sagt er. „Allein das sagt ja schon, dass es im Ergebnis niemals eine Trambahn geben wird.“ Die CSU habe sich in den Verhandlungen durchgesetzt. Die Westtangente sei faktisch tot.
Die Befürworter lesen den Passus vollkommen gegensätzlich. Der Grünen-Verkehrsexperte Paul Bickelbacher etwa zeigt sich überzeugt, dass die Trambahn kommt. Auch Andreas Nagel von der „Aktion Münchner Fahrgäste“ ist sich sicher: „Die Westtangente wird gebaut.“ SPD-Chef Hans-Ulrich Pfaffmann sagte unserer Zeitung am Freitag: „Wir haben fest vereinbart, dass die Tram-Westtangente kommt, wenn sie den Verkehr nicht wesentlich beeinflusst.“ Herauszufinden, ob und wie das möglich ist, sei jetzt Aufgabe der Planer.
Bei der MVG scheint man sich nicht so sicher zu sein, was von der schwarz-roten Vereinbarung zu halten ist. „Eine Beibehaltung des Status quo in der Fürstenrieder Straße gibt es nicht!“, lässt MVG-Chef Herbert König mitteilen. „Wenn nichts passiert, nimmt der Autoverkehr dort in den nächsten Jahren noch weiter zu und das bedeutet noch mehr Stau.“ Besser könne es nur werden, wenn man mit einer neuen Tram den Autoverkehr reduziere. „Dazu muss die Tram aber schnell und pünktlich sein, also unbehindert fahren können.“ Das klingt nicht, als fände König es sinnvoll, wenn etwa doch nicht zwei der sechs aktuellen Fahrspuren wegfallen sollten. Andererseits hatte er sich kürzlich zuversichtlich gezeigt, eine Lösung vorschlagen zu können, die die Situation für Autofahrer nicht verschlechtert.
Bleibt die Frage, was passiert, wenn CSU und SPD sich letztlich nicht einigen können. Fahrgast-Vertreter Nagel sieht trotzdem kein großes Problem: „Es gibt ja keinen Koalitionszwang mehr“, verweist er darauf, dass Schwarz-Rot sich ein loses Bündnis nennt. Rot-Grün und die ÖDP, soll das heißen, könnten das Projekt alleine durchsetzen. Der Haken: SPD-Chef Pfaffmann verweist auf das Wörtchen „Konsens“ in den zwei schwarz-roten Sätzen. „Wir müssen uns gemeinsam entscheiden“, sagt er. Nagel aber hat auch schon einen Plan in der Schublade, falls der Stadtrat sich wirklich gegen die Tram entschiede. Dann starte man eben ein Bürgerbegehren, sagt er. Die Befürworter sind sich sicher, dass sie die Bevölkerung auf ihrer Seite haben. Die Gegner gehen vom Gegenteil aus. Noch so ein Punkt, den man ganz unterschiedlich einschätzt.
Felix Müller