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Nach Analkarzinom: Westfale fordert eine Million Euro von Hexal - Anspruch „schwierig“

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Von: Andreas Müller

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Oberlandesgericht München
Vor dem Oberlandesgericht München forderte ein 76-Jähriger eine Million Euro Schmerzensgeld von Hexal (Symbolbild). © dpa

Ein an Krebs erkrankter Patient klagt vor dem Oberlandesgericht auf Schmerzensgeld. Doch der Anspruch gegen Hexal sei „schwierig“, sagt die Richterin.

Holzkirchen/München – Eine Million Euro Schmerzensgeld verlangt ein 76-Jähriger von Hexal. Wegen eines verunreinigten Medikaments habe er Krebs bekommen, trägt er vor dem Münchner Oberlandesgericht vor. Die Vorsitzende Richterin macht ihm jedoch keine großen Hoffnungen.

Er leide an Bluthochdruck, berichtet der Münsterländer in der mündlichen Verhandlung am Donnerstag. Dagegen sei ihm zunächst ein Mittel von Novartis verschrieben worden. Als die Krankenkasse dann nur noch billigere Generika bezahlt habe, sei er auf ein Medikament von Hexal mit demselben Wirkstoff umgestiegen: Valsartan. Der Rentner spricht mit tiefer, rauchiger Stimme und westfälischem Dialekt. Und er kennt sich aus: Als Pharmareferent war er jahrelang in der Branche tätig.

Was damals nicht bekannt ist: Der von einem chinesischen Hersteller stammende Wirkstoff ist mit N-Nitrosodimethylamin verunreinigt. Als dies 2018 bekannt wird, nimmt Hexal das Medikament vom Markt. Dem Kläger hilft das nicht mehr: Bei ihm hat sich zwei Jahre zuvor ein Analkarzinom gebildet. Der 76-Jährige ist sich sicher: Ursache ist der verunreinigte Blutdrucksenker.

Beweislastumkehr greift offenbar nicht: Patient war Raucher

Vier Jahre lang habe er das Medikament genommen: immer morgens, immer eine Tablette. Die Anwälte, die Hexal vertreten, bestreiten das mit Nichtwissen: Schließlich seien sie nicht dabei gewesen. Das Gericht hat keine Zweifel, dass der Rentner die Tabletten genommen hat. Aus den Unterlagen ergebe sich, dass er sie verschrieben und geliefert bekommen hat, stellt die Vorsitzende fest und fragt: „Was soll man denn sonst mit den Medikamenten machen?“

Darüber, ob das vom Kläger geforderte Schmerzensgeld angemessen ist, ist am Donnerstag nicht verhandelt worden. Darauf käme es auch nur an, wenn ihm der Nachweis gelingt, dass die Verunreinigung Ursache für seinen Krebs war. Zwar sieht das Arzneimittelgesetz eine Beweislastumkehr vor. Aber nur dann, wenn kein anderer Umstand vorliegt, der geeignet ist, den Schaden zu verursachen. Ein solcher Umstand liegt aber offenbar vor: Wie der 76-Jährige selbst zugibt, hat er über viele Jahre Zigaretten geraucht.

Analkarzinom erfolgreich behandelt

Um einen Anspruch zu begründen, müsste der Kläger nachweisen, dass die Verunreinigung „mit überwiegender Wahrscheinlichkeit“ das Karzinom ausgelöst hat, argumentieren die Hexal-Anwälte. Dagegen spreche, dass Hexal nur ein weiterer Patient bekannt sei, der nach der Einnahme von Valsartan an Krebs erkrankt ist. Dagegen spreche auch, dass die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) nur von einer minimalen Risikoerhöhung durch die Verunreinigung ausgehe. Ein deutlich höheres Risiko, an Krebs zu erkranken, ergebe sich hingegen aus dem „jahrelangen Nikotinabusus“ des Klägers, sind sich die Hexal-Anwälte sicher.

Der Westfale ist bereits am Landgericht mit seiner Klage gescheitert. Ähnliches deutet die Vorsitzende Richterin auch für die Berufung an: Sie halte einen Anspruch auf Schmerzensgeld für „schwierig“, erklärt sie. Lediglich der zusätzlich geltend gemachte Auskunftsanspruch könnte begründet sein. Ob es dem Kläger allerdings hilft, mehr über bekannte Wirkungen, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen von Hexal zu erfahren, ist fraglich. Vielleicht sollte der 76-Jährige die Berufung zurücknehmen und sich freuen, dass sein Analkarzinom erfolgreich behandelt werden konnte.

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