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„Im Westen nichts Neues“ räumt bei Oscars ab: Kinobetreiber erklärt, warum er den Film trotzdem nicht zeigt

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Von: Katrin Hager

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Thomas Modlinger, seit 2012 Betreiber des Fools-Kinos in Holzkirchen.
Thomas Modlinger, seit 2012 Betreiber des Fools-Kinos in Holzkirchen. © Thomas Plettenberg

Mit vier Oscars hat die deutsche Koproduktion „Im Westen nichts Neues“ deutsche Filmgeschichte geschrieben. Kinobetreiber Thomas Modlinger aus Holzkirchen erklärt, warum ihn das nicht interessiert.

Holzkirchen – Thomas Modlinger hat seine Leidenschaft für den Film zum Beruf gemacht: Seit 2012 betreibt er das Fools-Kino in Holzkirchen, ein kleines Programmkino. Nachdem die deutsche Koproduktion „Im Westen nichts Neues“ heuer bei den Oscars vier Preise abräumte, erreichen wir Modlinger am Telefon. Als er erfährt, dass es um die Oscars gehen soll, winkt der Cineast zunächst ab – da sei er der Falsche, schaut er eh nicht. Zu sagen hat er auf unsere Fragen hin dann aber doch so einiges. Über den Film, das Kino und den Überlebenskampf im Angesicht der Streamingdienste.

Herr Modlinger, schauen Sie selber eigentlich Filme auf Streamingportalen?

„Nein. Das ist meine Konkurrenz. Ich muss gestehen, wir haben einen Account von der Tochter, und während der Lockdowns war die Versuchung groß. Aber was ich sehen will, läuft sowieso nicht auf Netflix.“

Oscars für Netflix: Keine gute Nachricht fürs Kino, findet Modlinger

Nun schreibt eine Produktion deutsche Filmgeschichte, die von Netflix in Auftrag gegeben wurde. Sind die vier Oscars eine gute Nachricht für die deutsche Filmszene oder eine schlechte fürs Kino?

„Da bin ich hin- und hergerissen. Ich bin überzeugt, dass „Im Westen nichts Neues“ eine tolle Produktion ist. Ich hab’s nicht gesehen, aber wo Geld da ist, kann man auch tolle Sachen machen. Ich denke, es ist eine schlechte Nachricht fürs Kino und zitiere dazu Detlev Buck: Wir – er meint die Filmemacher – müssen uns überlegen, ob wir Filme machen wollen oder nur Content produzieren.“

Wie wichtig ist denn die Strahlkraft ausgezeichneter Filme für die Kinos?

„Die Oscars sind für mich weitgehend nur Show, dem messe ich keine allzu große Bedeutung bei. Viel wichtiger sind für mich der Bayerische oder der Deutsche Filmpreis, der „kleine Oscar“ für unsere eigene Filmindustrie, die darf sich ja auch mal feiern. Die ausgezeichneten Filme dort lesen sich meistens wie unser vergangenes Jahresprogramm.“

Netflix geht mit einigen seiner Produktionen – etwa „Im Westen nichts Neues“ und „Guillermo del Toros Pinocchio“ – als Streamingdienst doch wieder in die Kinos. Braucht der Film also das Kino, allen Unkenrufen zum Trotz?

„Natürlich braucht der Film das Kino. Aber Netflix bedient sich da nur der Kinos.“

Corona und Streaming haben Kinos schwer gebeutelt

Wird „Im Westen nichts Neues“ noch im Fools-Kino zu sehen sein?

„Nein. Der Verleih hat am Montag geschrieben, ob wir das nicht doch noch zeigen wollen, nach den Oscars. Aber die ihn sehen wollten, haben ihn sicher schon gesehen. Ich sage, es gibt genügend gute Filme. Auf zwei Leinwänden kann man auf der einen Blockbuster zeigen und auf der anderen etwas anderes. Ich habe nur eine Leinwand, ich kann nicht alles spielen. Für die Kinos in Tölz und Hausham ist der Film wohl ein Muss.“

Das Kino war schon öfter totgesagt. Was hält es am Leben?

„Max Mohr hat einmal gesagt: Das Kino stirbt, seit es existiert. Am Leben hält es eine Dreifaltigkeit: Es braucht eine Filmindustrie, die gute Filme produziert, ein Publikum, das kommt, und Kinobetreiber mit Herzblut. Fällt eines weg, funktioniert es nicht, allein mit Herzblut geht es nicht. Noch hat dieses Dreieck alle drei Seiten, aber es ist schon in Schieflage. Es geht den Kinos nicht gut. Die Reserven sind in den vergangenen drei Jahren dahingeschmolzen, die Kosten steigen auf ganzer Linie. Wir kommen an die Zahlen von 2018/19 nicht mehr ran. Das ist ein generelles Problem der Programmkinos. Zum Glück habe ich Stammgäste. Irgendwann muss ich auch ans Aufhören denken. Aber wer übernimmt unter diesen Randbedingungen ein Kino? Man weiß nicht, was die Zukunft bringt.“

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