So klingt die Ukraine: Von Volksmusik bis Elvis „Pressler“

Ukrainische Volksmusik steckt voller besonderer Rhyhtmen und Melodien. Bei einem bayerisch-ukrainischen Abend am 8. Oktober in Otterfing wollen Geflüchtete und das P.R.O. zeigen, wie die Ukraine klingt. Und wie gut ein Lied von Elvis „Pressler“ auf die Situation des Landes passt.
Otterfing – Als Ende Februar russische Truppen ihr Land überfielen, entschieden sich viele Ukrainer zur Flucht. Auch in Otterfing fanden einige vorübergehend ein Dach über dem Kopf. Niemand weiß, wie lange das Exil dauert. Das „Vorübergehend“, es zieht sich. Das bringt Probleme, aber es bietet auch Chancen. „Die Kontakte werden enger“, sagt Stefan Späth, Leiter des Pop- und Rockzentrum Oberbayern (P.R.O.) in Otterfing. Und das soll am Samstag, 8. Oktober, zu hören sein: Bei einem bayerisch-ukrainischen Abend in den P.R.O.-Räumen wird Musik erklingen, die Brücken schlägt – und die neugierig machen soll auf die Musikkultur eines Landes, das derzeit um seine Existenz kämpft.
Zwei entscheidende Brückenbauer sind Olha Krupko (64) und ihr Mann Viktor Teztychnyi (69). Das Paar floh im März aus dem Kriegsgebiet im Osten der Ukraine zu Sohn Mykola, der schon seit Jahren in Otterfing wohnt. Olha unterrichtete in der Musik-Akademie Luhansk. Als sie sich beim Freitags-Kaffee des Otterfinger Frauenbunds ans Klavier setzte, kam den Frauenbund-Verantwortlichen Hildegard Kaiser und Claudia Conrad die Idee, einen Kontakt zu Späth und dessen Mitstreiterin Theresia Siegmund herzustellen. Ein erstes Ergebnis war ein Konzert im P.R.O., vor 60 geladenen Gästen, darunter viele Ukrainer. „Der Erfolg hat uns motiviert, jetzt ein Konzert zu organisieren, zu dem die ganze Bevölkerung eingeladen ist“, sagt Späth.
Ukrainische Folklore, sagt Späth, sei in Bayern kaum bekannt. „Volksmusik“ sei in der Ukraine jedenfalls sehr beliebt. „Es gibt dort sogar ein Pendant zu unserem Florian Silbereisen.“ Die Lieder seien rhythmisch, beeinflusst vom Balkan und der russischen Polka, „alles sehr gut tanzbar“. Oft mischen sich in einem Song Schwermut und Freude – eine Gefühlswelt, die viele Geflüchtete aktuell täglich durchlaufen. Regelmäßig telefoniere sie mit Freunden und Verwandten im Frontbereich, berichtet Olha: „Schlimm, ganz, ganz schlimm.“ Späth hat bei den Proben einiges mitbekommen. „Dort wird wahllos gemordet, das kann man sich bei uns kaum vorstellen.“
Das Konzert soll zeigen, dass die Geflüchteten fern der Heimat ihren Mut nicht verlieren und dankbar sind, in Bayern eine Zuflucht gefunden zu haben. Viktor, ein pensionierter Ingenieur, hat das Ankündigungsplakat gestaltet, auf Deutsch und Ukrainisch, geschmückt mit Blumen, die er im Stil der ukrainischen Dekortechnik Petrykiwka gemalt hat. Im Kopf zwischen den Flaggen das Symbol, auf das alle hoffen – die Friedenstaube.
Das Programm dauert etwa 90 Minuten. Olha spielt Klavier, Späth ist am Cahon und an der Gitarre zu hören. Es singen Anna und Lena. Irina, die noch im Juli dabei war, ist wieder ins halbwegs sichere Kiew zurückgekehrt. Ihr Mann hat sie darum gebeten, weil er kämpft und die Schwiegermutter zu versorgen ist. Auch Lenas Mann steht an der Front. „Bei den Proben tanzen ihre kleinen Buben zur Musik, die haben Rhythmus im Blut“, berichtet Späth.
Gewünscht haben sich die Ukrainer auch ein Lied von Elvis Presley, den sie konsequent „Pressler“ nennen, wie Späth schmunzelnd berichtet. „That’s All Right, Mama“, eine Rockabilly-Nummer und erster Elvis-Hit von 1954. Der Song erzählt von einem jungen Mann, der sich von seiner Mutter nichts mehr sagen lässt und seinen eigenen Weg gehen will. „Dem jungen Mann“, sagt Olha, „geht es wie der Ukraine.“
Das Konzert: Der bayerisch-ukrainische Abend beginnt am Samstag, 8. Oktober, um 19 Uhr in den P.R.O.-Räumen in der Otterfinger Schulstraße 10. Der Eintritt ist frei, Spenden sind willkommen.