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Das Ende der Normalität

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70 Künstler zeigen 128 Kunstwerke: Die 63. Kunstausstellung in Bayrischzell, die am Samstag eröffnet wurde (unser Bild) und die bis 21. August läuft, ist die bisher größte ihrer Art. Ausgestellt sind Malereien, Fotos, Grafiken, Skulpturen und Collagen, die allesamt auch käuflich zu erwerben sind. © Georg Jackl

Bayrischzell - Mit Bezügen zu den jüngsten Terrorattacken öffnete die 63. Kunstausstellung in Bayrischzell. Es ist die bisher größte ihrer Art und die nach Meinung der Jury qualitativ schönste.

Wenn der schwarze Schwan seine dunklen Flügel ausbreitet, stellt er das Weltbild auf den Kopf: Laut dem Philosophen Karl Popper gilt das extrem seltene Tier als Sinnbild für den Widerspruch zur eben noch herrschenden Wirklichkeit – eine Kunstfigur für das Undenkbare, das die Normalität beendet. Die Bayrischzeller Künstlerin Tutti Gogolin hat sich diesem Normalitäts-Bruch genähert: Für ihre neuen Kunstwerke arrangierte die „Federflüsterin“ Collagen aus Vogelfedern mit anderen Naturmaterialien – zu sehen bei der 63. Kunstausstellung in Bayrischzell, die am Samstag eröffnet wurde. 

Das Ende der Normalität – diesen Gedanken nahm Bürgermeister Georg Kittenrainer bei seiner Eröffnungsansprache auf. Er gedachte den Opfern des Amoklaufes im Münchner Olympiaeinkaufszentrum. „Fast wöchentlich ereilen uns Hiobsbotschaften von Terroranschlägen. Jetzt sogar aus unserer Landeshauptstadt“, sagte der Bürgermeister in den Räumlichkeiten des Auracher Hofs vor den Festgästen. Trotzdem müsse das Leben für die Menschen weitergehen. „Gerade in diesen schwierigen Zeiten ist das besonders wichtig“, betont Kittenrainer. Eine besondere Fähigkeit der Menschheit sei, ihre Gedankenwelten und Stimmungen künstlerisch auszudrücken. 

Dafür versammelten die Organisatoren Klaus und Tutti Gogolin auch heuer wieder zahlreiche Künstler aus dem Landkreis und der Region. Aus 85 Bewerbern wählten Kunst-Juroren Ulrike Camilla Gärtner und Dietmar Kroepel 70 Künstler aus, die bis 21. August ihre Exponate zum Verkauf anbieten. Ausgestellt sind Malereien, Fotos, Grafiken, Skulpturen und Collagen zu Preisen zwischen 75 und 8000 Euro.

Die Fachjury ist sich einig, die bisher qualitativ schönste Ausstellung in Szene gesetzt zu haben – mit 128 Kunstwerken zudem die bisher Größte. Die künstlerische Stil-Palette ist vielfältig: Naturalistische bis abstrakte Kreationen rückte Klaus Gogolin ins Kunstlicht. 

Viel Zeit steckte auch Andrea Mähner aus Wolfratshausen in ihr Wandobjekt. Für ihr quadratisches Bild hinter Plexiglas pflanzte sie 729 Löwenzahnblüten per Pinzette in winzige Holzvertiefungen. „Das ist Geduldsarbeit mit meditativem Charakter“, erklärt die Künstlerin. Ihre Intention: „Es muss nicht immer schrill oder schreiend sein, ich möchte auf die leisen Dinge des Lebens hinweisen.“ 

Landrat und Schirmherr Wolfgang Rzehak begab sich auf eine Reise, als er der Klavierspielerin Andrea Hermenau lauschte: „Wenn ich die Augen schließe, befinde ich mich in einer New Yorker Bar.“ Auch Tutti Gogolin flog gedanklich nach New York, als sie ihre Werke Federnlesen entwarf. Besonders fasziniert habe sie der philosophische Satz, der schwarze Schwan könne das Wappentier des begonnenen Jahrhunderts werden: „Ich bin so entsetzt, was in der Welt gerade passiert.“ Die Anschläge in New York zu Beginn des Jahrhunderts seien ein negatives Symbol für Dinge, die es eigentlich gar nicht geben dürfte, die aber trotzdem passieren.

Öffnungszeiten sind: Dienstag bis Samstag von 13 – 18 Uhr sowie sonn- und feiertags von 11 – 18 Uhr im Auracher Hof.

Daniel Wegscheider 

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