Der große Traum vom Eigenheim: Woran eine Familie aus Hausham fast gescheitert wäre

Nirgends in Deutschland sind Einfamilienhäuser teurer als im Landkreis Miesbach. Helfen können Einheimischen-Modelle - doch auch hier haben es Bauherren nicht einfach.
Hausham – Im Schnitt kostet der große Traum vom Einfamilienhaus im Landkreis Miesbach 1,45 Millionen Euro. Die siebenstellige Zahl hat das Immobilienportal Immowelt aus Inseratspreisen im Jahr 2021 errechnet. Nur wenige Tabellenzeilen unter Miesbach taucht der Landkreis Sonneberg auf. Hier sollen Einfamilienhäuser im Schnitt 75 000 Euro kosten.
Interessenten könnten sich dort 19 Häuser kaufen und hätten 25 000 Euro übrig – im Vergleich zu einem einzigen Haus im Kreis Miesbach. Das Problem: Nicht jeder möchte in einen Landkreis nach Thüringen ziehen, dem Prognosen „Zukunftsrisiken“ attestieren. Auch Markus Auer, seit 22 Jahren in Hausham verwurzelt, hat nicht vor, seine Heimat zu verlassen. Seit Jahren sucht der 46-Jährige nach einem Haus für seine Familie im Landkreis. „Ich habe schon lange den Wunsch nach einem Eigenheim“, verrät er.
Die Entscheidung: „Machen wir‘s“
Die Mietwohnung, in der Auer mit seiner Frau und den gemeinsamen Kindern lebt, wird einfach zu klein. Ein und drei Jahre alt ist der Nachwuchs mittlerweile. Wie viele andere auch, will sich der Familienvater möglichst schnell von der monatlichen Miete abkoppeln.
Die große Chance in einer Gegend, in der Häuser mehr kosten als in München, war für Auer das Einheimischenprogramm in Hausham. „Den Entschluss, uns auf ein Grundstück zu bewerben, haben wir sofort gefällt.“ Im September 2021 hatten die Auers ihren Antrag abgeschickt. Dann hieß es warten. „Man hofft ständig auf den Brief, wartet auf einen Anruf aus der Gemeinde“, sagt Auer. 300 Interessenten hatte die Gemeinde damals auf der Liste – für 40 Parzellen. Doch bis zur Zusage sollte fast ein Jahr vergehen. „Im Mai 2022 haben wir die Info bekommen, dass wir in der engeren Auswahl sind“, sagt Auer. Doch Aufatmen konnte in der Familie noch niemand so richtig. Die Auers mussten sich entscheiden: „Machen wir’s – oder machen wir’s nicht?“
Zinsen und Baukosten haben sich vervielfacht
Gar nicht so einfach. In der Zwischenzeit haben sich nicht nur die Darlehenszinsen dramatisch vervielfacht. „Der Krieg in der Ukraine hat alles verschoben.“ Vorher hatte der Haushamer noch mit Freunden und Bekannten über die Kosten beim Bau gesprochen. Doch die Preise seien plötzlich explodiert. „Da überlegt man sich doppelt und dreifach, ob man sich das leisten kann“ – trotz des etwa halbierten Grundstückspreises von 500 Euro pro Quadratmeter im Einheimischenprogramm. Viele der 300 Bewerber haben ihre Anfrage zurückgezogen. Die Auers wollen ihren Traum trotzdem verwirklichen, müssen aber günstiger bauen. „Ich habe mit Firmen aus allen Gewerken gesprochen“, sagt der 46-Jährige. Die Auskünfte, ernüchternd, waren überall gleich. „Extrem teuer.“ Lärchenholz für die Schalung oder Fenster? „Nicht lieferbar.“ Der Elektriker habe sich gar nicht erst festlegen wollen. „Bei ihm steigen die Preise wöchentlich und monatlich.“
Im Ergebnis werden die Auers wohl auf das eine oder andere Detail verzichten und an manchen Stellen sparen. Auer sagt: „Man baut sein Haus eben nicht mehr so, wie man es noch vor zwei, drei Jahren gebaut hätte.“ Ärgern will er sich darüber nicht. „Das bringt ja nix.“
Abwägen zwischen Ökonomie und Ökologie
Allerdings wisse er, dass viele Bauherren nun abwägen zwischen Ökonomie und Ökologie. Luftwärmepumpen – sehr beliebt – seien aufgrund der Nachfrage so teuer wie nie. Für die Auers wird’s deshalb eine Gasheizung, unterstützt von einer Photovoltaik-Anlage. Dieser Mittelweg sei preislich noch machbar. Andere Bauherren würden Mehrkosten für die Heizung vielleicht in Kauf nehmen, müssten dann aber anderer Stelle sparen. „Ich glaube, wir haben eine gute Lösung gefunden.“ Trotz der Preissprünge nicht sparen will die Familie auch am Holzofen. Wie viel das Brennholz kostet, wenn das Haus im Frühjahr 2024 hoffentlich fertig ist, weiß niemand. Ein Restrisiko bleibt in allen Bereichen. „Abwarten lohnt sich kaum“, sagt Auer mit Verweis darauf, dass das Haus laut Vertrag fünf Jahre nach dem Grundstückskauf stehen muss.
Richtig losgehen werden die Überlegungen aber erst mitten in der Baustelle. Den Notartermin für den Grundstückskauf hatte die Familie erst vor wenigen Wochen. Heuer sollen die Erschließung fertig werden, später geht es um Kleinigkeiten wie die Wahl der Fliesen.
Preis muss am Ende realistisch bleiben
Andere Grundstückskäufer haben ähnliche Probleme. „Wir wollen viel Eigenleistung einbringen“, verrät einer der Bauherren. Einen schlüsselfertigen Auftrag könne er sich nicht leisten, er rechnet mit rund 500 000 Euro für den Bau. „Aber da packen alle mit an, von Bekannten über die Tante bis zu meinen Cousins.“
Die Hoffnung aller, fasst Auer zusammen, ist ein am Ende vernünftiger Preis fürs Einfamilienhaus. Dafür will sich die Familie mit anderen Bauherren zusammenschließen, Aufträge nach Möglichkeit gemeinsam vergeben. „Ich bin zuversichtlich, dass es was wird“, sagt der 46-Jährige. Bis heute sieht er sich Inserate von Häusern in Hausham an. Kürzlich war eine Doppelhaushälfte dabei – für 1,2 Millionen Euro. „Für dieses Geld würde unser Haus nie gebaut werden.“ nap
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