Wegen mangelnder Vorsorge: Krebs oft zu spät erkannt

Die Zahl der Krebsdiagnosen ist zurückgegangen. Doch die Krankheit, beispielsweise Darmkrebs, ist damit nicht verschwunden. Ärzte raten deshalb dringend zur Vorsorge.
Landkreis – Mediziner schlagen Alarm: Die Zahl der Vorsorgeuntersuchungen und mit ihr die Zahl der Krebsdiagnosen ist deutlich zurückgegangen. Die Krankheiten selbst sind damit freilich nicht verschwunden. Niedergelassene Ärzte und das Krankenhaus Agatharied rufen deshalb dazu auf, die Untersuchungen wahrzunehmen – um frühzeitig schwere Erkrankungen oder deren Vorstufen wie beispielsweise beim Darmkrebs zu erkennen.
45 Prozent Rückgang bei Darmspiegelungen
Wie das deutsche Ärzteblatt in seiner aktuellen Ausgabe berichtet, zeigt eine deutschlandweite Studie der Barmer-Ersatzkasse, dass die Zahl der Krebsdiagnosen in der zweiten Corona-Lockdown-Phase im Vergleich zum durchschnittlichen Zeitraum der Jahre 2012 bis 2019 um 25 Prozent zurückgegangen ist. Besonders auffallend sei der Rückgang bei den Vorsorgekoloskopien, also bei den Darmspiegelungen. Bis zu 45 Prozent weniger Untersuchungen hätten stattgefunden. Ein Trend, der auch im Landkreis zu beobachten sei, schreibt das Krankenhaus in einer Pressemitteilung und bezieht sich dabei auf Aussagen seines Darmkrebszentrums mit den Kooperationspartnern Medicum Tegernsee, Haushamer Internisten und Holzkirchner Internisten.
Rat der fortgeschrittenen Tumore hat sich deutlich erhöht
Wegen der Corona-Einschränkungen gingen also weniger Menschen zur Vorsorge, und das hatte teils erhebliche Folgen. „In den letzten Jahren wurden zwar weniger Tumore diagnostiziert, doch wenn diese entdeckt wurden, zeigten sich viele in einem weiter fortgeschrittenen Stadium“, berichten der Koordinator des Darmkrebszentrums Agatharied, Dr. Thomas von Ahnen, und der Chefarzt der Gastroenterologie, Dr. Peter Klare. Ahnen zitiert eine Studie aus einer englischen Fachzeitschrift, wonach sich die Rate der weit fortgeschrittenen Darmtumore – im Vergleich zur Zeit vor der Pandemie – im ersten Pandemiejahr 2020 von 58 auf 79 Prozent erhöht hat und gleichzeitig die Rate der Tumore mit sogenannten Absiedlungen (Leber- oder Lungenmetastasen) von drei auf neun Prozent verdreifacht hat.
„Strukturierte Krebsvorsorge wichtiger denn je“
„Eine strukturierte Krebsvorsorge ist wichtiger denn je“, betont laut Pressemitteilung Dr. Bernhard Frank vom Medicum Tegernsee. Und sein Kollege Dr. Michael Brandt aus Hausham ergänzt: „Die Zeit, die wir in der Pandemie verloren haben, muss wieder aufgeholt werden. Besonders, da Darmkrebs im Frühstadium und die Vorstufen durch eine Koloskopie größtenteils alleine zu beherrschen sind.“
Symptome treten meist sehr spät auf ‒ oft zu spät
Die Beschwerden bei Darmkrebs sind sehr unspezifisch. Nach Aussagen der Mediziner kann es im Frühstadium zu Blut im Stuhl, Stuhlunregelmäßigkeiten, Gewichtsverlust, Nachtschweiß und Leistungsminderung kommen. Häufig treten Symptome allerdings erst sehr spät auf – oftmals zu spät. Laut Brandt sei deshalb die Vorsorgekoloskopie so wichtig, da hier bereits sehr kleine und noch nicht symptomatische Tumore sichtbar werden.
„Dass eine solche Untersuchung eine gewisse Überwindung des Patienten mit sich bringt, ist uns durchaus bewusst“, sagt der Holzkirchner Internist Dr. Thomas Verhasselt. „Aber die frühe Erkennung von Darmkrebs verbessert signifikant die Prognose.“
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