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260 Jahre alte Kupferplatte in Miesbach restauriert: Sie stammt aus der Zeit der Wallfahrt

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Von: Sebastian Grauvogl

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Links Kupfer, rechts Papier: Carl Langheiter zeigt die Druckplatte und den bis dato besten Abzug davon.
Links Kupfer, rechts Papier: Carl Langheiter zeigt die Druckplatte und den bis dato besten Abzug davon. © THOMAS PLETTENBERG

Ein wertvolles Zeitdokument aus der späten Miesbacher Marienwallfahrt hat Carl Langheiter rekonstruiert: eine 260 Jahre alte Kupferplatte, die bis dato unbeachtet im Pfarrhaus lagerte.

Miesbach – Beim Aufräumen im Pfarrhaus ist sie dem damaligen Miesbacher Stadtpfarrer Stefan Füger quasi in die Hände gefallen: eine großformatige und entsprechend schwere Kupferplatte. Weil er mit dem augenscheinlich historischen Druckträger nicht viel anfangen konnte, kontaktierte Füger den Museumsverein. Dessen damaliger Vorsitzender Carl Langheiter erklärte sich gern bereit, sich um die Aufbereitung und historische Einordnung des Fundstücks zu kümmern. Ein paar Jahre später kann er nun für Aufklärung sorgen – mit spannenden Erkenntnissen.

Platte zeigt Altarbild der Stadtpfarrkirche anno 1764/65

So ist die Tiefdruckplatte rund 260 Jahre (1764/65) alt. Sie zeigt das Altarbild der Stadtpfarrkirche Mariä Himmelfahrt kurz vor den Zerstörungen durch den verheerenden Stadtbrand 1783. Angefertigt hat sie Johann Michael Söckler (1744 in Augsburg geboren, 1781 in München verstorben). Da Söckler im Rokoko ein bedeutender Kupferstecher war, geht Langheiter davon aus, dass er die Druckplatte als Auftragsarbeit in der Zeit der florierenden Marienwallfahrt im damaligen Markt Miesbach erstellt hat. „Sonst wäre er wohl nicht hierher gekommen“, vermutet Langheiter.

Um den Inhalt des Kupferstichs zu rekonstruieren, musste Langheiter zunächst einen Druckabzug davon anfertigen. Dies tat er zusammen mit Grafikdesigner Amadeus Bachmayr aus Bruckmühl. Zunächst reinigten sie die Platte schonend von alten Tintenresten, dann trugen sie frische, schwarze Tiefdruckfarbe auf und pressten sie auf handgeschöpftes Büttenpapier. Drei Prägeversuche später hatten sie laut Langheiter ein für das Alter der Kupferplatte überraschend gutes Ergebnis vorliegen. Dies sei wohl auch der offenbar guten Lagerung des Fundstücks zu verdanken, die sonst typische Oxidationen oder Patinabildungen verhindert hätte.

Wofür war die Druckplatte eigentlich gut?

Bleibt die Frage, wofür die Platte früher eigentlich verwendet wurde. Langheiter geht davon aus, dass sie dazu diente, das Altarbild der schmerzhaften Muttergottes am Fuß des Kreuzes mit den beiden Engeln links und rechts an ihrer Seite in für damalige Zeiten großer Stückzahl zu drucken. Die großformatigen Abzüge seien dann als besonderes Erinnerungsstück an Wallfahrer verkauft worden. Eine zusätzliche Einnahmequelle neben dem sonst in dieser Zeit üblichen Ablasshandel, vermutet Langheiter. Die so erzeugte Auflage schätzt er auf nicht mehr als 500 Stück. Typischerweise seien die dann oft noch koloriert worden.

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Um noch weitere Erkenntnisse gewinnen zu können, plant Langheiter, die Kupferplatte an der Grafischen Akademie München aufbereiten zu lassen, eventuell im Rahmen einer Lehrarbeit. „Ich suche gerade nach einem interessierten Experten“, berichtet der Miesbacher. Gerade im unteren Bereich des Altarbildes sowie in den Kartuschen (Tafeln mit Inschriften) sei die Druckqualität noch deutlich verbesserungswürdig, um mehr historische Rückschlüsse daraus ziehen zu können.

An der stadtgeschichtlichen Bedeutung der Kupferplatte hat Langheiter aber bereits jetzt keinen Zweifel mehr. Man habe hier eine der letzten barocken Darstellungen aus der Miesbacher Marienwallfahrt vor sich. Spätere Versionen seien meist deutlich reduzierter, wie Beispiele aus dem Klassizismus und der Aufklärung zeigen würden. „Der Mythos der Wallfahrt“, ist Langheiter überzeugt, „ist mit den Flammen des Stadtbrands erloschen.“

sg

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