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EU prüft Petitionen aus Miesbach: Wird bald die Fällpflicht bei ALB-Befall gelockert?

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Von: Dieter Dorby

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Vergeblicher Widerstand für Miesbach: Am Harzberg mussten vor allem die alten Buchenbestände fallen. Karl Brutscher kämpft nun darum, dass die Vorgehensweise der Behörden überdacht und geändert wird. Umstrittene Ausnahmen Fall Miesbach wird untersucht
Vergeblicher Widerstand für Miesbach: Am Harzberg mussten vor allem die alten Buchenbestände fallen. Karl Brutscher kämpft nun darum, dass die Vorgehensweise der Behörden überdacht und geändert wird. Umstrittene Ausnahmen Fall Miesbach wird untersucht © Thomas Plettenberg

Es ist eine Nachricht, die für Miesbach zu spät kommt: Die EU-Kommission denkt über Änderungen bei der Bekämpfung des Asiatischen Laubholzbockkäfers nach. Sogar die strikte Fällpflicht könnte gelockert werden - was ganz im Sinn zweier Petitionen aus Miesbach wäre.

Miesbach – Karl Brutscher hat keine Berührungsängste, wenn es darum geht, mit übergeordneten Behörden in Kontakt zu treten. Im Gegenteil: Der 79-jährige Ex-SPD-Stadtrat aus Miesbach hat unzählige Widersprüche und Petitionen verfasst – unter anderem gegen den Flächenfraß zulasten der geschützten Egartenlandschaft im Landkreis.

Auch im Fall des Asiatischen Laubholzbockkäfers (ALB), der 2019 in Miesbach beim Finanzamt erstmals entdeckt worden war, was die Entnahme von rund 5000 Gehölzen im Umkreis von jeweils 100 Metern um die Fundstellen – die Fällzone – zur Folge hatte, war eine Petition das Mittel der Wahl – diesmal beim Europäischen Parlament. Und diesmal könnte sie durchaus erfolgreich sein, wie Brutscher mitteilt. Wenn auch nur nachträglich, denn die Fällungen in Miesbach sind ja bereits erfolgt.

Gegen das prophylaktische Fällen

Ebenso wie Karin Bracher, die sich als Anwohnerin ebenfalls aktiv gegen die Fällungen des Hallenwalds am Harzberg mit seinen durchschnittlich 150 Jahre alten Rotbuchen gewehrt hatte, verfasste Brutscher eine Petition. Beide werden aufgrund desselben Bezugs auf EU-Ebene gemeinsam bearbeitet. Darin lehnen beide das vorsorgliche Fällen der potenziell infrage kommenden Wirtspflanzen des weltweit gefürchteten Laubbaumschädlings in der Fällzone als Mittel der Bekämpfung ab.

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Brutscher verweist in seinem Schreiben unter anderem auf die strikt festgeschriebenen Klimaziele der Europäischen Union und führt dabei den Widerspruch ins Feld, dass Bäume einerseits für die Bindung von CO2 unabdingbar sind, im Fall der ALB-Bekämpfung aber einfach so gesunde, jahrzehntealte Exemplare in großer Zahl geopfert werden, nur um dem Käfer vorsorglich und auf Verdacht die Lebensgrundlage zu entziehen. So habe man seitens der zuständigen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) in Freising den Ausnahmetatbestand lediglich für den Waitzinger Park gelten lassen, jedoch nicht für den ebenfalls schützenswerten Hallenwald am Harzberg.

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Die offizielle Begründung, wonach zu viele Ausnahmen die Bekämpfungsmaßnahmen verwässern würden, lässt Brutscher nicht gelten. „Dieses Vorgehen ist nicht nur unverhältnismäßig, sondern verstößt auch gegen das Willkürverbot“, stellt er fest und verweist auf lediglich 97 befallene Bäume, während insgesamt aus reiner Vorsicht rund 5000 Gehölze entnommen worden seien.

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Auch Bracher hinterfragt dieses Vorgehen und verweist auf die alternative Bekämpfungsstrategie der sogenannten Big Five, die auch die Untere Naturschutzbehörde am Landratsamt befürwortet hätte. Demnach seien schwerpunktmäßig lediglich Ahorn, Birke, Rosskastanie, Pappel und Weide betroffen und zu entnehmen. Die übrigen elf spezifizierten Baumarten, auf die die EU-Durchführungsverordnung abstellt, seien nicht der Regelfall. Deshalb sei hier ein aufwendiges Kronen-Monitoring auch in der Fällzone einer Fällung vorzuziehen. Damit wären auch die Buchen am Harzberg zu retten gewesen. Doch im April 2020 wurden sie gefällt.

Durchführungsbeschluss wird überarbeitet

Aber vielleicht profitieren andere Kommunen vom kritischen Hinterfragen in Miesbach. Immerhin heißt es in einem Antwortbrief aus Brüssel an die Petenten, dass die EU-Kommission eine Untersuchung der Angelegenheit mit der zuständigen Behörde Deutschlands plane. Dabei solle geprüft werden, ob die Bestimmungen des Durchführungsbeschlusses ordnungsgemäß umgesetzt worden seien. Auch wolle man sich fachlich mit den vorgebrachten Argumenten auseinandersetzen. Denn derzeit werde der Durchführungsbeschluss (EU) 2015/893 überarbeitet. Gegebenenfalls soll er durch eine Durchführungsverordnung ersetzt werden. Das Verfahren läuft. Bis zum endgültigen Ergebnis wird es aber noch einige Zeit dauern.

ddy

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