Nach „Nein“ zu vhs-Fusion: Leiter erklären die Gründe der Ablehnung

Die beiden Wackelkandidaten sind hart geblieben. Die Volkshochschulvereine Gmund-Dürnbach und Bayrischzell haben ihren Beitritt zur neuen vhs Oberland verweigert.
Update Donnerstag, 18. Juni:
Am Tag nach dem Nein der Volkshochschulen Gmund-Dürnbach und Bayrischzell zur Verschmelzung zu einem landkreisweiten Verbund gehen die Bewertungen der Abstimmungsergebnisse auseinander. So wehrt sich die Gmunder vhs-Vorsitzende Anna-Maria Stark gegen die Darstellung, dass die Ablehnung ihres Kuratoriums zur Fusion nur knapp erfolgt sei. So hätten zwar zehn von 19 Mitgliedern für die Verschmelzung gestimmt, für den Beschluss wäre aber laut Satzung eine Drei-Viertel-Mehrheit, also 15 Ja-Stimmen, notwendig gewesen. Dieses Quorum sei damit also deutlich verpasst worden.
Noch größer wäre die Hürde in Bayrischzell gewesen. Wie der stellvertretende vhs-Vorsitzende Josef Acher berichtet, hätten hier vier Fünftel der stimmberechtigten Kuratoriumsmitglieder eine Fusion befürworten müssen. Tatsächlich aber votierte sogar eine Mehrheit von elf Personen dagegen, nur neun waren dafür.
Die Verschmelzung als solche sei dabei gar nicht der Streitpunkt gewesen, erklärt Barbara Mühlbauer, Leiterin der vhs Bayrischzell. „Auch wir sind vom Nutzen einer Strukturreform überzeugt und verschließen uns Neuerung nicht.“ Allerdings hätte das Kuratorium zwei Dinge gerne schriftlich fixiert: die ortsgebundene Verwendung ihres Vereinsvermögens und eine auch weiterhin ortsnahe Leitung der Volkshochschule. „Da ist man uns leider nicht entgegengekommen“, sagt Mühlbauer.
Aus Bayrischzeller Sicht sei die Türe aber nicht für alle Zeit zugeschlagen. Ein Beitritt zur vhs Oberland zu einem späteren Zeitpunkt sei durchaus möglich. „Ich bin guter Dinge, dass es noch dazu kommen wird“, sagt Mühlbauer. Erst wolle man aber die Gründung des neuen Verbunds abwarten. Der wird nun, wie berichtet, vorerst aus dem Kreisverband sowie fünf Volkshochschulen bestehen: Miesbach, Schliersee, Tegernseer Tal, Holzkirchen-Otterfing (jeweils Vereine) und Hausham (kommunal).
Um das Angebot der vhs Bayrischzell müsse sich dennoch niemand Sorgen machen, versichert die Leiterin. Den Fischbachauern, die von Bayrischzell aus mit Kursen versorgt werden und sich gerne mehr davon wünschen würden, macht Mühlbauer durchaus Hoffnung. Aber: „Wir brauchen auch die Räume dazu.
Ursprünglicher Artikel von Mittwoch, 17. Juni:
Landkreis – Einen historischen Vergleich wählte Kornelius Schlehlein in seinem Grußwort. Bis 1990 habe man in Deutschland am 17. Juni den Tag der Deutschen Einheit gefeiert. Am 17. Juni 2020 gehe es nun um den Grundstein der Einheit der Volkshochschulen (vhs) im Landkreis Miesbach, erklärte der Strukturberater des Bayerischen Volkshochschulverbands (BVV) bei der Eröffnung der außerordentlichen Mitgliederversammlungen im Waitzinger Keller in Miesbach. Wenige Stunden später stand fest, dass dieses Datum eher als „Tag der Spaltung“ in die Chronik der Erwachsenenbildung im Landkreis eingehen wird. Denn die vhs-Vereine Gmund-Dürnbach und Bayrischzell verweigerten mit knapper Mehrheit ihren Beitritt zum neuen Verbund.
Eigentlich war alles gut vorbereitet. Seit mehr als zwei Jahren ringen die Volkshochschulen im Landkreis um eine neue Struktur (wir berichteten). Ausgangspunkt waren neue Anforderungen an das Qualitätsmanagement, die für den Anspruch auf staatliche Zuschüsse zu erfüllen sind. Da nur die vhs Holzkirchen-Otterfing diese Voraussetzungen erfüllt, einigte man sich letztlich auf eine Fusion. Die fünf vhs-Vereine Miesbach, Schliersee, Bayrischzell, Tegernseer Tal und Gmund-Dürnbach und der Kreisverband verschmelzen mit der Holzkirchner vhs, um dann gemeinsam mit der kommunalen vhs Hausham die neue vhs Oberland zu gründen.
Die wird nun aber nur aus fünf statt aus sieben Mitgliedern bestehen. Sowohl die vhs Gmund-Dürnbach, als auch die vhs Bayrischzell, haben in ihren Mitgliederversammlungen die erforderlichen Mehrheiten für die Verschmelzung – wenn auch nur knapp – nicht erreicht. Deren kritische Haltung gegenüber der Strukturreform war im Vorfeld durchaus bekannt gewesen (wir berichteten). Dass es aber tatsächlich zum Ausscheren kommt, davon sind die Befürworter des Zusammenschlusses nicht ausgegangen.
Umso größer ist die Enttäuschung. „Ich bin traurig, dass es uns trotz der vielen Gespräche offenbar nicht gelungen ist, alle mitzunehmen“, sagt die Vorsitzende des vhs-Kreisverbands, Sibylle von Löwis. Es sei „sehr, sehr schade“ dass die Volkshochschulen Gmund-Dürnbach und Bayrischzell den „Absprung in die Zukunft“ verpasst hätten. Auch Schlehlein bedauert die Entscheidung der beiden Mitgliederversammlungen. „Eigentlich hätten alle dasselbe Ziel haben sollen“, sagt der Strukturberater. Dass sich die jeweiligen Vereine und Kommunen wechselseitig die Bälle zugeschoben hätten, habe die vorbereitenden Gespräche nicht erleichtert.
Dennoch müsse man das demokratische Votum akzeptieren, sagt Schlehlein. Und auch Löwis richtet den Blick nach vorn. Die vhs Oberland werde nun eben vorerst nur von fünf statt von sieben Volkshochschulen gegründet. Deren Mitglieder hätten der Verschmelzung aber mit „überwältigender Mehrheit“ zugestimmt. Sobald der Eintrag beim Registergericht durch den Notar erfolgt sei, könne man die konstituierende Mitgliederversammlung einberufen und einen Vorstand und Aufsichtsrat wählen. Interimsweise fungieren – wegen ihrer entsprechenden Ämter bei der „aufnehmenden“ vhs Holzkirchen-Otterfing – Landrat Olaf von Löwis als Vorsitzender und Thomas Mandl als Leiter.
Die Zukunft der Einzelkämpfer in Gmund-Dürnbach und Bayrischzell ist derweil offen, sagt Löwis. „Das muss man jetzt rechtlich auseinanderklamüsern und schauen, was für sie übrig bleibt.“
Reaktionen aus Gmund und Bayrischzell
Es war spannend bis zum Schluss, doch jetzt ist die Entscheidung gefallen: Die Volkshochschule (vhs) Gmund-Dürnbach wird – ebenso wie Bayrischzell – nicht bei der neuen vhs Oberland mitmachen. Bereits einen Tag vor der gestrigen außerordentlichen Mitgliederversammlung des vhs-Kreisverbands in Miesbach haben sich die 19 Kuratoriumsmitglieder gegen den Verschmelzungsvertrag ausgesprochen.
Wie die Gmunder vhs-Vorsitzende Anna-Maria Stark berichtet, stimmten zwar zehn Mitglieder dafür und neun dagegen, „doch für eine Zustimmung zum Vertrag wäre eine Dreiviertel-Mehrheit notwendig gewesen, also 15 Stimmen“. Nachdem sie eine Nacht darüber schlafen konnte, sei sie nun zu dem Schluss gekommen: „Ich habe keinen Grund zum Feiern, aber die Welt bricht auch nicht zusammen.“ Der Verein werde die nächsten Wochen nutzen, um ein Konzept für die Zukunft auszuarbeiten.
Fakt ist: Die vhs Gmund-Dürnbach muss im Herbst ein eigenes Programm auf die Beine stellen und ohne staatlichen Zuschuss auskommen. „Bis dahin geht es ohne Einschränkungen weiter“, sagt Stark. Sie betont, dass Gmund gut gewirtschaftet und ordentliche Rücklagen habe. Mit zuletzt 2700 Doppelstunden stehe man gut da.
Bürgermeister Alfons Besel (FWG) reagiert zurückhaltend auf die Entscheidung: „Es gilt sie zu akzeptieren und die Weichen neu zu stellen.“ Mit dem Gemeinderat müsse nun diskutiert werden, ob ein Beitritt zum Oberland-Verbund dennoch Sinn macht. Er erwarte, dass die vhs klare Ziele formuliert und an die Gemeinde herantritt. „Die Neuorganisation steht an. Da muss klar sein, wer die Verantwortung trägt.“ Zu den möglichen Folgen sagt Besel: „Der alleinige Weg kann entweder Kräfte mobilisieren oder in eine Sackgasse führen.“
Bayrischzells Bürgermeister Georg Kittenrainer (CSU) hatte es kommen sehen. Schon bei der Info-Veranstaltung des Kuratoriums (20 Mitglieder) der Bayrischzeller Volkshochschule waren Vorbehalte gegenüber einem Beitritt zur neuen vhs Oberland zu spüren gewesen. Jetzt hat sich das Gremium tatsächlich gegen den Beitritt entschieden.
Im Verschmelzungsvertrag seien die besonderen Belange der örtlichen Einrichtung offenbar nicht hinreichend berücksichtigt worden, sagt Kittenrainer. Und ein wesentlicher Belang besteht – im Geld. Die Bayrischzeller vhs verfügt über ein durchaus beträchtliches Vermögen, das für die Erwachsenenbildung vor Ort verwendet werden muss. Dass dies auch passiert, wenn das Geld an eine übergeordnete vhs überwiesen wird, sei im Vertrag offenbar nicht garantiert worden. Für den Schritt habe er letztlich Verständnis, sagt der Bürgermeister. „Andererseits ist es schade, weil größere Strukturen manchmal schon Sinn machen.“
Die vhs werde weiterhin ehrenamtlich geführt und ein entsprechendes Bildungsprogramm aufrecht erhalten. Auf Fördergelder – abseits jener der Gemeinde – müsse man wohl verzichten. Das sei wiederum „nicht so dramatisch“.
Von Daniel Krehl