Hofbesuch in Miesbach: Landwirtschaftsministerin stellt Fakten zu Kombinationshaltung klar

Die Angst vor einem Aus der Anbindehaltung treibt auch die Landwirte im Kreis Miesbach um. Jetzt kam Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber zur Aussprache nach Miesbach.
Miesbach – Die Landwirtschaftsministerin fühlte sich wie auf dem falschen Hof. Öko-Bauer Johann Waldschütz erklärte ihr, dass sein Vieh 180 Tage im Jahr draußen auf der Weide steht. Naturland-Fachberater Peter Manusch berichtete, dass sich diese Kombination aus Anbindehaltung und Weidegang auch aus wissenschaftlicher Sicht vor einem Laufstall „nicht verstecken“ müsse. Und Leonhard Obermüller, Landwirt und Vize-Bürgermeister aus Warngau, forderte eine dauerhafte Gleichstellung der beiden Wirtschaftsformen durch die Politik.
Für all das, versuchte Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) in der rund zweistündigen Aussprache auf Einladung der Arbeitsgemeinschaft Ernährung, Landwirtschaft und Forsten der CSU Miesbach auf dem Birknerhof in Miesbach klarzumachen, kämpfe sie seit ihrem Amtsantritt. Umso geschockter sei sie von den Reaktionen auf ihre Regierungserklärung vom Mai dieses Jahres gewesen.
Wie berichtet, hatte Kaniber darin unter anderem angesprochen, dass die ganzjährige Anbindehaltung auf Dauer nicht mehr haltbar sei. Molkereien und der Lebensmitteleinzelhandel würden sich dem Druck der Verbraucher in Sachen Tierwohl beugen und so erzeugte Milch Stück für Stück aus Produktion und Sortiment nehmen. Ein entscheidendes Wort sei dabei in der öffentlichen Diskussion leider untergegangen, ärgerte sich die Ministerin: ganzjährig.
Ministerin: „Habe nie von Verbot gesprochen“
„Ich habe um Gottes Willen niemals von einem Verbot der Kombihaltung geredet“, machte Kaniber nun in der Tenne des Birknerbauern klar. Genauso wenig von einem Zwang zum Laufstallbau. Dass dies so kolportiert worden sei, kreidete die Ministerin unter anderem dem Aktionsbündnis Zivilcourage Miesbach an. Dieses habe mit diesen missverständlichen Begrifflichkeiten gearbeitet und so die Landwirte in Angst versetzt. „Das, liebe Leute, bringt uns nicht weiter“, schimpfte Kaniber. Vielmehr gehe es ihr darum, den Betrieben Planungssicherheit zu geben. Dazu gehöre aber auch, offen und ehrlich über die Entwicklungen auf dem Markt zu sprechen. „Ich schwindle euch nicht an, weil ihr sonst in ein paar Jahren bei mir steht und über schlechte Preise klagt.“
Nebenerwerbslandwirt Georg Eham aus Agatharied, der bekanntlich auch gegenüber unserer Zeitung seine Sorgen zum Ausdruck gebracht hatte, wollte Kaniber nicht so leicht aus der Verantwortung lassen. Es sei nun mal so, dass von ihrer Erklärung vor allem eine Formulierung in der Öffentlichkeit hängen geblieben sei: der „Einstieg in den Ausstieg aus der Anbindehaltung“. Damit sei die Ministerin zur „Ikone des Lebensmittelhandels“ geworden. „Wir Landwirte wissen, dass das so nicht gemeint war. Aber die Verbraucher wissen es nicht“, kritisierte Eham. Die Reaktionen aber würden die Bauern voll zu spüren bekommen. „Wie beim Volksbegehren zum Artenschutz.“
Landwirte wollen Differenzierung
Die Landwirte beließen es aber nicht bei Kritik. Sie machten auch Vorschläge, um die Kombihaltung wieder „salonfähig“ zu machen, wie es Kreisbäuerin Marlene Hupfauer formulierte. Die Politik müsse aktiv dafür Werbung machen. Wiederholt fiel das Wort „Differenzierung“, also Abgrenzung von der ganzjährigen Anbindehaltung. Naturland-Fachberater Manusch riet dazu, die Bezeichnung Kombihaltung erst ab einem Weidegang von mehr als 120 Tagen im Jahr zu verwenden.
Für den Erhalt der Kombihaltung sprachen sich auch zwei Vertreter des Landratsamtes aus: Josef Faas von der Unteren Naturschutzbehörde lobte deren positiven Einfluss auf das Landschaftsbild, Kreisbaumeister Christian Boiger ihren Beitrag zum Erhalt dörflicher Strukturen. „Bei einem Zwang zum Laufstallbau würden wir unsere Orte nicht mehr wiedererkennen“, warnte Boiger. Es gebe aber auch Alternativen wie den Umbau von bestehenden Ställen. Diesen kleinen Lösungen stünden leider oft die strengen Auflagen im Weg, entgegnete BBV-Kreisobmann Johann Hacklinger. Auch hier beschwichtigte Kaniber: Die zuständigen Ministerien würden an Erleichterungen arbeiten.
Doch auch die Landwirtschaftsministerin äußerte einen Wunsch an die Bauern: „Lasst uns miteinander kämpfen, statt Stimmung zu machen. Ich stelle mich der Debatte – tut ihr es auch.“
sg