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Für Bus und Zug: Kommt ein Tarifverbund von München bis Bayrischzell?

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Von: Stephen Hank

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Ein Beitritt des Landkreises zum MVV wird immer wahrscheinlicher. Bis es zu Verbesserungen bei Bus und Bahn kommt, wird es aber mindestens noch drei Jahre dauern.
MVV-Tickets im gesamten Oberland? Das wäre ein Vorteil des Beitritts zum Verkehrsverbund. © dpa

Ein Beitritt des Landkreises zum MVV wird immer wahrscheinlicher. Bis es zu Verbesserungen bei Bus und Bahn kommt, wird es aber mindestens noch drei Jahre dauern.

Landkreis – Es dürfte einer seiner angenehmeren Auftritte vor einem Kreisgremium gewesen sein. Anstatt sich für die Versäumnisse der Bayerischen Oberlandbahn (BOB) rechtfertigen zu müssen, referierte deren früherer Geschäftsführer Bernd Rosenbusch im Kreisausschuss über den Münchner Verkehrs- und Tarifverbund (MVV). Seit Oktober ist der 46-Jährige dort Geschäftsführer. Der Landkreis beabsichtigt, ebenso wie der Nachbar Bad Tölz-Wolfratshausen, dem Verbund beizutreten. Eine grundsätzlich politische Entscheidung, wie Rosenbusch betonte: „Das ist heute keine Verkaufsveranstaltung, ich habe davon nichts.“

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Bernd Rosenbusch, MVV-Geschäftsführer.

Rosenbusch erläuterte die Struktur des MVV und die Vorteile, die sich durch einen Beitritt für den Landkreis und seine Bevölkerung ergäben. Demnach wären eine Vereinheitlichung der Tarife über Landkreis-Grenzen hinweg, eine verlässliche Anbindung des Busverkehrs an die Schiene und eine Entlastung der stark frequentierten P+R-Parkplätze zu erwarten. „Es ist jetzt die politische Herausforderung, mit der Staatsregierung über die Kostenaufteilung zu diskutieren“, sagte Rosenbusch. Der Zeitpunkt sei günstig. So beabsichtigte die Regierung, den Öffentlichen Personennahverkehr im Freistaat künftig in maximal neun Verkehrsverbünden zu bündeln und zu organisieren.

Konstruktive Gespräche mit Nachbarlandkreis

Landrat Wolfgang Rzehak (Grüne) bestätigte das. „Wir müssen das Momentum nutzen, ich hoffe auf einen kräftigen finanziellen Beitrag des Freistaats“, sagte er. Mit dem Tölzer Nachbarlandkreis liefen bereits konstruktive Gespräche, schließlich mache nur ein gemeinsamer Beitritt Sinn. Er nahm aber auch die Fraktionen finanziell in die Pflicht. „Ich verlasse mich jetzt auch auf diejenigen, die in der Vergangenheit gesagt haben, der MVV-Beitritt habe Priorität“, betonte er in Richtung CSU. Die Fraktion hatte bereits im April vergangenen Jahres in einem Antrag gefordert, die Vor- und Nachteile eines MVV-Beitritts näher zu beleuchten.

Finanziellen Beitrag von Freistaat rasch klären

Aus der Runde kam dann auch uneingeschränkt Zustimmung. „Wir müssen jetzt Nägel mit Köpfen machen“, bestätigte CSU-Fraktionssprecher und Kreuths Bürgermeister Josef Bierschneider. Er hoffe auf eine schnelle Klärung, in welchem Umfang sich der Freistaat finanziell beteiligt. „Es wird allerhöchste Zeit“, betonte auch Otterfings Bürgermeister Jakob Eglseder (CSU). Seine Gemeinde im S-Bahn-Bereich leide seit Jahren darunter, dass der Landkreis nicht dem MVV angehört. „Unsere Leute zahlen derzeit die Tickets der Münchner mit“, klagte er.

Freilich habe ein Beitritt auch finanzielle Auswirkungen für den Landkreis – im Raum stehen rund 2,2 Millionen Euro pro Jahr –, man müsse jetzt aber den ersten Schritt machen, so Fischbachaus Bürgermeister Josef Lechner (CSU). Und: „Wir müssen uns heute schon darauf einstellen, dass wir die Leute in unseren Gemeinden mit Bussen zum Bahnhof und zurück bringen.“ Das schließlich sei die Hauptidee eines Verkehrsverbunds, erinnerte Rosenbusch: „Dass die Leute grundsätzlich weniger mit dem Auto fahren.“

„Brauchen besseren Takt und mehr Sitzplatzkapazitäten“

Elisabeth Janner (Grüne) zeigte sich von der Idee grundsätzlich überzeugt, sah in einem Beitritt aber keinen Sinn, so lange die Züge nicht öfter fahren und mehr Sitzplatzkapazitäten bieten. „Bevor das nicht passiert, können wir uns das andere schenken“, stellte sie klar. Rosenbusch machte ihr diesbezüglich Hoffnungen. Zum einen böten die bereits bestellten neuen Züge für die Oberlandbahn in Summe 35 Prozent mehr Kapazität. Zum anderen habe der Freistaat mittlerweile die Bedeutung des Bahnnetzes im Oberland erkannt und zu erkennen gegeben, dass Takt und Anzahl der Züge ausgeweitet und die Infrastruktur verbessert werden müssten. „Es ist aber ein politisches Thema, das immer wieder einzufordern“, appellierte MVV-Geschäftsführer Rosenbusch an die Kommunalpolitiker.

Abfuhr für Studie zu Parkplatzsituation und Mietpreisen

Wenig hielt die Runde von Norbert Kerkels Vorschlag, eine Studie in Auftrag zu geben, die die Auswirkungen eines MVV-Beitritts beispielsweise auf die Parkplatzsituation an den Bahnhöfen und die Mietpreise beleuchtet. „Uns fehlen hier wesentliche Daten“, begründete der FWG-Fraktionssprecher den Vorstoß. Robert Wiechmann (Grüne) hielt das für überflüssig: „Natürlich wird ein attraktiver Nahverkehr Auswirkungen haben. Wir sollten uns aber auf die wesentlichen Punkte konzentrieren.“

Entscheiden muss Ende März der Kreistag. Der Kreisausschuss zumindest empfahl einstimmig, dass Landrat und Verwaltung beauftragt werden, mit dem MVV über einen Beitritt zu verhandeln. Nach Rosenbuschs Worten sei ein Einstieg frühestens Ende 2022 möglich. Recht viel mehr Zeit will sich die Politik offenbar auch nicht lassen. „Wir sollten die Sache“, sagte Paul Fertl (SPD), „ambitioniert angehen.“

Der MVV bereitet einen Großversuch zur Einführung eines Streckentarifs vor. Ab März 2020 sollen 10 000 MVV-Gelegenheitsfahrer an einem Großversuch teilnehmen.

sh

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