Enorme Mehrheit für "Mittelstufe Plus"

Miesbach - Die Schüler haben gesprochen: Eine große Mehrheit meldete sich am Gymnasium Miesbach für die neue „Mittelstufe Plus“ an. 70 Prozent wollen das Pilotprojekt mit neunjährigem Gymnasium.
Miesbach – Dieser Ansturm hat selbst Rainer Dlugosch als glühenden Fan überrascht: „Wir haben eine schöne, satte, überwältigende Mehrheit für die ,Mittelstufe Plus‘“, sagt der Direktor des Gymnasiums Miesbach. 82 von 116 Schülern wählten das neue Angebot. Die Anmeldung lief bis Mittwoch, am Freitag lag das Ergebnis vor.
Das Gymnasium in der Kreisstadt hatte als eines von insgesamt 47 in Bayern vom Kultusministerium den Zuschlag für das Modellprojekt bekommen, das ein zusätzliches Jahr in der Mittelstufe vorsieht (wir berichteten). Die „Mittelstufe Plus“ bietet eine Entschleunigung des Lehrstoffs wegen der vier- statt dreijährigen Mittelstufe und nahezu keinen Nachmittagsunterricht mehr – wegen dieser neunjährigen Gymnasialzeit heißt das Profil auch „G9 light“. Die zweijährige Testphase startet im kommenden Schuljahr.
Das enorme Interesse für das Modell hatte sich in Miesbach in den vergangenen Wochen bereits angekündigt: Den Info-Abend für Eltern und Schüler der vier siebten Klassen – die verlängerte Mittelstufe beginnt in der achten Klasse – besuchten vor den Osterferien mehr als 130 Personen. „Die ganze Aula war voll“, berichtet Dlugosch. Und erzählt, dass auch der Zuspruch sehr hoch war, als die Lehrer bei den Siebtklässlern nachfragten, wer denn die „Mittelstufe Plus“ wählen möchte.
Weil bei der tatsächlichen Anmeldung 70 Prozent die „Mittelstufe Plus“ gegenüber dem G8 bevorzugten, ergibt sich nun folgende Klassenaufteilung: drei G9-Klassen und eine G8-Klasse. Dlugoschs Traum wären jeweils zwei Klassen gewesen. „Das wäre eine wunderbare Pari-Situation gewesen“, erklärt er. Immerhin sei es auch die Aufgabe des Pilotprojekts, eine Vergleichssituation mit G8 und G9 nebeneinander zu schaffen, um aussagekräftige Ergebnisse zu erhalten. Zufrieden ist der Schulleiter trotzdem: „Beide Schultypen sind jetzt vertreten.“
Doch diese Vielseitigkeit sei auch mit einem massiven organisatorischen Aufwand und Unwägbarkeiten verbunden. Man könne zwar beide Ausbildungszweige, den naturwissenschaftlich-technologischen und den sprachlichen, halten, müsse diese aber im Stundenplan geschickt koppeln. Und: „Die G8-Klasse ist mit 33 Schülern schon auf Kante genäht.“
Als Watschn für das G8 empfindet der Direktor die Entscheidung übrigens nicht. Trotz Einbußen. „Es geht darum, nach Alternativen zu suchen, um einen geeigneten Ausbildungsweg für die Schüler zu ermöglichen.“ Die Folge sei ein „Gymnasium der zwei Geschwindigkeiten: mit einem Turbo-Weg und einem entschleunigten Weg“. Beides für Dlugosch gangbare Wege, der sich über die Flexibilität freut. „Die Vor- und Nachteile werden sich zeigen.“ Das Gymnasium meldet seine Zahlen nun an das Kultusministerium – als statistische Grundlage für die weitere Planung. Darüber hinaus steht laut Dlugosch demnächst ein Treffen aller regionalen Projektbetreuer an, „um inhaltlich zusammenzuarbeiten und die Stundentafeln zu optimieren“.
Dringlichkeitsantrag im Landtag
Die Fraktion der Freien Wähler (FW) hat auf Initiative von Florian Streibl, Landtagsmitglied und parlamentarischer Geschäftsführer der FW im Landtag, einen Dringlichkeitsantrag an den Bayerischen Landtag gestellt. Darin fordern die Politiker, zu gewährleisten, dass alle Anmeldungen für die neue „Mittelstufe Plus“ mit ihrem neunjährigen Gymnasium berücksichtigt werden. Hintergrund: An einigen zum Pilotprojekt zugelassenen Gymnasien wie Miesbach und Geretsried sei das Interesse so groß, dass die eingeplanten Kapazitäten möglicherweise nicht ausreichen. „Es darf jedoch keinesfalls so weit kommen, dass Eltern und Schüler, die sich bewusst für mehr Zeit zum Lernen und Leben entscheiden, abgewiesen werden“, sagt Streibl.
Dieses Problem besteht zumindest am Miesbacher Gymnasium nicht. „Wir haben nicht die Not, Schüler abweisen zu müssen“, erklärt Direktor Rainer Dlugosch auf Nachfrage unserer Zeitung. Die Schule war aber für diesen Fall sicherheitshalber gerüstet. „Bei der Anmeldung haben wir von den Eltern auch eine pädagogische Begründung gefordert, warum sie das Modell wählen."