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„Münchner Wohnsilo-Architektur“: Harte Kritik an Planung zum neuen Landratsamt

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Von: Dieter Dorby

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Das neue Landratsamt ist optisch am ehemaligen Landwirtschaftsamt angelegt – und damit ohne Dachüberstand. Auf dem Dach des dahinter liegenden Bauwerks ist eine aufgeständerte Photovoltaikanlage vorgesehen.	Animationen: karlundp
Das neue Landratsamt ist optisch am ehemaligen Landwirtschaftsamt angelegt – und damit ohne Dachüberstand. Auf dem Dach des dahinter liegenden Bauwerks ist eine aufgeständerte Photovoltaikanlage vorgesehen. © karlundp

Der Ersatzbau des Landratsamts an der Münchner Straße in Miesbach nähert sich dem Ende der Planungsphase. Doch bevor es grünes Licht für den Baubeginn gibt, braucht es die Zustimmung der Stadt. Am Donnerstagabend sollte der Bauausschuss dem vorgelegten Fassaden- und Farbkonzept seine Zustimmung geben, doch die bekam das Projekt noch nicht.

Wie Architekt Ludwig Karl, Geschäftsführer des Münchner Planungsbüros Karlundp, den Ausschussmitgliedern erklärte, habe man bewusst eine Zäsur geschaffen, um das an der Münchner Straße gelegene Haus, das das Gebäude des ehemaligen Landwirtschaftsamts ersetzt, vom neuen rückwärtigen Komplex abzugrenzen. Vorne setze man auf drei Geschoße, Satteldach und hellen Farbputz, hinten auf zwei Geschoße, Flachdach und Holzfassade. Die anschließenden Wohnhäuser mit zwei Baukörpern greifen den Stil des vorderen Behördengebäudes auf, die Wohnnutzung lässt sich aber durch die Balkone erkennen. Insgesamt, so stellte Karl fest, habe man sich an die Vorgaben des Bebauungsplans gehalten.

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Schon bei der ersten Wortmeldung seitens der Ausschussmitglieder war klar, was die größte Hürde für das Projekt sein wird: der fehlende Dachüberstand. „Ein Vordach schützt die Fassade“, gab Alois Fuchs (CSU) zu bedenken. „Zumindest ein wenig Vorsprung wäre gut.“

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Deutlicher wurde Fuchs beim Rückgebäude. Denn auf den 1000 Quadratmetern des Flachdaches, auf dem auch eine 100 Quadratmeter große Terrasse vorgesehen ist, sind auf den restlichen 900 Quadratmetern eine Begrünung sowie Paneele einer Photovoltaikanlage geplant – und zwar aufgeständert. „Tut mir leid“, stellte Fuchs fest. „Das geht gar nicht.“ Lieber sei es ihm dann, die Anlage auf ein Satteldach zu setzen.

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Landratsamtsmitarbeiterin Jessica Lauterbach, mit der Abteilungsleiterin Maria Rode das Projekt im Ausschuss moderierte, betonte, dass das Landratsamt als Behörde verpflichtet sei, eine solche Anlage aufs Dach zu bauen. „Und es wird so aufgeständert, dass es von unten nicht sichtbar ist.“ Was Bauamtsleiter Lutz Breitwieser bestätigte: „Da muss einer schon ganz weit nach hinten gehen, damit er was sieht.“

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Auch Michael Lechner (FWG) kritisierte den fehlenden Dachüberstand. „Wir leben in einer regenreichen Region“, stellte er fest. Daher sei es unverständlich, auf diesen Schutz zu verzichten. Zudem befand er, dass die Dachlandschaft mit je einem Flachdach, einem steilen und einem flachen Dach unruhig sei. In der vorgelegten Planung sah er mehrere Sonderwege. „Ich habe wenig Verständnis, wenn man bei großen Bauten von dem abweicht, was man vom Bürger fordert“, sagte Lechner. „Der Bürger nimmt das wahr.“ Deshalb finde die Planung nicht seine Unterstützung.

Die neuen Wohnungen haben ebenfalls keinen Dachüberstand. Zudem wurden die französischen Balkone, die bodentiefe Fenster ermöglichen, im Bauausschuss kritisiert.
Die neuen Wohnungen haben ebenfalls keinen Dachüberstand. Zudem wurden die französischen Balkone, die bodentiefe Fenster ermöglichen, im Bauausschuss kritisiert. © karlundp

Seinen Fraktionskollege Florian Ruml irritierte dagegen, dass die Fenster zur Münchner Straße „irgendwie versetzt“ seien. Planer Karl bestätigte dies und verwies auf die „sehr große“ Fassade: „Das ist ein gestalterisches Element.“ Man wolle nicht monoton vorgehen. Rumls Kommentar: „Wir hatten auch schon Planungen, die der Kreisbaumeister geändert hat.“ Wie seine Vorredner machte sich auch Ruml für ein Vordach stark: „Wir wollen keine Architektur der Beliebigkeit, die auch in Haar oder einem anderen Vorort von München stehen könnte.“ So seien auch die französischen Balkone an den Wohnhäusern „nicht ortsüblich bei uns“, sondern eher „Münchner Wohnsilo-Architektur“.

Nachbesserungen gefordert

Während der Architekt darauf verwies, dass so die Räume gut belichtet werden, merkte Hedwig Schmid (SPD) an, dass die obersten Balkone ohne Dachüberstand eh nicht zu nutzen seien. Dem schloss sich Bürgermeister Gerhard Braunmiller (CSU) an: „Mit dem Ersatzbau kann ich gut leben, aber über die Wohngebäude müssen wir reden.“

„Wiedervorlage zwingend notwendig“

Für das weitere Vorgehen hielt Lechner „eine Wiedervorlage für zwingend notwendig“. Man könne hier dem Bürgermeister bei etwaigen Änderungen keine freie Hand lassen – „wir müssen an die Bürger denken“. Während Lauterbach anmerkte, man könne bereits zur nächsten Sitzung des Stadtrats am 10. November wieder kommen, verwies Braunmiller auf den nächsten Bauausschuss am 8. Dezember – ein Zeitplan, den Ruml mit Blick auf eine „Behördenamtshilfe“ zur Disposition stellte: „Der Frau Rode ist das zu spät.“ Braunmiller zeigte Einsicht. Der Termin zur nächsten Vorlage wird auf kurzem Dienstweg geklärt.

ddy

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