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Bei Ettal ist ein Bär fotografiert worden. Kommt er jetzt auch zum Spitzing? Im Rahmen unserer Zeitungskolumne „Was mich bewegt“ hat sich unser Autor Stephen Hank Gedanken gemacht
Sie wollen das vielleicht nicht hören, aber wir steuern geradewegs auf den Winter zu. Ich habe da so eine Ahnung. Die Königskerze bei Freunden im Garten hatte gerade ihre Wetterregel – nur zwei Tage, bevor sie unter einem Berg Brennholz begraben wurde. Ich könnte ein Wintergedicht daraus stricken, wenn ich wollte. Aber ich habe anderes zu tun. Mir angesichts der aktuellen Wildtier-Sichtung nahe Ettal Gedanken über den Bären zu machen beispielsweise.
Der Bär! 13 Jahre ist es jetzt her, dass Bruno am Spitzing abgeschossen wurde. Der Vollständigkeit halber muss ich erwähnen, dass es sich nicht um das Vögelchen Bruno handelt, über das ich Ihnen früher im Rahmen dieser Kolumne berichtet habe. Die Namensgleichheit ist reiner Zufall, so wie es reiner Zufall ist, dass jetzt wieder ein Bär in den Bayerischen Alpen aufgetaucht ist. Zwar noch etliche Kilometer vom Spitzingsee entfernt, aber Bären sind erstaunlich gut zu Fuß.
Nennen wir ihn mal Ludwig
Der Bär – nennen wir ihn mit Blick auf seinen Besuch bei Schloss Linderhof Ludwig – könnte morgen schon hier sein. Diesmal ist die Gegend vorbereitet. Ein Beispiel: Die ATS hat ihre Wanderbeschilderung fertig. Ludwig findet also problemlos nach Österreich zurück. Damit ist er auch nicht auf die Bahn angewiesen, die bei zu viel Schnee ohnehin nicht fährt. Man mag sich das auch gar nicht vorstellen: Ein Bär, der Zug fährt – und dann womöglich den Ausstieg verpasst, weil er narkotisch in den Winterschlaf fällt.
Ludwig wäre außerdem zu Gast in der Modellregion Naturtourismus. Hier gibt es Ranger, die Wanderer und Biker gezielt auf Fehlverhalten ansprechen. Man könnte sie auf Bären konditionieren. Und er fände Aufnahme bei den vielen Kräuterpädagogen. Die sind immer auf der Suche nach neuen Formaten. Bären statt Beeren quasi. Sofern Ludwig nicht in die Spur kommt, kann man ihm immer noch einen Brief schreiben. So wie US-Präsidenten Briefe an türkische Präsidenten schreiben. Man muss den Brief nur ähnlich schlicht halten, weil Ludwig ihn sonst nicht versteht. Ludwig ist ja noch ein Kind.
Brief an den Bärsidenten
Lesen würde sich das dann in etwa so: „Sehr geehrter Herr Bärsident, lieber Ludwig, lassen Sie uns einen guten Deal machen! Sie wollen nicht für den Tod von Tausenden Schafen verantwortlich sein, und ich will nicht für Ihre Zerstörung verantwortlich sein. Ich habe hart daran gearbeitet, einige Ihrer Probleme zu lösen. Lassen Sie den Landkreis nicht im Stich.“ Und dann: „Die Geschichte wird wohlwollend auf Sie blicken, wenn Sie das auf eine richtige und humane Weise hinbekommen. Sie wird Sie für ewig als Teufel betrachten, wenn nicht gute Dinge passieren.“ Und natürlich ganz wichtig: „Geben Sie nicht den harten Kerl. Seien Sie kein Narr! Ich rufe Sie später an.“
Ich hoffe für Ludwig, er hat ein Handy. Und Empfang in den Bergen.
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