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Gas-Abhängigkeit von Russland: Ingenieur nennt Extrembeispiel - und erklärt Lösungswege

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Von: Jonas Napiletzki

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Gasheizungen werden rechnerisch etwa zur Hälfte von Russland gespeist. Ein kurzfristiger Austausch ist nicht überall möglich – Einsparungen aber schon.
Gasheizungen werden rechnerisch etwa zur Hälfte von Russland gespeist. Ein kurzfristiger Austausch ist nicht überall möglich – Einsparungen aber schon. © Thomas Plettenberg

Während des Ukraine-Konflikts gerät auch Deutschlands Gas-Abhängigkeit von Russland in den Fokus. Ingenieur Thomas Böttler aus Miesbach erklärt, was dagegen getan werden kann.

Landkreis – Fossile Energieträger wie Gas und Öl werden zunehmend unberechenbar. Sowohl preislich als auch in der Versorgungssicherheit. Wie steht’s um die Versorgung im Landkreis? Und was kann kurz-, mittel- und langfristig gegen die Abhängigkeit von Russland getan werden?

Ukraine-Konflikt: Gas-Abhängigkeit von Russland - „Bekommen Quittung für Versäumnisse“

Thomas Böttler arbeitet freiberuflich für das Ingenieurbüro Est in Miesbach. Der Diplom-Ingenieur sagt auf Nachfrage: „Wir bekommen jetzt die Quittung der Versäumnisse der vergangenen 30 Jahre.“ 50 Prozent des Erdgases stehe auf dem Spiel. Die Energiewende – lange geplant – sei nicht passiert.

„Das ist mein Fazit – ohne Häme.“ Zwar stünde der Landkreis nicht vor einem Scherbenhaufen. „Aber das was an Energiewende geschaffen wurde, ist erbärmlich im Vergleich dazu, was man hätte tun können.“ Photovoltaik und Windräder könnten niemals so flott ausgebaut werden, wie es jetzt erforderlich wäre. Eben deshalb sei das Problem so komplex.

Ukraine-Krieg: Gas aus Russland - Pelletheizung laut Ingenieur sinnvoll

„Ich habe selbst eine Gasheizung“, sagt Böttler. 20 Jahre alt, kurz vor dem Ende ihrer Laufzeit. Damit ist der Ingenieur nicht alleine. 233 Gas-Hausanschlüsse wurden der Energie Südbayern (ESB) zufolge im Jahr 2021 im Bereich der Betriebsstelle Hausham neu gebaut. „Damit konnte nur in dieser Region eine CO2-Menge von mehr als 700 Tonnen pro Jahr durch den Wegfall alter Ölheizungen eingespart werden“, schreibt eine ESB-Sprecherin. Aber: „Gas spart nur etwa 30 bis 35 Prozent CO2 im Vergleich zu Ölheizungen ein“, sagt Böttler.

Klimafreundliche Alternativen gibt es viele, aber sie passen nicht überall. Pelletheizungen würden zwar vom Weltklimarat nicht als Lösung empfohlen. „Aber die Empfehlung bezieht sich auf die ganze Welt.“ Hier in der Region sei indes das Potenzial an Restholz „noch lange nicht erschöpft“. Jedoch bräuchten die Anlagen viel Platz, der nicht überall verfügbar sei.

Photovoltaik-Anlagen und Solarthermie etwa hätten sehr viel Potenzial, ebenso wie Windräder, die „politisch verhindert“ worden seien. Man müsse sich eben überlegen, ob man sich die 10H-Regelung noch leisten könne, meint der Ingenieur.

Wege aus der Gas-Abhängigkeit von Russland - Sanierungen bieten großes Potenzial

Solar habe derweil „ein Loch im Winter“, das aber mit Biokraft, Speichertechnologien und Geothermie gestopft werden könne. „Die Speicher sind technologisch noch nicht ganz ausgereift.“ Was also tun gegen die Abhängigkeit? Wirklich schnelle Lösungen nennt auch der Ingenieur nicht. Denn selbst wer kurzfristig auf erneuerbare Energien setzen will, bekomme Böttler zufolge keinen Handwerker.

Eine Lösung aber hat der Experte auf Lager: „Wir müssen Altbauten sanieren.“ Im Landkreis seien 80 bis 85 Prozent der Gebäude Altbestand, also im vergangenen Jahrtausend gebaut. Würde man die energetisch sanieren, könne man den Anteil des Gases, der aus Russland kommt, „locker einsparen“.

Hier müsse jedoch darauf geachtet werden, dass es nicht zum Rebound-Effekt kommt, also in Folge der Einsparungen wieder mehr Energie verbraucht werde, etwa durch eine quantitative Erhöhung der Verbraucher. Weil auch Sanierungen nicht sofort möglich sind, mahnt Böttler zur Sparsamkeit, etwa bei Außenbeleuchtungen. „Wir müssen den Gürtel enger schnallen.“ Wenn es blöd laufe, dann könne man im nächsten Winter nur das halbe Haus beheizen. „Das ist ein Extrembeispiel, war früher aber auch nicht anders.“

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