Umstrittener Viehtransport: Tierschützer üben harsche Kritik und fordern Verbot

Die per Gericht erzwungene Erlaubnis eines Viehtransports von Miesbach nach Kasachstan ruft auch die Tierschützer auf den Plan. Sie kritisieren die Entscheidung scharf.
Miesbach – Die Aktualität hat Johanna Ecker-Schotte überholt – und das gleich drei Mal in Folge. Erst musste die Vorsitzende des Tierschutzvereins Tegernseer Tal die für Mai 2020 in Kooperation mit der Animal Welfare Foundation (AWF) und dem Bayerischen Bauernverband (BBV) geplante Veranstaltung zum Thema Tiertransporte wegen Corona absagen, dann platzte pandemiebedingt auch der Nachholtermin im November.
Am Donnerstag folgte dann ein weiterer Tiefschlag: Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof zwang das Miesbacher Veterinäramt, den Transport von 31 trächtigen Kalbinnen von Miesbach über Ungarn nach Kasachstan freizugeben – trotz Zweifel an der Einhaltung des Tierwohls (wir berichteten).
„Wir sind extrem verärgert und enttäuscht, dass gerade der Miesbacher Zuchtverband diesen umstrittenen Transport auf den Weg gebracht hat“, teilt Ecker-Schotte in einer Stellungnahme mit. Das Gericht habe das wirtschaftliche Interesse des Transporteurs offensichtlich höher bewertet. Die Folge: Was nach der von Kasachstan vorgeschriebenen 30 Tage dauernden Quarantäne in Ungarn passiert und ob diese überhaupt eingehalten wird, könne man nun nicht mehr nachverfolgen, meint Ecker-Schotte. Ebenso wenig, ob die in einer EU-Verordnung festgesetzten Temperaturvorgaben von null bis 30 Grad mit einer Toleranz von fünf Grad bei einer winterlichen Fahrt nach Kasachstan nicht unterschritten werden. Ferner sei der EU-Kommission seit längerer Zeit bekannt, „dass die Umsetzung der EU-Tierschutztransportverordnung in Ungarn problematisch ist und in Frage gestellt wird“. Damit handle es sich bei der Entscheidung des Gerichts „selbstverständlich um ein Schlupfloch für das Transportunternehmen“.
Den Vorstoß von Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber, auf EU-Ebene einheitliche Regeln für Tiertransporte in Drittländer aufzustellen, begrüßt Ecker-Schotte. Seit 2002 sei der Tierschutz als Staatsziel im Grundgesetz verankert. Der neue Erlass des Bayerischen Umweltministeriums aus dem Oktober 2020 sollte genau verhindern, dass eine Verschlechterung des Tierschutzes bei besagten Exporten billigend in Kauf genommen würden. Die EU-Transportregelung stamme aus dem Jahr 2005 und müsse dringend neu erarbeitet werden. „Tiertransporte in außereuropäische Drittstaaten über Tage und Wochen müssen der Vergangenheit angehören“, fordert Ecker-Schotte. Vor allem in der Öko-Modellregion Miesbacher Land.
Auch für den Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbands, Johann Hacklinger, ist der Tierwohl das oberste Kriterium. Von einem generellen Verbot hält Hacklinger aber nichts. „Wir Landwirte brauchen auch diese Märkte.“ Vielmehr müssten die Transporte genau überwacht und transparent dokumentiert werden, um die Einhaltung des Tierschutzes sicherstellen zu können. „Schwarze Schafe“ müssten aus dem Verkehr gezogen werden, stellt Hacklinger klar. Generell sei es aber besser, direkte Transporte zuzulassen. „Dann kann man den gesamten Ablauf kontrollieren.“
sg