Bauwahn in Neuhaus: Gemeinderat beschließt Veränderungssperre

Immer mehr, immer dichter: Die Bauvorhaben in Neuhaus nehmen kein Ende. Am Dürnbach hat der Gemeinderat jetzt einen Riegel vorgeschoben und eine Veränderungssperre erlassen.
Schliersee – Lockere Bebauung ziert die Grundstücke südlich des Dürnbachs in Neuhaus. Noch. Denn die Signale mehren sich, dass sich hier bald mächtig was tun könnte. Die Marktgemeinde habe Kenntnis darüber, dass die Eigentümer dreier Grundstücke an der Waldschmidtstraße eine „maximale Bebauung“ beabsichtigen würden, erklärte Bauamtsleiterin Birgit Kienast nun im Gemeinderat. Um einer unkontrollierten Entwicklung in diesem Gebiet vorzubeugen, empfahl sie die Aufstellung eines Bebauungsplans und – zur zwischenzeitlichen Sicherung – eine Veränderungssperre.
Die Sorgen der Verwaltung beziehen sich nicht allein auf die genannten Grundstücke. Vielmehr könnten Mehrfamilienhäuser an dieser Stelle indirekt auch auf den anderen Anwesen südlich des Dürnbachs eine Verdichtung begünstigen, erklärte Kienast. Ohne Bebauungsplan gelte im Innenbereich Paragraf 34 des Baugesetzbuchs. Der besagt – vereinfacht ausgedrückt – dass sich ein Vorhaben in die umliegende Bebauung einfügen muss und sich folglich an größeren Bauten orientieren kann. „Sofern Mehrfamilienhäuser genehmigt werden, würden diese auf die Umgebung wirken“, sagte Kienast.
Dass der Baudruck in fast ganz Neuhaus steigt, zeigen weitere Beispiele in unmittelbarer Nähe. So liegen der Gemeinde ein Vorbescheid für zwei Einfamilienhäuser an der Grünseestraße und ein Antrag auf Vorbescheid für vier Wohnhäuser mit sechs Garagen vor. Erschwerend kommt hinzu, dass eine Klage vor dem Verwaltungsgericht auf Errichtung eines Einfamilienhauses südlich des Dürnbachs recht erfolgreich war (wir berichteten). In seiner Entscheidung führte das Gericht aus, „dass das Grundstück dem Innenbereich zuzuordnen ist und der Dürnbach keine trennende Wirkung entfaltet“.
Bürgermeister Franz Schnitzenbaumer (CSU) teilte die Bedenken. Er habe einen Entwurf für das Vorhaben an der Waldschmidtstraße gesehen: „Das schaut aus wie Geschosswohnungsbau.“ Mit entsprechenden Folgen für die benachbarten Grundstücke, wo baulich auch noch „was auszureizen“ sei.
Dass es bis heute keinen Bebauungsplan für den Bereich gibt, liegt an einer komplexen Vorgeschichte, die Schnitzenbaumer kurz aufrollte. So habe sich der Gemeinderat vor längerer Zeit zu einem Planentwurf für eines der Grundstücke durchgerungen. Damals seien hier nur Einfamilienhäuser vorgesehen gewesen. Wegen Probleme mit der Erschließungsstraße sei das Vorhaben geplatzt. Letztlich signalisierten zwei Grundeigentümer an der Waldschmidtstraße, dass sie eine dichtere Bebauung wünschen. Just diese Pläne scheinen nun vorangetrieben zu werden. Derweil scheiterte ein erneuter Anlauf für einen Bebauungsplan am Gemeinderat.
„Das war ein Fehler“, sagte Schnitzenbaumer. Er habe schon damals vor den Folgen einer scheibchenweisen Genehmigung über Paragraf 34 gewarnt. Michael Dürr (PWG) erinnerte daran, dass ein Teil des Grundstücks zwischenzeitlich nochmals im Gespräch war. „Warum ist das nicht behandelt worden?“, wollte er wissen. Eine Negativplanung – also ein Ausschluss von Bebauung ohne ein konkretes Vorhaben – sei nicht möglich, antwortete Schnitzenbaumer. Jetzt sei aber die Chance gekommen, die städtebauliche Entwicklung südlich des Dürnbachs vernünftig zu regeln.
Das überzeugte auch die Gemeinderäte. Die Beschlüsse für die Veränderungssperre und die Aufstellung des Bebauungsplans „Dürnbach“ fielen einstimmig. „Da warst du damals gescheiter als wir“, räumte Gerhard Waas (Grüne) schmunzelnd in Richtung des Bürgermeisters ein. Gerhard Weitl (SPD) ergänzte: „Heute korrigieren wir was, und das freut mich.“
Der Bereich am Dürnbach kann als beispielgebend für ganz Neuhaus gelten. Seit geraumer Zeit sieht sich das Rathaus im ganzen Ortsteil Wünschen nach größerer und dichterer Bebauung ausgesetzt. Teils kommt der Bauausschuss dem nach, teils empfiehlt er dem Gemeinderat ein Bebauungsplan-Verfahren.