Museums-Anbau für Kindergarten in Schliersee eingeweiht - architektonischer Wurf

Mit der Einweihung des Anbaus ans Heimatmuseum haben die Schlierseer auch den ersten Schritt auf dem Weg zu einer neuen Dorfmitte gefeiert. Ganz nebenbei gelang ihnen ein architektonischer Wurf.
Schliersee – Der neue Anbau an das Schlierseer Heimatmuseum an der Lautererstraße ist ein fraglos faszinierender Hingucker. Und das nicht nur, wenn – wie am Samstag – davor die Musik aufspielt, Brotzeitstandl, Tische und Bänke aufgebaut sind und sich der ganze Ort zum Feiern versammelt hat. Der lichte Bau mit seinen großen Fenstern und den hellen Holzlamellen, die sich elektrisch zum Holzmantel eines klassischen Bauernhofes schließen lassen, ist ein einnehmender Brückenschlag zwischen Historie und Gegenwart und ein Statement der Gemeinde für die Zukunft. Und er ist das Ergebnis eines langen Ringens um Identität.
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Wie Bürgermeister Franz Schnitzenbaumer bei seiner Begrüßung erinnerte, hat sich Schliersee über Jahre hinweg Gedanken gemacht, was mit diesem Ort, an dem einst das architektonisch unschöne Postamt stand, geschehen soll. Die Gemeinde habe ihr Vorkaufsrecht genutzt und den hässlichen Betonbau abgerissen, sodass erst einmal nur eine weiße Wand das Heimatmuseum abschloss. Bei einer Bürgerbefragung im Nachgang des Bürgerentscheids zum Schulstandort 2009 wurde klar, dass das Areal künftig öffentlich genutzt werden soll. Mit der Arbeitsgruppe Ortsmitte begann die Planung, die jetzt ein sichtbares Ergebnis brachte.

Bekanntlich geschah erst dann etwas, als der höhere Bedarf an Kinderbetreuungsplätzen auftauchte. Zuvor hatte es an einer Nutzung für den Anbau gefehlt. Nun kann der Kindergarten „Kleine Heimat“ seinen Betrieb aufnehmen, und auch die Schlierseer Blasmusik mit einem Probenraum und einem Archiv hat ein neues Zuhause.
Der Probenraum, davon konnten sich die Gäste bei der ersten Besichtigung nach der Segnung der Räume durch die Pfarrer Alois Winderl und Mathias Striebeck überzeugen, gedieh zu einem eindrucksvollen, warmen wie funktionalen Veranstaltungsraum. Der Kindergarten zu einem lichtdurchfluteten Paradies für zwei Gruppen mit ansprechendem Bad und Garderobe, Kletterburg und vor allem einer auf Gemeinsinn ausgelegten Gartengestaltung mit Amphitheater-Stufen. Schnitzenbaumer wünschte sich, dass der Bau von innen nach außen belebend wirken soll und die Ortsmitte um die in diesem Bereich neu gestaltete Lautererstraße aufblühe und lebendig werde – nicht zuletzt auch für die anliegenden Geschäfte. „Wir werden jetzt erst einmal Luft holen. Aber dann wollen wir weitermachen mit der Umgestaltung des Ortskerns, wo Nutzen und Nutzung Hand in Hand gehen mit der Gestaltung“, versprach der Bürgermeister und entschuldigte sich im gleichen Atemzug für den Baulärm- und den Dreck während der zurückliegenden Monate.
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Als Bestätigung, dass die Gemeinde mit der Ortsentwicklung auf einem vitalen Weg ist, brachten die Kindergartenkinder und die Schlierseer Blasmusik als Nutzer des Neubaus jeweils ein Ständchen. Kindergartenleiterin Berit Steuer berichtete, dass die „Kleine Heimat“ hier tatsächlich bereits nach einer Woche eine Heimat gefunden habe. Die Zeichen auf eine gedeihliche Nachbarschaft mit dem Heimatfreunden und dem Heimatmuseum stehen gut. Einen großen Anteil daran hat die Architektur und hier vor allem der Verbindungsbau zwischen dem historischen Gebäude, das einst von den Stiftsherren des Klosters genutzt wurde und das Heimatmuseum beherbergt, und dem Neubau. Diese Fuge, wie es Architekt und Bauleiter Johannes Wegmann nannte, sei als Verbindung zwischen Mittelalter und Zukunft die große Herausforderung gewesen. In ihr befindet sich das Treppenhaus. Betritt man es, verschlägt einem die Eleganz der Funktionalität geradezu den Atem. Die historische Mauer wurde freigelegt und erzählt mit den unterschiedlichen Bruchsteinen aus der Umgebung von der hiesigen (Bau-)Kultur. Unter Verwendung von Holz, Stein und Stahl entstehen eine natürliche Leichtigkeit und die museale Modernität einer urbanen Galerie, wie man sie auch in den Architektur-Metropolen dieser Welt findet. Schwere Holztüren, in die das Schlierseer Bergpanorama gefräst ist, öffnen sich zum Neubau, Fenster, hinter denen sich wertvolle heimische Glaskunst zeigt, erlauben den den Blick ins Museum.
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Die Verbindung, die den Abstand der Jahrhunderte achtet, ist gelungen. Dafür verantwortlich zeichnen neben Wegmann seine Mitarbeiter Klaus Scherf und Theresa Huber sowie das Amt für Denkmalpflege und alle am Bau beteiligten Firmen. Diese hätte mit ihrer Arbeit der Handwerkertradition von Schliersee ein Denkmal gesetzt. Wegmann berichtete von den Herausforderungen des historischen Torso, der zweijährigen Entwicklungszeit und der Kostenberechnungen, die eingehalten wurden. „Das eine ist das eine. Das andere das andere. Unter dem Schindeldach ist es zusammengewachsen, sodass eben nicht der Eindruck von Doppelhaushälften entsteht“, sagte der Architekt stolz, als er den Schlüssel für die Lautererstraße 6 an Schnitzenbaumer übergab.