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Warum eine Frau mit angeblich lebenslangem Mietrecht vielleicht ausziehen muss

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Hundefreundin (66) gegen Lehrer (30): Wer darf in Zukunft eine Doppelhaushälfte in Schliersee bewohnen? Ein Zivilprozess am Miesbacher Amtsgericht sollte Klarheit schaffen.

Schliersee – Was ist lebenslanges Mietrecht wert, wenn der Eigentümer des Hauses stirbt und der Rechtsnachfolger Eigenbedarf anmeldet? Einen solchen Fall verhandelte Richterin Katja Knauer gestern am Miesbacher Amtsgericht in einem Zivilprozess.

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Für 700.000 Euro hat ein 30-jähriger Mittelschullehrer im vergangenen Jahr eine Doppelhaushälfte in Schliersee von den Erben des verstorbenen Eigentümers gekauft. Im August kündigte er der 66-Jährigen, die dort als Mieterin wohnt. Stand heute lebt die Frau, die Hunde aus Osteuropa vermittelt, noch immer in dem Haus, da sie sich auf ihr lebenslanges Mietrecht beruft.

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„Ich will endlich in mein Haus einziehen“, klagte der 30-Jährige vor Gericht. „Wenn die Mieterin für immer dort wohnt, werde ich das nie können, und mein Leben wäre ruiniert.“ Derzeit zahlt der Kläger monatlich 2100 Euro für den Kredit ab, den er aufgenommen hat, „um meinen Traum vom Eigenheim zu verwirklichen“.

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Wie er selbst sagt, könne er in seiner jetzigen Schlierseer Wohnung, die er sich mit einem Kollegen teilt, nicht mehr lange bleiben. „Es ist finster, ich habe keine Garage und keinen Platz für meine ganzen Sachen“, erklärte der Lehrer traurig. Psychisch sei er am Ende. Zudem leide er an einer dauerhaften Schilddrüsen-Erkrankung. Er bekräftigte, dass ihm der Einzug in sein eigenes Haus Sicherheit und Stabilität gäbe.

Die braucht auch die 66-Jährige, die wegen gesundheitlicher Probleme nicht zur Verhandlung erschienen war. Sie ließ sich durch Verteidiger Ulrich Fuchs vertreten. „Meine Mandantin stellte ihr Leben darauf ein, für immer in dem Haus leben zu dürfen“, erklärte der Rechtsanwalt. „Sie leidet an einer Duftallergie, und die Lage des Hauses spielt eine Rolle, ob es Geruchsbeeinträchtigungen gibt oder nicht.“

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In ihrer jetzigen Bleibe komme sie mit den Gerüchen zurecht und könne ihre Tätigkeit als Hundevermittlerin ausführen. Nach einer anderen Wohnung soll sie wegen des Eigenbedarfsanspruchs des Käufers bereits gesucht haben. Bisher habe sie jedoch nichts Passendes gefunden.

Sascha Dieterich, Rechtsanwalt des Klägers, war sich sicher, warum das so ist: „Es ist keine ernsthafte Suche, wenn ich 500 Hunde und Katzen habe – da nimmt mich kein Vermieter. Das ist das Gleiche, als wenn ein Schlagzeuger in die Annonce schreibt, dass er zehn Stunden am Tag in der Wohnung Schlagzeug spielt.“

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Für Richterin Knauer ist die Sache verzwickt. Ein Urteil fällte sie noch nicht, sagte aber, „dass der Eigentumsanspruch eigentlich Vorrang vor dem Mietverhältnis hat“. Sie sehe nicht, weshalb man für die Hundevermittlung genau dieses Haus brauche. „Ich fände es sinnvoll, wenn man sich auf einen Auszugstermin am 31. Dezember oder im nächsten Sommer einigen könnte.“

Mitte Mai wird der Prozess fortgesetzt. Dann soll entschieden werden, wann der 30-Jährige in sein Haus einziehen darf.

Philip Hamm

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