Als überraschender Knackpunkt entpuppte sich die vom Verein als rechtswidrig bezeichnete Befreiung von der Landschaftsschutzverordnung. Anwalt Kaltenegger führte die Vereins-Anwältin geradezu vor, als er in Erinnerung brachte, dass gar keine Befreiung nötig sei, da die Originalkarte der Schutzgebietsverordnung von 1955 nicht mehr auffindbar sei. In einem Verfahren 2019 habe sich das VGH schon einmal darauf bezogen. „Ein Skandal“, kommentierte Rudi Erlacher. Und für den Landkreis eigentlich eine Blamage, da er ohne rechtsverbindlichen Landschaftsschutz dasteht. Noch Ende Juni will sich der Umweltausschuss des Kreistags damit befassen, teilte Sprecherin Sophie Stadler am Rande der Verhandlung mit. „Weg ist weg“, kommentierte die Richterin das Malheur. Da half es auch nichts, dass Anwältin Schilling auf die „augenscheinlich schutzwürdige Landschaft“ hinwies und darauf, dass mit dem Betrieb der Alm dagegen verstoßen werde.
Zur Privilegierung, die die Nutzung der Alm im Außenbereich ermöglicht hat: Dass das Landratsamt diese verteidigte und keine Fehler bei der Abwägung sah, unterstrich Anwalt Kaltenegger. Er sah hier geradezu einen „Paradefall für eine Privilegierung“. Die Alm sei ein für die Kulturlandschaft prägendes Gebäude und erfahre größte Wahrnehmung. Dass während der Verhandlung laufend Wanderer und Mountainbiker ankamen, sah er als Beleg dafür. Dem klagenden Verein warf er vor, dass er die Natur wohl eher gerne menschenfrei sehen würde. „Dabei dient sie dazu, die Menschen zu erfreuen.“ Das Gebiet sei stark frequentiert („Naherholungsziel für die Münchner“), weshalb auch der Bedarf an Gastronomie bestehe. „Und wo steht, dass es auf einer Alm nicht vernünftiges Essen geben darf?“, fragte er in Anspielung auf das Speisenangebot, das über das einer „Milzwurscht wie einst am Wallberg“ hinausgeht.
Seine Ansicht, dass sich gerade der Deutsche Alpenverein (DAV), der ja auch Mitglied beim Verein zum Schutz der Bergwelt ist, verändere, griff die Richterin auf. „Da werden heute Luxus-Einrichtungen gebaut“, sagte Dürig-Friedl und betonte, dass es sich hier nicht um einen Neubau handle und das Gastro-Angebot keine Rolle für die Beurteilung spiele. Der Versorgungscharakter müsse lediglich gewährleistet sein. Für Rudi Erlacher steht dennoch fest: „Hier wird die Gastro zum Selbstzweck“. Der Verein wolle davor schützen, dass die Saurüsselalm zum Präzedenzfall werde.
Letztlich betonte Anwalt Peter Bachmann im Namen der beigeladenen Gemeinde Bad Wiessee, dass das Projekt und die Privilegierung „sorgfältig“ geplant und begleitet worden sei.
Für die Richterin war alles gesagt, ihre Tendenz, die Klage abzulehnen, war erkennbar, auch wenn sie die Entscheidung erst für Freitag ankündigte. Der Verein will sich dann entscheiden, ob er weitere Rechtsmittel einlegen wird. Rudi Erlacher ist enttäuscht: „Es wurden erst Fakten geschaffen, um dann die Privilegierung zu legitimieren. Das stellt alles auf den Kopf.“
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