Schwere Vorwürfe gegen Privatklinik Jägerwinkel: Die Staatsanwaltschaft ermittelt

Die renommierte Bad Wiesseer Privatklinik Jägerwinkel ist ins Visier der Staatsanwaltschaft geraten. Im September fand eine Razzia statt, es geht um eine fehlerhafte Anwendung von Medikamenten. Die Ermittlungen laufen.
Bad Wiessee – Die Vorwürfe wiegen schwer. In einem Brief an die Redaktion schildert eine Angehörige, was ihrem Partner bei einer Behandlung in der Wiesseer Privatklinik Jägerwinkel im Sommer 2022 widerfahren ist. Er sei dort als Testperson für ein stark suchtgefährdendes Medikament missbraucht worden, teilt die Münchnerin mit. Nicht nur ihr Partner, auch viele andere Patienten seien betroffen.
Die Behandlung des Mannes in Bad Wiessee endete abrupt. Es habe eine Razzia in der Klinik gegeben, berichtet die Angehörige, die lieber anonym bleiben will. Ihr Partner befinde sich nun seit September stationär zum Entzug in einer anderen Klinik der Oberberg-Gruppe. Dafür trage die Klinikkette auch die Kosten. Der Zorn der Frau über die Behandlung in Bad Wiessee ist gewaltig: „Mein Mann und viele andere Patienten wurden in dieser Klinik abhängig gemacht.“ Der frühere psychosomatische Leiter der Klinik sei seitdem auf der Homepage nicht mehr zu finden.
Durchsuchung im September
Eine Nachfrage bei der Staatsanwaltschaft ergibt: Die geschilderte Razzia im September, damals erfolgreich unter der Decke gehalten, hat wirklich stattgefunden. Im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens gegen einen zu dieser Zeit in der Klinik tätigen Arzt wurden Räumlichkeiten in der Klinik durchsucht.
„Gegenstand des Ermittlungsverfahrens sind Vorwürfe einer fehlerhaften medizinischen Behandlung, auch im Zusammenhang mit der Anwendung von Medikamenten“, erklärt Matthias Enzler, Stellvertretender Pressesprecher der Staatsanwaltschaft München II. Nähere Angaben könne er wegen der noch laufenden Ermittlungen nicht machen. Deren Abschluss, so Enzler, sei zeitlich noch nicht absehbar.
Jägerwinkel gehört seit 2019 zur Oberberg-Gruppe
Die Klinik Jägerwinkel gehört seit dem Sommer 2019 zur Oberberg-Gruppe aus Berlin, einem Klinikverbund. Der frühere Eigentümer Dr. Martin Marianowicz hatte die Klinik verkauft, blieb aber Ärztlicher Direktor. Die Klinik ist auf Vorbeugung, Behandlung und Therapie von orthopädischen, internistischen, kardiologischen und psychosomatischen Erkrankungen spezialisiert. Der Verkauf erfolgte mit Blick auf die geplante Erweiterung. Die Bauarbeiten dazu sind derzeit im Gange.
Was ist in der Klinik wirklich passiert? Wogegen sollten die Medikamente helfen, waren es noch nicht zugelassene Präparate, wie viele Patienten sind betroffen? Geht es nur um die Behandlungsmethode eines Arztes oder um ein ganzes Konzept? Wusste die Klinikleitung, was in dem Haus passiert?
Keine Auskunft der Klinik-Leitung
Viele Fragen, zu denen die Oberberg-Gruppe allesamt keine Antwort gibt. „Wir verstehen Ihr Interesse an dem Vorgang“, meint Pressesprecherin Karin Cofalka. Doch könne und dürfe sich die Klinik „zu aktuellen und ehemaligen PatientInnen, KollegInnen und zu polizeilichen Ermittlungen“ nicht äußern, da Persönlichkeitsrechte und Vertraulichkeit von Daten schützenswert seien.
Nur eines lässt die Sprecherin dann doch noch wissen: Die Klinik Jägerwinkel hat ihre Arbeit in diesem Bereich nach den Vorfällen nicht eingestellt. Cofaka teilt mit: „Die medizinisch-therapeutische Versorgung in der Abteilung für Psychosomatik konnte fortgeführt werden.“