1. Startseite
  2. Lokales
  3. Tegernsee

Bücher haben "keine kulturhistorische Bedeutung"

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Stephen Hank

Kommentare

Psallierchor Tegernsee Kloster Kreissparkasse
Der Psallierchor des Klosters Tegernsee. Inzwischen sind die Bücher abgeholt und die Regale abgebaut und eingelagert. © Archiv tp

Tegernsee - Die Bücher, die im Psallierchor des Tegernseer Klosters gelagert waren, haben keine kulturhistorische Bedeutung. Zu diesem Schluss kommt das Landesamt für Denkmalpflege.

Es sei "ein schändlicher Akt der Barbarei", hatte der frühere Kreissparkassen-Chef Georg Bromme Mitte Juli über seine Anwälte mitteilen lassen. Gemeint war der Verkauf des Buchbestands aus dem Tegernseer Psallierchor durch die Kreissparkasse Miesbach-Tegernsee. Als Vorstandsvorsitzender der Bank hatte Bromme im Jahr 2010 für 1,5 Millionen Euro ein zeitlich unbegrenztes Dauernutzungsrecht am Psallierchor und außerdem für 150.000 Euro die dort gelagerten Bücher erworben. Derzeit lässt die Kreissparkasse nicht zuletzt auf Geheiß der Regierung von Oberbayern den Buchbestand versteigern. Bekanntermaßen laufen überdies Verkaufsbemühungen für den Raum selbst.

Ex-Kreissparkassenchef Bromme: Der Verkauf der Bücher ist "zerstörerisches Handeln"

Bromme hatte der Sparkasse nun vorgeworfen, ihr Handeln verletzte die Erhaltungs- und Sorgepflichten gemäß des Denkmalschutzgesetzes und stelle eine Ordnungswidrigkeit und eine gemeinschädliche Sachbeschädigung dar. Sogar von "zerstörerischem Handeln" ist in dem Anwaltsschreiben die Rede. Denn die Ausstattungsstücke seien ebenso wie das Baudenkmal Psallierchor selbst geschützt.

Denkmalpfleger: Die Bücher haben mit dem Kloster nichts zu tun

Stimmt so nicht, sagt das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege, welches das Anwaltsschreiben Brommes ebenfalls erhalten und den Sachverhalt überprüft hat. "Der ehemals im Psallierchor verwahrte Buchbestand lässt weder einen Bezug zum ehemaligen Kloster und jetzigen Schloss noch zur ehemaligen Kloster- und jetzigen Pfarrkirche erkennen", heißt es in der Stellungnahme. "Weder die Sammlungsgeschichte noch ein Sammlungsschwerpunkt steht im Bezug zu den beiden Baudenkmälern." Die Sammlung für sich genommen lasse keine Bedeutung nach dem Denkmalschutzgesetz erkennen und "erfüllt damit nicht die Voraussetzungen für ein bewegliches Denkmal". Bestenfalls haben wohl noch die von Leo von Klenze gefertigten Buchregale einen kulturhistorischen Wert. Die sind aber inzwischen eingelagert und werden nicht mit versteigert.

Die 150.000 Euro Kaufpreis sind die Bücher wohl nicht wert

Die Kreissparkasse sieht sich damit in ihrem aktuellen Handeln unterstützt. "Das Landesamt bestätigt das Ergebnis der Untersuchungen, die wir vor der Weitergabe an ein Auktionshaus bei Fachleuten in Auftrag gegeben hatten", sagt Sprecher Peter Friedrich Sieben. Die Hälfte der knapp 12.000 Bücher ist vom Berliner Buchauktionshaus Hauff & Auvermann inzwischen in einer ersten Versteigerung angeboten worden. Eine zweite Versteigerung, bei der Bieter auch online ihre Angebote abgeben können, ist für Oktober geplant. Offen ist bislang, ob die Kreissparkasse den Gesamtkaufpreis von 150.000 Euro wieder hereinholen kann. Dem Vernehmen nach lässt sich dieses Ziel tendenziell wohl eher nicht erreichen.

Rund 60 Bücher haben Bezug zum Kloster und zum Tal

Nicht zur Vesteigerung kommen übrigens Bücher, die direkten Bezug zum Kloster oder zum Tegernseer Tal haben. Unterm Strich sind das rund 60 Exemplare, die derzeit bei der Kreissparkasse eingelagert sind. Die Bank will sie dem Museum Tegernseer Tal anbieten. Ein Gönner des Vereins soll signalisiert haben, diesen Bestand fürs Museum zu erwerben.

Das sagt Kirchenhistoriker Roland Götz

Kirchenhistoriker Roland Götz hält die Bewertung des Landesamts für Denkmalpflege für nachvollziehbar. „Zu diesem Schluss kann man kommen – vor allem, was die Verbindung zu Tegernsee betrifft“, erklärt er auf Nachfrage. Abgesehen von den Büchern aus der Klosterzeit, die nicht einmal ein Prozent des Bestands ausmachen, habe die Sammlung keine Verbindung zu Klosterzeit oder Schloss, sondern nur zur Historie der herzoglichen Familie. „Aber die herzogliche Familie hat sich ja selbst zum Verkauf entschieden.“ Wie berichtet, hatte der Altertumsgauverein für das Museum Tegernseer Tal Interesse an dem Buchbestand angemeldet und war von der Versteigerung kalt erwischt worden; Götz hätte den Bestand für den Verein bewerten sollen.

Stephen Hank und Katrin Hager

Auch interessant

Kommentare