Ludwig Erhard: Gmund gedenkt dem Wegbereiter des Wirtschaftswunders

Gmund – Bundeskanzler Ludwig Erhard fand in Gmund seine letzte Ruhe. Mit einem Gedenkakt zu seinem 125. Geburtstag wurde ihm auf dem Bergfriedhof gedacht.
Der Geburtstag des ehemaligen Bundeswirtschaftsministers und zweiten deutschen Bundeskanzlers (1963 bis 1966) Ludwig Erhard jährte sich am Freitag (4. Februar) zum 125. Mal. Seine letzte Ruhe fand der Vater der sozialen Marktwirtschaft auf dem Bergfriedhof in Gmund. An seinem bescheidenen Grab gedachten ihm, seinem Lebensweg und Vermächtnis zahlreiche Ehrengäste, darunter auch Landtagspräsidentin Ilse Aigner.
„Hier konnte er ganz Mensch sein und fühlte sich auch der Bevölkerung tief verbunden“, erinnerte Bürgermeister Alfons Besel an den unvergessenen Politiker der deutschen Nachkriegsgeschichte. In Gmund am Ackerberg fand der 1897 in Fürth geborene Ludwig Wilhelm Erhard zusammen mit seiner Familie ab 1953 eine zweite Heimat, wo er auch die Strapazen seiner Bonner Amtsjahre und Kanzlersorgen vergessen konnte. Er wünschte sich ausdrücklich, in Gmund beigesetzt zu werden. Sein bescheidenes Grab spiegele Erhards Philosophie des Maßhaltens wider, betonte Besel.
Ludwig-Erhard-Gipfel am Tegernsee
Zum Gedenkakt auf dem Bergfriedhof begrüßen konnte er neben Landtagspräsidentin Ilse Aigner den Bundestagsabgeordneten Alexander Radwan und Landrat Olaf von Löwis sowie Erhards Urenkel und einen Ururenkel, die ehemalige Hausdame und Ziehtochter der Erhards, Elisabeth Leutheusser-von Quistorp, das Verleger-Ehepaar Weimer, welches seit 2016 den Ludwig-Erhard-Gipfel am Tegernsee ausrichtet, sowie Vorstände der Bonner Ludwig-Erhard-Stiftung und des Fürther Ludwig-Erhard-Initiativkreises. Wegbegleiter wie Altbürgermeister Georg von Preysing sowie amtierende Gemeinderäte und Ehrenbürger Beni Eisenburg waren ebenfalls gekommen, um den Wahl-Gmunder zu ehren.
Als seine Nach-Nach-Nach-Nachfolgerin im bayerischen Wirtschaftsministerium würdigte Ilse Aigner ihn als den großen Sohn Bayerns, diesen großen Mann der deutschen Geschichte und erinnerte an sein Konzept der sozialen Marktwirtschaft. „Heute können wir kaum ermessen, wie viel Mut damals zu einer Wirtschaftsordnung gehörte, in der die Vorschrift klein, Freiheit und Eigenverantwortung hingegen groß geschrieben wurden“, sagte die heutige Landtagspräsidentin und Stimmkreisabgeordnete, denn für Ludwig Erhard stand fest: „Je freier die Wirtschaft, umso sozialer ist sie auch.“
Erst das Wirtschaftswachstum Anfang der 1950er Jahre habe Erhards Kurs bestätigt, doch soziale Marktwirtschaft sei kein Selbstläufer, sondern lebe von Werten und dem Einhalten von Regeln, mahnte Aigner und appellierte wie Erhard an die Eigenverantwortung. „Mehr Staat, mehr Schulden – wir müssen aufpassen, dass durch die Pandemie die Rollen zwischen Staat und Wirtschaft nicht dauerhaft getauscht werden“, sagte sie. Die Werte und Regeln der sozialen Marktwirtschaft hätten nichts an Gültigkeit verloren, müssten jedoch in den kommenden Jahren noch entschiedener verteidigt werden, betonte Aigner schließlich. „Also: Zurück in die Zukunft mit Ludwig Erhard!“, appellierte die Stimmkreisabgeordnete.
Blumenkranz von Friedrich Merz
Die stellvertretende Vorsitzende der Ludwig-Erhard-Stiftung und ehemalige EU-Parlamentarierin Godelieve Quisthoudt-Rowohl bezeichnete Erhard als genialen Vordenker, dessen Ansprüche immer noch gültig seien: „Auch wenn wir eine neue Erzählung brauchen.“ Selbst sein Buch „Wohlstand für alle“ sei immer noch wegweisend, sagte Quisthoudt-Rowohl und erinnerte daran, dass es am 4. Februar 2022 vor genau 65 Jahren erstmals erschien und seither in viele Sprachen übersetzt wurde – zuletzt übrigens ins Chinesische. „Wir verneigen uns vor seinem wissenschaftlichen und politischen Lebensweg“, sagte sie.
Nach Worten des evangelischen Pfarrers Andreas Kopp-von Freymann und Gebeten des katholischen Pfarrers Stephan Fischbacher verneigten sich die Ehrengäste wortwörtlich und paarweise vor dem mit Blumenkränzen – unter anderem von der Gemeinde sowie dem CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz – geschmückten Grab und damit nicht zuletzt vor Ludwig Erhards Beispiel der Pflichterfüllung und seinem Einsatz fürs Allgemeinwohl. sko