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Sieben Jahre nach der Flut: Wie steht’s um den Hochwasserschutz am Tegernsee?

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Von: Gerti Reichl

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Hochwasser, Tegernsee, 2013
Der 2013 über die Ufer getretene Tegernsee hatte große Schäden, wie hier in Tegernsee selbst, angerichtet. © Thomas Plettenberg

Dieser Tage kommen Erinnerungen an die verheerende Pfingstflut von 2013 hoch. Doch wie steht es inzwischen um den Hochwasserschutz am Tegernsee?

Gmund – Die Gemeinde Gmund hat gerade alle Hände voll zu tun, die Erneuerung des baufälligen und daher seit Ostern gesperrten Holzstegs über die Mangfall zu planen (wir berichteten). Nördlich des Stegs soll eines Tages ein Einlaufwerk entstehen, eine Art Staubsauger im See. Die Anlage wird dann eingeschaltet, wenn extreme Regenfälle im Anmarsch sind. Daran schließt sich eine unterirdische Druckleitung an, die zunächst nördlich, dann südlich am Mangfallufer entlang zum Schuhmacherwehr läuft. Dieses soll ertüchtigt werden. Ziel ist: Etwa 24 Stunden vor Eintritt eines Extremhochwassers soll der Wasserstand des Tegernsee abgesenkt werden. Die anrollende Hochwasserwelle kann dann durch zusätzlich gewonnenen Rückhalt verzögert ins untere Mangfalltal abgegeben werden. Auf Gmund würde eine Mega-Baustelle zukommen, die das Ortsbild für mindestens zwei Jahre verändern würde. Das ist klar, seit das Wasserwirtschaftsamt Rosenheim (WWA) 2015 diese Version der Pläne vorgestellt hat.

Könnten damit Jahrhundert-Überschwemmungen wie vor sieben Jahren verhindert werden? Das sagen Beteiligte zum Stand der Pläne.

Der Bürgermeister

Rathauschef Alfons Besel (FWG) hat sich schon mehrmals kritisch geäußert und sich damit auf Rottacher Seite den Vorwurf eingehandelt, er sei „unsolidarisch“. Nach vielen Gesprächen mit den Experten bleibt er dabei: „Die Maßnahme birgt enorme geologische und ökologische Risiken.“ Er ist überzeugt, dass die Maßnahme, auf das ganze Mangfallgebiet betrachtet, nur eine minimale Wirkung erzielen dürfte. Für ihn würden enorme Steuergelder verwendet, „und da stellt sich schon die Frage, ob das gerechtfertigt wäre“. Nach Ansicht des Bürgermeisters müsste man viel stärker an Alternativen denken und überlegen, wie man vermeiden kann, dass viel Wasser in den Tegernsee hineinfließt. Er denke da an das Schaffen von Retentionsflächen in anderen Bereichen. Was die Unterlieger entlang der Mangfall betrifft, so könnte es in deren Bereich wesentlich wirksamere Maßnahmen mit Poldern geben. „Dann müsste man“, so Besel, „nicht aus einem Natursee einen Kunstsee machen.“

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Schuhmacherwehr bei Gmund
Der Abfluss des Tegernsees über die Mangfall wird am Schuhmacherwehr bei Gmund geregelt. © Thomas Plettenberg

Der Fachmann

Laut Paul Geisenhofer, Leiter des WWA Rosenheim, befindet sich das Projekt derzeit im Vorentwurf. Bei einer Prüfung durch die Regierung von Oberbayern seien zuletzt einige Fragen aufgetaucht, die es nun zu untersuchen gilt. Dazu gehören zum einen Baugrunduntersuchungen in der Mangfall. Schließlich müsste die 600 Meter lange, 4,50 mal 2,30 Meter dicke Druckleitung einen halben Meter unter der Sohle der Mangfall verlegt werden. Spundwände müssten in den Seeton gedrückt, die Baugrube trocken gelegt werden. Dann müssen technische Lösungen gefunden werden für die Unterquerung der Bundesstraßenbrücke. Zudem, so Geisenhofer, müsse die Stabilität des Kirchenhangs untersucht werden. „Über allem steht die Kosten-Nutzen-Berechnung“, sagt der WWA-Chef, ohne aktuelle Zahlen zu nennen. 2015 war von mindestens neun Millionen Euro die Rede.

Der Verein

Der Verein Rettet den Tegernsee, der im Sog des Pfingsthochwassers gegründet und anfangs als Nörgler und Verhinderer der Pläne bezeichnet wurde, sitzt inzwischen mit dem WWA in einem Boot. Vorsitzender Andreas Scherzer ist überzeugt, dass ein solches Einlaufwerk, das es auch am Thuner See in der Schweiz gibt, funktionieren würde. Scherzer findet, dass die Hochwassergefahr am Tegernsee zuletzt gestiegen ist – vor allem durch den Ausbau der Rottach. „Sie bringt jetzt 50 Prozent mehr Wasser als noch 2013. Die Seestraße würde also schneller absaufen als damals.“ Der Verein fordert: So lange nicht mit der großen Baumaßnahme begonnen wird, müsste die Steuerung des Schuhmacherwehrs geändert werden.

Der Verein habe daher bereits das Gespräch mit Landrat Olaf von Löwis (CSU) gesucht. Der fast 50 Jahre alte Wasserbescheid für das Wehr, der den Zeitpunkt für das Umlegen des Staubretts vorgibt und an die Wasserhöhe an der Pegel-Messstelle in St. Quirin gekoppelt ist, müsste geändert, das Staubrett früher umgelegt werden. Scherzer glaubt zu wissen, dass das Wehr, das der Büttenpapierfabrik gehört, nur noch zu 70 Prozent funktionsfähig ist. „Es ist baufällig und muss modernisiert werden.“ Das würde schon viel für den Hochwasserschutz bringen. „Wenn es heute auseinanderbricht“, so Scherzer, „dann läuft der See aus.“

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