Tierheim kümmert sich um verwahrloste Dogge - jetzt klagen die Besitzer wegen angeblichen Diebstahls

Erst wollte ihr Freund den Hund loswerden und alarmierte das Tierheim. Die Dogge war völlig verwahrlost. Nun sitzt das Tierheim selbst vor Gericht, weil das Paar die Dogge wieder haben will.
Gmund – Viel Wirbel um „Pinsel“ – so könnte man die Vorgänge umschreiben, die jetzt Gegenstand einer Verhandlung am Amtsgericht Miesbach waren. „Pinsel“, eine deutsche Dogge, wurde Ende November vergangenen Jahres im Tierheim Rottach-Egern aufgenommen, weil seine Halter, ein junges Paar aus Gmund, mit dem Hund überfordert waren.
Der Mann hatte deshalb in Abwesenheit seiner Verlobten um Abholung des Tieres gebeten. Die wollte „Pinsel“ jedoch bald darauf wieder zurückholen, was ihr wegen des schlechten Zustands des Hundes aber mehrfach verweigert wurde. Daraufhin hat sie Klage gegen den Tierschutzverein Tegernseer Tal eingereicht. Eine gütliche Einigung regte Richterin Katja Knauer zu Beginn der Verhandlung an; der Versuch scheiterte jedoch – beide Parteien blieben bei ihrem Standpunkt.
Komplizierte Frage: Wem gehört die Dogge Pinsel?
Kompliziert gestaltete sich die Frage, wer eigentlich Eigentümer von „Pinsel“ ist. Sie und ihr Freund hätten die Dogge über eine Anzeige im Internet entdeckt und die Inserenten kontaktiert, erklärte die Gmunderin. Die Besitzerin habe „Pinsel“ dann persönlich nach Gmund gebracht: „Es war für sie wichtig, dass ihr Hund einen guten Platz bekommt, Geld spielte für sie keine Rolle.“ Deshalb habe sie kein Geld verlangt, man habe sich auf ein Besuchsrecht geeinigt.
Anders sieht das Ergebnis aus, das die Vorsitzende des Tierschutzvereins, Johanna Ecker-Schotte, recherchiert hat. Als Kaufpreis seien 350 Euro vereinbart gewesen– die das Gmunder Paar aber nie bezahlt habe.
Mehrere Aufforderungen, zu bezahlen oder den Hund zurückzubringen, seien ignoriert worden. „Die Leute waren total schockiert und entsetzt über ihre eigene Naivität“, sagte Ecker-Schotte. Auf einen schriftlichen Kaufvertrag hatten sie verzichtet.
Schon bald seien die neuen Besitzer mit der Haltung überfordert gewesen, führte die Vorsitzende des Tierschutzvereins weiter aus und legte als Beweis eine E-Mail vor, in der die Gmunderin den vorigen Haltern mitteilte, den Hund wegen Ärgers mit dem Veterinäramt und der Vermieterin zurückgeben zu müssen. Auch habe sie über eine Annonce im Internet als „Pflegemutter“ ein neues Zuhause für ihn gesucht. Dies wiederum bestritt die Klägerin.
Verzweifelter Hilferuf von Mann in Gmund: Dogge Pinsel sofort abholen
Im Herbst 2018 eskalierte die Situation schließlich. An einem Sonntag habe ihn ein Notruf des Gmunders erreicht, erinnerte sich ein Pfleger des Tierheims im Zeugenstand. Der habe darum gebeten, „Pinsel“ sofort abzuholen, da er sich wegen der ständigen „grundlosen Beißattacken“ des Hundes nicht mehr zu helfen wisse. Ein Foto mit blauen Flecken am Fuß des Mannes sollte das belegen.
Vor Ort habe sich der Hund keineswegs aggressiv verhalten, allerdings sei er erkennbar unterernährt gewesen, sagte der Pfleger: „Da haben die Rückenwirbel richtig rausgeschaut.“ Sehr lange Krallen hätten auf zu wenig Auslauf hingedeutet, wichtige Impfungen laut Heimtierausweis gefehlt.
Nachdem er den Abgabevertrag unterzeichnet hatte, habe sich der Gmunder kurz entfernt – angeblich, um sich telefonisch des Einverständnisses der Freundin zu vergewissern. Diese sei spazieren gegangen, da sie der Situation nervlich nicht gewachsen gewesen sei.
Plötzlich wollen sie die Dogge zurück - und verklagen das Tierheim
„Der Hund muss weg“, sei ihre Antwort gewesen, habe er nach seiner Rückkehr den Pfleger wissen lassen, woraufhin „Pinsel“ ins Tierheim gebracht wurde. Die Frau selbst hatte zuvor der Richterin erklärt, sie sei an jenem Sonntag bei einer Beerdigung in Augsburg gewesen.
Anders klang das in der Zeugenaussage ihres Freundes. „Mir ist nichts anderes übrig geblieben, als im Tierheim anzurufen.“ Seine Freundin, die Besitzerin des Hundes, habe von allem nichts gewusst; der Anruf, der ihre Zustimmung belegen sollte, sei fingiert gewesen: „Ich wusste, dass sie nicht zustimmen würde.“ In der Zeit habe er schnell auf dem Balkon „eine geraucht“: „Ich verstehe mein Verhalten selber nicht, es war ein Fehler, und es tut mir sehr leid.“
Der Versuch des Paares, am übernächsten Tag den Hund zurückzuholen, sei seitens der Klägerin „sehr emotional, teils auch beleidigend“ verlaufen, berichtete Ecker-Schotte. Sie selbst sieht nicht die Klägerin, sondern die vorherigen Halter als rechtmäßige Besitzer von „Pinsel“, dessen Kaufwert auf etwa 1500 Euro geschätzt wird. Sie stellte den Antrag, diese als Zeugen zu hören.
Der Verteidiger der Klägerin pochte dagegen auf vorgelegte Schriftstücke, die beweisen sollen, dass die Vorgänger freiwillig auf den Hund verzichtet hätten. Weitere Details sollen bei einem zweiten Verhandlungstag geklärt werden.
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Stefan Gernböck