Das letzte Jodbad läuft am Freitag ein
Bad Wiessee – Es ist letzter Tag im alten Jodbad. Für die Gäste wird alles laufen wie gewohnt, für die Mitarbeiter gibt’s eine kleine Feier. Es ist ein Abschied mit Wehmut - und das Ende einer langen Geschichte.












Die guten Tage des Wiesseer Jodschwefelbads sind schon lange vorbei. „Aber wir hängen sehr an dem Haus“, sagt Geschäftsführerin Renate Zinser. Wir, das ist das Jodbad-Team. 13 Mitarbeiter, die meisten seit vielen Jahren dabei. Am morgigen Freitag werden sie ein letztes Mal am vertrauten Ort Bäder einlassen, Ruheliegen bereit machen, das Sprühbad in Gang setzen. „Es ist schon viel Wehmut dabei“, meint Zinser.
Viel Zeit zum Nachdenken bleibt allerdings nicht. Es gibt reichlich zu tun zwischen den Jahren. Zinser hat eine Urlaubssperre verhängt. Nur die Feiertage sind frei. Am 27. Dezember ist großer Umzugstag. „Den stemmen wir selbst, mithilfe des Bauhofs“, erklärt Zinser. Fast das gesamte Inventar geht mit ins Behelfsdomizil im ersten Stock des Badeparks. „Alles, was schön wird, nehmen wir mit“, sagt Zinser. Auch die historischen Bilder, die an glanzvolle Zeiten erinnern.
Es waren die Zeiten, als der Ruf der stärksten Jodschwefelquellen Deutschlands Fürsten und Könige nach Bad Wiessee lockte. Als die illustre Gesellschaft durch die Wandelhalle wandelte und Bad Wiessee Weltruhm genoss. 160 000 Anwendungen wurden im Jahr 1935 verzeichnet. Inzwischen gelten 16 000 pro Jahr als gute Zahl.
Und das ehrwürdige Gebäude steht seit Langem zum größten Teil leer. Um das Bad am Laufen zu halten, hatte die Gemeinde 2010 einen Kernbereich renoviert. Ende 2011 kaufte sie den Erben des Quellen-Entdeckers Adrian Stoop das Anwesen mit allen Grundstücken ab. Und sieht nun die Chance, Bad Wiessee zu neuem Glanz zu verhelfen.
Das alte Bad und die Wandelhalle hat die Gemeinde wieder verkauft. Die Sports Medicine Excellence Group (SME) will dort ein Gesundheitshotel der Extra-Klasse realisieren. Das alte Jodbad kommt weg. Nur die Wandelhalle bleibt. Dort hält die Gemeinde heuer ihren Neujahrsempfang ab, das erste Mal. Auch das wird eine Art Abschied sein. Die Halle bleibt zwar stehen, bekommt aber ein völlig neues Innenleben. SME richtet dort eine Gastronomie ein.
So schwer Zinser und ihrem Team der Abschied fällt: Leicht war die Arbeit im alten Haus zuletzt nicht. „Man hat jeden Tag Angst, dass es einen Wasserrohrbruch gibt“, meint Zinser. Die Technik ist marode und kaum noch zu flicken. Aber das Alte hat auch Charme: „Es ist halt retro“, meint Zinser.
Abgerissen wird das Bad nun doch erst im nächsten Spätherbst statt schon im Januar. Am Umzugstermin wollte Zinser dennoch nicht rütteln. Schließlich hatte man sich auf den Auszug zu Weihnachten eingerichtet. Die Stammkundschaft war informiert, das Telefon umgemeldet, der Umbau der Räume im Badepark organisiert. Die Arbeiten dort sind fast abgeschlossen, Anfang Januar startet der Probebetrieb. Spätestens bis Februar soll dort alles laufen.
Im neuen Domizil muss das Team mit weniger Platz auskommen, hat aber auch kürzere Wege. Wie berichtet, handelt es sich um eine ehemalige Physiotherapie-Praxis. „Das sind halt Funktionsräume“, sagt Zinser. Sie ist glücklich, dass es dieses Übergangsdomizil gibt. Denn das neue edle Jodbad, das die Gemeinde neben dem Badepark bauen will, wird frühestens 2018 stehen. Und eine Schließung, vielleicht für zwei Jahre, hätte den Betrieb die Stammkundschaft gekostet – und die Mitarbeiter. Nun wird niemand gekündigt, die Stimmung im Team ist gut.
Wenn sich die Tür des alten Bads Weihnachten schließt, macht sie nicht mehr auf. Auch der Saal, in dem früher das Orchester spielte, bleibt leer. „Das ist wie beim Haus des Gastes“, sagt Bürgermeister Peter Höß. Auch dort sind Räume ungenutzt, obwohl es für sie durchaus eine Verwendung gäbe, zum Beispiel für Konzerte. Aber es wäre einfach zu teuer, die Heizung noch einmal in Gang zu setzen, meint Höß. Die alten Häuser, einst der Stolz des Ortes, bleiben unberührt, bis die Abbruch-Firma kommt.
jm