Trauermarsch durch Tegernsee

Tegernsee - 350 Demonstranten aus allen Talgemeinden haben am Samstagnachmittag in Tegernsee mit einem Trauermarsch ein Zeichen gesetzt: gegen massive Bauprojekte und für mehr Bürgerbeteiligung.
„Letzter Gruß an die Schönheit des Tegernseer Tals“ steht provokant auf der Schleife eines großen Trauerkranzes: Diesen hatte die Schutzgemeinschaft Tegernseer Tal (SGT), die zu der Demonstration gegen zahlreiche und massive Bauvorhaben im Tegernseer Tal aufgerufen hatte, im Schulhof des Gymnasiums aufgestellt. Mit ihm trägt der Verein die Schönheit des Tegernseer Tal symbolisch zu Grabe.
Dass die „Trauergemeinde“ derart groß werden würde, damit hatte die SGT nicht gerechnet. „Ich bin beglückt, dass so viele Leute gekommen sind“, sagte die mit Frack und Zylinder uniformierte „Totengräberin“ Rike Stadler. Um sie und den Kranz herum versammelten sich am Samstag ab 15 Uhr immer mehr Bürger – und zwar nicht nur aus Tegernsee, sondern auch aus Gmund, Bad Wiessee, Rottach-Egern, Kreuth und sogar aus Miesbach. Darunter auch Gemeinde- und Kreisräte. 350 Protest-Teilnehmer zählte die Polizei später.
„Schön, dass so viele da sind“, rief auch Johannes von Miller aus Bad Wiessee, der spontan verkündete: „Wir sind nicht gegen den Westerhof. Aber wir brauchen keine Western-Stadt. Wir brauchen Hotels – aber bitte anständig und vernünftig.“ Unter dem Applaus der Demonstranten forderte er einen Landschaftsschutz, in dem nicht einfach Brauereiabfüllanlagen gebaut werden können. Er forderte ein gesondertes Baurecht und einen Bebauungsplan für das Tegernseer Tal und fragte, wo denn eigentlich die EWG-Satzung abgeblieben wäre. „Wir brauchen einen Masterplan für die bauliche Entwicklung“, rief er und verlangte, dass nicht weiter Baudenkmäler abgerissen und durch 08/15-Bauten ersetzt würden. Miller lobte die Vorgehensweise der Gemeinde Bad Wiessee, die für die Entwicklung des Kurviertels die Planung selbst in die Hand nehme. „Wir müssen sagen, was wir wollen und das in den Gemeinderäten vertreten. Wir sind das Volk; wir sind die kritische Masse. Und wir wünschen uns mehr kritische Masse in den Köpfen der Verantwortlichen“, beschwor er.
Als sich der Marsch mit entzündeten Fackeln, Laternen und Kerzen schließlich in Richtung Point in Bewegung setzte, geschah das ruhig und gemessenen Schrittes. Da wurde nicht skandiert. Lediglich einige Transparente mit der Aufschrift „Mehr Bürgerbeteiligung“, „Kaputt bleibt kaputt“ und „Landschaftsquäler“ sowie eine Fahne des Bund Naturschutz identifizierten den Zug als Protestmarsch. Auf dem Weg trafen die Teilnehmer dann auf Tegernsees Bürgermeister Peter Janssen. Der nahm den Zug nicht etwa ab. „Ich bin rein zufällig hier“, betonte Janssen. Er sei auf dem Weg zu einer Geburtstagsfeier und lehnte – nach einem Interview mit dem Bayerischen Rundfunk – weitere Stellungnahmen ab.
Am Paraplui auf der Point warteten Sepp Kandlinger und eine Musiker, um die Prozession mit dem Trauermarsch zu empfangen. Die Vorsitzende der Schutzgemeinschaft Tegernseer Tal, Angela Brogsitter-Finck, schloss dann die Veranstaltung: „Wir haben heute ein Zeichen gesetzt gegen den Ausverkauf unserer Heimat.“ Sie war angetan, dass die Demonstranten aus allen Bevölkerungsschichten und aus allen Altersgruppen waren. Auch angesichts der vielen, anwesenden Gemeinderäte, denke sie, sei die Botschaft angekommen. Sie forderte: „Wir müssen nicht alles hinnehmen. Wir müssen uns zur Wehr setzen, sonst sind wir Einheimischen irgendwann einmal wie die Indianer in einem Reservat.“ Bevor sich die Demonstration dann unter getragenen musikalischen Klängen auflöste, disktutierten einige auf der Point noch länger in kleineren Gruppen leidenschaftlich.
Alexandra Korimorth