1. Startseite
  2. Lokales
  3. Tegernsee
  4. Rottach-Egern

Das sagt Josef Bogner (60) vom Voitlhof zum Wirtshaussterben

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Gabi Werner

Kommentare

null
Mit dem neuen Voitlhof zum Zotzn hat sich die Familie Bogner einen Traum erfüllt. Der Betrieb läuft sehr gut, dennoch weiß Senior-Chef Josef Bogner um die Probleme in der Gastronomie-Branche. © Thomas Plettenberg

Das Wirtshaussterben greift um sich. Auch im Landkreis Miesbach. Der Rottacher Josef Bogner (60) vom Voitlhof liebt seinen Beruf - er weiß aber auch um die Probleme der Branche. Ein Interview.

Rottach-Egern – Josef Bogner (60) ist seit vielen Jahren erfolgreich in der Gastronomie unterwegs ist. Seine Familie betreibt neben dem neuen Voitlhof zum Zotzn auch das Café Gäuwagerl im Kutschenmuseum und das Ausflugsziel Siebenhütten. Das Familienunternehmen beschäftigt um die 40 Mitarbeiter. Im Interview erklärt Bogner, wo die Schwierigkeiten in der Branche liegen, warum er Wirtskollegen, die aufgeben, verstehen kann und was ihn persönlich antreibt.

Herr Bogner, im Dezember 2016 hat Ihr Sohn mit seiner und Ihrer Familie den neuen Voitlhof in Betrieb genommen. Wie laufen die Geschäfte?

Josef Bogner: Die laufen gut, wir sind sehr zufrieden. Der Betrieb ist vom alten Zotzn nahtlos zum neuen Voitlhof übergangen. Wir haben jetzt doppelt so viel Fläche und doppelt so viel Arbeit (lacht).

Einigen Kollegen von Ihnen ist die Freude an der vielen Arbeit zuletzt abhanden gekommen. Die haben ihre Gaststätten entkräftet aufgegeben, jüngstes Beispiel der Oberbräu in Holzkirchen. Woran liegt’s?

Josef Bogner: Wenn sich jemand als Selbstständiger für eine Gaststätte entscheidet, ist ihm durchaus bewusst, dass er irrsinnig viel Arbeitszeit in Kauf nehmen muss, dass es überhaupt umgeht. Ein Zwölf-Stunden-Tag ist da völlig normal. Den Mitarbeitern kann man das natürlich nicht abverlangen. Und wenn sie doch bereit wären, so viele Stunden zu arbeiten, rechnet sich das unterm Strich für sie nicht. Dann wird ihnen aufgrund der Steuer-Progression einfach zu viel abgezogen.

Das heißt, es ist einfach schwierig in der Gastronomie, engagiertes und gutes Personal zu finden?

Josef Bogner: Wir in unseren Betrieben dürfen da eh nicht klagen, aber ein Problem ist die Flexibilität, die von den Mitarbeitern gefordert wird. Bei diesen Arbeitszeiten müssten die Leute schon fast unabhängig und alleinstehend sein. Als Familienvater oder Mutter ist es schwierig. Und dann brauchen die Mitarbeiter natürlich ein Dach überm Kopf, eine anständige Wohnmöglichkeit. Und da fehlt es bei uns ja himmelweit. Dabei ist das Grundrecht auf angemessenen Wohnraum sogar in der Bayerischen Verfassung verankert.

Sie haben es bereits angesprochen: Auch die Verdienstmöglichkeiten in der Gastronomie sind häufig nicht sehr gut.

Josef Bogner: Das ist richtig. Grundvoraussetzung, gute Mitarbeiter zu bekommen, ist eine ordentliche Bezahlung. Das Problem ist, dass man den eigentlichen Wert einer Arbeitsstunde nicht umlegen kann aufs Essen und Trinken. Theoretisch könnte man es natürlich umlegen, aber dann würde sich garantiert das Geschäft reduzieren. Für unser gängigstes Gericht zum Beispiel, den Krustenbraten, müssten wir dann zwei bis drei Euro mehr verlangen. Und das machen die Gäste vermutlich nicht mit.

Lesen Sie auch: Valleyer Brauerei-Chef erklärt, warum es heute so schwer ist, Wirte zu finden

Sind die Menschen bei uns grundsätzlich zu wenig bereit, Geld für qualitativ gutes Essen auszugeben?

Josef Bogner: Das vielleicht nicht, aber in vielen Köpfen hat sich beispielsweise eingebrannt, dass Hausmannskost, die viel Arbeit macht, nix kosten darf. Bei einem Steak dagegen, das ich bloß runterschneiden muss, sind 30 Euro in Ordnung. Hinzu kommt, dass wir ja nicht nur Qualität auf dem Teller bieten, sondern auch rundherum am Haus. Wir haben viel investiert, und auch das muss ja wieder reinkommen.

Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband macht sich seit Längerem für eine steuerliche Gleichbehandlung aller Speisen stark. Bisher werden auf servierte Speisen 19 Prozent Mehrwertsteuer erhoben, beim Lebensmitteleinzelhandel sind es nur sieben Prozent. Wäre die Gleichbehandlung ein erster Schritt in die richtige Richtung?

Josef Bogner: Sicherlich. Unser Nachbar Österreich macht es uns ja bereits vor. Dort müssen die Wirte nur zehn Prozent auf die Speisen im Lokal zahlen, wir haben 19 Prozent. Auch uns täten zehn Prozent Entlastung natürlich gut, das würden wir dann gerne 1:1 den Mitarbeitern zukommen lassen. Das wäre schon ein Lösungsansatz. Schließlich haben unsere Mitarbeiter aufgrund der Verdienstmöglichkeiten und der hohen Mieten heute ja kaum noch die Möglichkeit, Rücklagen zu bilden.

Das könnte Sie auch interessieren: Wie die Gastro-Szene am Tegernsee wirklich ist: Ex-Bräustüberl-Bedienung packt aus

Und trotzdem: Die gesamte Familie Bogner setzt auf die Gastronomie-Branche. Da ist ja nicht nur der Voitlhof, sondern auch noch das Café Gäuwagerl und Siebenhütten. Warum eigentlich?

Josef Bogner: Den Beruf sucht man sich nicht aus, sondern man hat ihn im Blut. Ich selbst bin seit 45 Jahren in der Gastronomie und habe den Beruf von der Pike auf mit Leidenschaft gelernt. Meine Kinder haben diese Leidenschaft eben mitbekommen. Für uns ist es ein Riesenvorteil, dass alle Familien-Mitglieder voll und ganz dabei sind. Anders ginge es auch nicht.

Und was kann nun die Politik konkret tun, um die Berufe in der Gastronomie wieder attraktiver zu machen.

Josef Bogner: Zum einen muss – wie gesagt – etwas auf dem Wohnungsmarkt passieren. Zum anderen bräuchte es steuerliche Vorteile, damit die Arbeit in der Gastronomie wieder attraktiver wird. Es muss sich wieder richtig lohnen, wenn fleißige Leute am Wochenende arbeiten. Es gibt doch in vielen Branchen steuerfreie Zuschläge, nur der Dienstleister ist am Wochenende der Depp.

Und auch hier geht‘s um die Gastronomie: Zuhause bei „Mamma“: Warum die Gianninis da erfolgreich sind, wo andere gescheitert sind

gab

Der Fachkräftemangel in der Gastronomie bedroht den Fortbestand der Wirtshäuser in Bayern. Die Wirte hoffen nun auf das neue Fachkräfte-Zuwanderungsgesetz. 

Auch interessant

Kommentare