Nach Riss im Grundstück: Bauträger und Nachbar vor Gericht - Zögern vor Vergleich

Vor dem Landgericht München II wurde um den Riss im Grundstück von Sepp Kandlinger verhandelt. Der Richter schlug 30 000 Euro als Ersatz für Schäden vor - doch es kam noch zu keiner Einigung.
Rottach-Egern – Vor dem Landgericht München II wurde jetzt ein Fall verhandelt, wie er offenbar öfter im Tegernseer Tal vorkommt. Bauträger reizen Grundstücke bis auf den letzten Zentimeter aus. Das Nachsehen haben Nachbarn mit entstandenen Bauschäden. Die Kosten für deren Behebung müssen oft vor Gericht eingeklagt werden. In diesem Fall klagt Sepp Kandlinger.
Ein Prozessbeobachter aus Rottach-Egern, der selbst Geschädigter ist und sich über seine Chancen vor Gericht informierte, brachte es gegenüber unserer Zeitung auf den Punkt: „Da machen sie mit ihren Luxus-Wohnanlagen in Bestlagen viele Millionen Euro Gewinn, und als Geschädigter muss man dann wegen etlichen Tausend Euro Schaden sein Recht einklagen.“ Auch Richter Andreas Zeug machte zu Beginn der Verhandlung deutlich, „dass es bei diesem Objekt mit Millionen Euro teuren Wohnungen um ziemliche Gewinnmargen ging, da dürften 30 000 Euro“, so sein vorgeschlagener Vergleich für den Schadenersatz, „keinen wirklichen Gewinnverlust darstellen.“ Doch die beklagte Bauträger-GmbH, vertreten durch drei Anwälte, spielte auf Zeit. Man wolle Zeugenvernehmungen und weitere Sachverständigengutachten.
Spundwände sollen für Riss verantwortlich sein
Die sollen beurteilen, wie es in der Rottacher Auenstraße zu der vermeintlich tiefen Abrisskante auf Sepp Kandlingers Nachbargrundstück kommen konnte. Sie sollen entstanden sein, als die Spundwände für den Neubau der vier Mehrfamilienhäuser gezogen wurden. Ein tiefer Riss auf etwa 40 Metern Länge entstand im Oktober 2020 auf Kandlingers vermietetem Objekt in der Garageneinfahrt. „Ohne sich über eventuell entstandene Schäden am Kanal auf Kandlingers Grundstück zu informieren“, beklagt dessen Anwalt Thomas Möller, „ist einfach verfüllt worden.“ Dies offenbar in einer Art Nacht- und Nebelaktion, denn als Kandlinger von besorgten Mietern verständigt wurde, hätte er am nächsten Morgen nur noch einen Riss von wenigen Metern dokumentieren können. Sein Anwalt forderte daher unmissverständlich: „Wer schuld ist, zahlt.“
Zwar drückten die beteiligten Firmen, der Bauträger und der Architekt damals schnell ihr Bedauern aus und versicherten sogar schriftlich, dass die Schäden auf ihre Kosten „selbstverständlich wieder saniert werden“, doch nichts geschah, versicherte Kandlinger. Im Gegenteil. Er bekam Post von einer Anwaltskanzlei. Sie hält es nicht für erwiesen, dass durch die Bauarbeiten für die 17 Eigentumswohnungen und Alpen-Chalets mit entsprechender Tiefgarage Kandlingers Grundstück „den Anschluss verloren hätte oder abgerutscht wäre“. Auch seine Schadensfotos wurden angezweifelt, ebenso, dass er Eigentümer des Grundstücks sei. Schließlich stehe im Grundbuch ein Sepp Kandlinger jun., der wohl mit ihm (Kandlinger feierte kürzlich seinen 80.) nicht identisch wäre. Kandlinger, mit der Rottacher Bürgermedaille geehrt, erbte die Immobilie, wie er erklärte, in den 70er-Jahren vom Vater mit gleichem Vornamen, wie es oft üblich war und noch ist.
Richter um Ausgleich bemüht
Richter Andreas Zeug, sichtlich um Ausgleich bemüht, versuchte es mit einem Vergleichsangebot von 30 000 Euro für den Gesamtschaden, der Kandlinger entstanden sei. Dieser zeigte sich zunächst einverstanden. Sein Anwalt gab aber zu bedenken, dass das damals günstigste Angebot einer Tiefbaufirma bei knapp 26 000 Euro lag. Inzwischen liege nach zwei Jahren ein Kostenvoranschlag einer anderen Firma mit weitaus höheren Kosten vor.
Ob es zum Vergleich kommt, hängt für beide Seiten vom weiteren Verlauf des Prozesses ab. Der nächste Termin ist für Mai angesetzt. kw
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