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Geldwäsche und Verstoß gegen Russland-Sanktionen? Oligarch vom Tegernsee im Visier der Fahnder

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Von: Klaus Wiendl

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Jahrelang genoss der russisch-usbekische Milliardär Alischer Usmanow das idyllische Leben am Tegernsee. Jetzt rückten die Behörden mit einem Großaufgebot an.

Rottach-Egern – Es sind Szenen wie aus einem Tatort-Krimi. Großeinsatz in Rottach-Egern am Tegernsee. Aufgeregt stehen am Mittwochvormittag die Anwohner in der Fischer-, der Forellen- und der Ganghoferstraße vor den Polizeiabsperrungen. Dahinter durchkämmen 120 Beamte, teilweise bewaffnet mit Maschinenpistolen, die vier Villen, die dem russisch-usbekischen Oligarchen und angeblichen Putin-Vertrauten Alischer Usmanow entweder direkt oder über Strohmänner gehören sollen.

Die Vorwürfe wiegen schwer: Zwei Verfahren laufen gegen den 69-jährigen Usmanow. Die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main ermittelt wegen des Verdachts der Geldwäsche. Laut Mitteilung von gestern soll Usmanow, der nicht namentlich genannt wird, von 2017 bis 2022 mit einem komplexen Netzwerk über Offshore-Staaten einen mehrstelligen Millionenbetrag verschoben haben. Das Geld, der Spiegel berichtet von 555 Millionen Euro, soll aus Steuerhinterziehungsdelikten stammen.

Tegernsee-Oligarch im Visier: Hat Usmanow Russland-Sanktionen umgangen?

Der zweite Vorwurf, dem die Staatsanwaltschaft München II nachgeht: Usmanow, der laut Spiegel derzeit in Usbekistan vermutet wird, soll gegen die wegen des Ukraine-Kriegs auch gegen ihn verhängten Sanktionen verstoßen haben. Indem er mit eingefrorenen Geldern weiter eine Sicherheitsfirma bezahlte, um die ihm zuzurechnenden Immobilien in Oberbayern zu bewachen. Nach Informationen unserer Zeitung soll es sich um eine Sicherheitsfirma mit Sitz in Kiel handeln, deren Mitarbeiter regelmäßig mehrere Maybach-Luxuslimousinen in einer benachbarten Tiefgarage parkten. Insgesamt wurden 24 Objekte in Bayern, Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein und Hamburg durchsucht. Rund 250 Beamten waren insgesamt im Einsatz. Ein Sprecher Usmanows ließ eine Anfrage unserer Zeitung unbeantwortet.

Großeinsatz am Tegernsee: Polizisten auf einem der Anwesen, das dem russisch-usbekischen Milliardär Alischer Usmanow gehören soll
Großeinsatz am Tegernsee: Polizisten auf einem der Anwesen, das dem russisch-usbekischen Milliardär Alischer Usmanow gehören soll. © Plettenberg

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Tegernsee: „Panama Papers“ brachten Oligarch Usmanow in die Bredouille

Lange genoss Usmanow unbehelligt das Leben am Tegernsee. Das Blatt wendete sich langsam, als er in den Enthüllungen um die „Panama Papers“ 2016 auftauchte. Schon damals kam der Verdacht auf, Usmanow könnte durch Offshore-Konten hohe Gewinne verschleiert haben. Nachdem er um seinen Reichtum von angeblich 14 bis 16 Milliarden Dollar fürchtete, regelte er die Besitzverhältnisse mit einem weltumspannenden Familientrust neu. Dieses Geflecht müssen die Ermittler nun aufdröseln.

Auch drei Beamte der Steuerfahndung machten sich im Hauptwohnsitz von Usmanow zu schaffen. Denn, so der Vorwurf, Usmanow halte spätestens seit 2014 einen Wohnsitz in Bayern. Die Staatsanwaltschaft München II geht davon aus, dass der Unternehmer zuletzt ganze Monate in Deutschland verbracht hat. Damit sei er in Deutschland steuerpflichtig geworden. Diesen Pflichten sei er jedoch nicht nachgekommen.

Ermittlungen gegen Usmanow: Etwa 120 Beamte waren allein in Rottach-Egern im Einsatz
Ermittlungen gegen Usmanow: Etwa 120 Beamte waren allein in Rottach-Egern im Einsatz. © Plettenberg

Tegernsee-Oligarch Usmanow: CSU-Politiker vermutet „teure PR-Berater“ aus Liebe zum Tegernsee

Als Beispiel wird aus Ermittlerkreisen die Villa in der Fischerstraße angeführt, die Usmanow 2011 für 7,2 Millionen Euro über die Steueroase Isle of Man erwarb. Nach Informationen unserer Zeitung ist er von seinen Strohmännern als „wirtschaftlich Berechtigter“ im Kaufvertrag eingetragen. Usmanow aber will die Villa nur gemietet haben, wie er unserer Zeitung mitteilte. Er soll nach Recherchen der Steuerfahndung Rosenheim jedoch eine vergleichsweise niedrige Miete zwischen 2000 und 4000 Euro bezahlt haben. Daher vermuten die Fahnder eine verdeckte Gewinnausschüttung, die dem Finanzamt hätte gemeldet werden müssen.

Alexander Radwan, der örtliche CSU-Bundestagsabgeordnete, begrüßt das Vorgehen der Behörden. „Usmanow hat in den letzten Monaten wohl teure PR-Berater bezahlt, um sein Image zu retten und seine große Liebe zum Tegernsee zu bekunden“, sagt Radwan. „Nur zum brutalen Vernichtungskrieg des Kremls schweigt er sich weiter aus.“ Deswegen müsse er mit aller Konsequenz weiter sanktioniert werden.

Klaus Wiendl

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