Tegernsee will Solaranlagen an Balkonen erlauben: „Nicht schön, aber notwendig“

Die Stadt Tegernsee ist gerade dabei, ihre Gestaltungssatzung zu ändern. Auch Anlagen zur Stromgewinnung an Balkonen spielen dabei eine Rolle.
Tegernsee – 2018 hatte die Stadt Tegernsee zuletzt ihre Gestaltungssatzung geändert. Jetzt soll sie in vielen Punkten erneuert werden, weil sie den derzeitigen Ansprüchen vieler Bauherren nicht mehr entspricht. Bereits vor seiner Sommerpause hatte sich der Stadtrat in einer ersten Runde mit einer Aktualisierung befasst und die Verwaltung beauftragt, auf Basis der besprochenen Änderungen und Ergänzungen einen Entwurf für die Neufassung vorzubereiten. Dieser Entwurf lag jetzt vor und wurde erneut beackert. Im November soll die Satzung dann zur Abstimmung kommen.
Eine der wichtigsten Änderungen betrifft die Anlagen zur Energiegewinnung. Bürgermeister Johannes Hagn (CSU) stieg mit der Aufständerung von Solaranlagen auf Nebengebäuden in die Thematik ein. „Wenn wir begrünte Flachdächer zulassen, warum erlauben wir dann nicht auch aufgeständerte Solaranlagen?“, fragte er in die Runde. Ohne Debatte wurde das bisherige Verbot aus dem Entwurf gestrichen.
Eine größere Debatte löste die Frage aus, ob künftig auch an Balkonen Anlagen zur Energiegewinnung erlaubt sein sollen. Diese Debatte wird aktuell ringsum geführt – und zwar konträr. Während etwa in Miesbach die Gestaltungssatzung dahingehend gelockert werden soll, kann sich die Gemeinde Gmund bisher nicht damit anfreunden. Sie lehnte erst vor Kurzem einen entsprechenden Antrag für eine PV-Anlage am Balkon ab, vertröstete den Bauherren aber damit, dass die Gestaltungssatzung auch hier überarbeitet werden solle. Laut bisheriger Satzung seien solche Anlagen noch nicht genehmigungsfähig.
PV-Anlagen an Balkonen - die schwierigste Frage überhaupt.
Rudolf Gritsch (CSU) hielt PV-Anlagen an Balkonen für die „schwierigste Frage“ überhaupt. „Sie generell zu verbieten ist nicht mehr zeitgemäß“, so Gritsch, der dennoch eine Beeinträchtigung des Ortsbildes befürchtet und gestand, dass er „total hin- und hergerissen“ sei. Mit der Einschränkung, dass man auf Denkmalschutz und Sichtbarkeit Rücksicht nehmen solle, war er fürs Zulassen.
Thomas Mandl (SPD) war ebenfalls dafür, die Satzung auf gewisse Sichtfenster hin anzupassen. Die Satzung sei auch nicht für die Ewigkeit, sie könne ja nachjustiert werden, meinte er. „Wir sollten jetzt, wo das Thema vielen Leuten unter den Nägeln brennt, angreifen und zu einer Lösung kommen.“
Solaranlagen an Balkonen: „Wir können uns nicht dagegenstellen“
Auch wenn er Balkon-Anlagen für „ultrahässlich“ hielt, so war Marcus Staudacher (Grüne) fürs Befürworten. Zudem könne man sich nicht gegen aktuelle Aussagen des Bundesverfassungsgerichts stellen, das alle nur möglichen Maßnahmen einfordert, um den Klimawandel in Grenzen zu halten „Wir können uns nicht dagegen stellen“, sagte Staudacher.
Sebastian Lorenz (CSU) war fürs Einbeziehen des Denkmalschutzes und für den Aspekt der Sichtbarkeit. So sollen etwa in der Rosenstraße, wie Hagn dann formulierte, Balkonanlagen nur abseits der Straße erlaubt sein.
Ursula Janssen (Grüne) fand, dass man den Menschen nicht verbieten solle, einen Beitrag zur Energiewende, die ja auch ein Bewusstseinsprozess sei, zu leisten. Anlagen an Balkonen seien „nicht schön, aber notwendig, und auch nur eine Interimslösung“, so Janssen. Andreas Feichtner (CSU) war überzeugt, dass sich die Zahl der Anlagen wegen des Kosten-Nutzen-Aspekts in Grenzen halten werde, daher könne die Stadt durchaus ein Zeichen setzen und dies erlauben. Im neuen Entwurf wird also vorgesehen, dass Anlagen bis zu 30 Grad ausklappbar, aber nicht über die Brüstung reichen dürfen.
Im weiteren Verlauf der Debatte waren die Ablöse von Parkplätzen, das Thema Beleuchtung, sogenannte Staffelgeschosse sowie Fassaden-Farben Thema. Zu letzterem Aspekt ist noch nicht das letzte Wort gesprochen, „denn die Farbe Gelb kann auch grausam sein“, wie Ursula Janssen anmerkte.
Weitere Berichte aus der Region lesen Sie hier.
gr