Tegernsee will mit Schätzen der Literatur begeistern

Geschichtsbewusstsein stärken, literarische Kulturschätze sichtbar machen und erleben – das will das Pilotprojekt „TELITO: Tegernseer LiteraTouren“. Die Bundesregierung spendiert 100.000 Euro.
Tegernsee – Seit Jahrhunderten ist das Tegernseer Tal ein Anziehungspunkt für Kunst und Literatur in Bayern. Spektakuläre Werke sind hier bis 1803 entstanden. Dass das Kloster Tegernsee einst das benediktinische, literarische Zentrum Altbayerns sowie ein Mittelpunkt deutscher Glas- und Buchmalerei sowie Musiktheorie war, ist in Vergessenheit geraten.
„Heute konzentriert sich vieles nur noch auf die Zeit zwischen 1933 bis 1945 und auf die Werke einiger weniger Künstler wie Ludwig Thoma, Ludwig Ganghofer, Leo Slezak oder Olaf Gulbransson“, findet Klaus Wolf, Vorsitzender des schwäbischen Vereins Literaturschloss Edelstetten und Professor an der Uni Augsburg für Deutsche Literatur und Sprache des Mittelalters sowie der Frühen Neuzeit mit Schwerpunkt Bayern. Zusammen mit der Literatur- und Kulturwissenschaftlerin Dr. Ingvild Richardsen und dem Literaturwissenschaftler Dr. Peter Czoik hat er deshalb ein Pilotprojekt ins Leben gerufen: „TELITO: Tegernseer LiteraTouren“. Im Tegernseer Rathaus und im Beisein von CSU-Bundestagsabgeordneten Alexander Radwan sowie Bürgermeister Johannes Hagn wurde es präsentiert.
„Nicht in den Metropolen leuchten die kulturellen Sterne, am Tegernsee liegt das kulturelle Zentrum“, betont auch Radwan. Herausstellen, wo die Wurzeln wirklich liegen, das Selbstwertgefühl der Bevölkerung stärken, zur aktiven Teilhabe motivieren – das will das Projekt mit staatlicher Förderung erreichen: 100 000 Euro stellt das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft dafür zur Verfügung.
Einheimische sowie kulturinteressierte und gut situierte Gäste sollen sich buchstäblich auf den Weg machen: Geplant sind zwölf Literaturpfade, flankiert von Theater, Festivals, Workshops, Vorträgen und Ausstellungen. Sogar eine eigene App soll es geben. Über die Tegernseer Tal Tourismus GmbH (TTT) soll das Projekt vermarktet, Heimatführer dafür geschult werden. „Wir sind mehr als dankbar für die Aktion“, sagt TTT-Chef Christian Kausch und kündigt nach dem „Aktivjahr“ 2019 und dem „Gesundjahr“ 2020 für 2021 ein „Kulturjahr“ an.
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Im Frühjahr 2019 soll TELITO in Fahrt kommen. Die Pfade sollen von der Vergangenheit in die Gegenwart führen und Vergessenes wieder zugänglich machen. Die Themen reichen vom inzwischen patentierten Klosterwappen über schreibende Frauen am Tegernsee und die Geschichte des Brandner Kaspar. Auch auf die Spuren ritterlichen Lebens, des Heiligen Quirinus und jüdisches Schrifttum macht sich das Projekt. Der Kriminalliteratur kommt man ebenso auf die Spur wie Sagen, Mythen und düsteren Legenden wie einer Dracula-Überlieferung aus dem Kloster.
Das Museum Tegernseer Tal, in dem für Initiator Klaus Wolf die jahrhundertealte Bedeutung Tegernsees als literarisches Zentrum bisher kaum Ausdruck gefunden habe und dessen Öffnungszeiten eingeschränkt seien, wird voll in TELITO integriert. Sonderausstellungen sind dort geplant, aus dem Fördertopf soll eine neue LED-Lichtanlage bezahlt werden. Hans-Herbert Perlinger, Vorsitzender des Altertums-Gauvereins, hat die Mitarbeit zugesagt und ist vom Erfolg des Projekts überzeugt: „Das Interesse der Bevölkerung ist da.“
gr