Bayerns erste Pferde-Leihmutter
- Parsdorfer Stute bringt Fohlen per Embryotransfer zu Welt
Parsdorf - Auf den ersten Blick scheint alles ganz normal für einen Apriltag: eine große Koppel, Mutterstuten, neu geborene Fohlen - alles Quarter Horses. Bis der Blick auf eine stämmige Haflingerstute fällt, an deren Seite eine kleine braune Stute stakst. Eindeutig ebenfalls ein Quarter Horse-Fohlen - und ganz sicher kein kleiner Haflinger. Dabei hat "Almeria" das kleine, noch namenlose, Stütchen am 12. April in der Reitsportanlage Vaterstetten selbst auf die Welt gebracht, das Fohlen selber ausgetragen. Nur: der Embryo stammt von einer anderen Stute. Und damit ist in Bayern das erste Fohlen nach einem Embryotransfer auf die Welt gekommen.
Züchter Richard Hagl: "In anderen Ländern wie Italien ist dieses Verfahren recht üblich. Wir wollen das jetzt auch in Bayern stärker publik machen. Und haben mit der Pferdeklinik in Parsdorf die idealen Partner gefunden." In der Reitsportanlage Vaterstetten ist dafür extra ein Bereich zur Besamung der Stuten eingerichtet worden, inclusive eines kleinen Labors, in dem die Tierärzte die nötigen Untersuchungen machen können. Eine Einrichtung die auch ohne Embryotransfer schon erfolgreich ist: die Bedeckungsrate auf der Reitsportanlage Vaterstetten ist seit dem letzten Jahr um 300 Prozent gestiegen.
Tierärztin Dr. Susanne Blessing von der Pferdeklinik in Parsdorf erklärt das Verfahren des Embryotransfers: "Die Spenderstute wird ganz normal befruchtet. Am achten Tag der Trächtigkeit wird der Embryo aus der Gebärmutter ausgespült. Mit etwas Routine kann man ihn dann schon mit dem bloßen Auge erkennen. Eine Empfängerstute - wie hier Almeria - wurde bereits vorher mit der Spenderstute vom Zyklus her synchronisiert. Mit einer Pipette, wie sie etwa auch zum Besamen benützt wird, wird der Embryo der Empfängerstute eingepflanzt. Die Trächtigkeit verläuft dann völlig normal."
Durch den Embryotransfer erhalten die Züchter die Möglichkeit, auch mit Stuten, die noch im Sport erfolgreich sind, gleichzeitig zu züchten.
Stute bei Vererbung ebenfalls wichtig
Bis jetzt haben die Hengste einen großen Einfluss weil sie so viele Nachkommen produzieren - dabei ist jedem Züchter klar, dass ein bedeutender Teil der Vererbung von der Stute kommt. Aber Stuten können naturgemäß nur ein Fohlen pro Jahr bekommen. Mit dem Embryotransfer könnte eine Stute theoretisch problemlos weiter im Sport laufen und bis zu vier Fohlen im Jahr bekommen - je nach den Bestimmungen des Zuchtverbands. Das ermöglicht eine viel stärkere Selektion bei der Qualität der Stute.
Das Verfahren lässt sich allerdings nicht bei allen Stuten problemlos durchführen. Dr. Blessing: "Stuten, die schwer aufnehmen, also Probleme haben, trächtig zu werden, kommen für den Embryotransfer nicht in Frage. Der Beginn der Trächtigkeit ist ein ganz normales Verfahren - wir greifen erst nach der Befruchtung ein." Und auch die Empfängerstuten müssen ganz bestimmte Qualitäten erfüllen: "Das müssen richtige Muttertypen sein - ruhig, bodenständig."
Das beweist "Almeria" mit ihrem kleinen Fohlen auf der Koppel in Parsdorf denn auch sehr eindrücklich. Als ein paar Jährlingshengste zu neugierig an den Zaun herankommen, verteidigt das Muttertier ihr Fohlen mit angelegten Ohren und gebleckten Zähnen.ez