Extrem nah dran an der Spitze: Talent Tingrui Shen belegt bei Jugend-Europameisterschaft den fünften Platz

Sich für die Schach-Europameisterschaft des Nachwuchses zu qualifizieren, ist nicht einmal über eine Top-Platzierung bei der Deutschen Einzelmeisterschaft möglich. Das für die Nominierung verantwortliche Gremium um Nachwuchs-Bundestrainer Bernd Vökler bewertet wesentlich mehr Kriterien, mit Schwerpunkt auf der Entwicklungsfähigkeit.
Tingrui „Luis“ Shen aus Tegernsee erhielt dieses Vertrauen – auch wenn er in der Altersklasse 10 zum jüngeren Jahrgang gehört. Das aus dem Schulschach Landkreis Miesbach hervorgegangene Talent dankte die Nominierung mit der besten Platzierung in allen zwölf Kategorien. Der Tegernseer wurde im türkischen Antalya nahezu sensationell Fünfter unter 90 Konkurrenten.
„Wir haben in Antalya insgesamt fünf Top-Ten-Platzierungen errungen. Aber am dichtesten war der Luis an einer Medaille dran“, adelt Bundestrainer Vökler die Leistung des Neunjährigen. Wobei dem aufgrund seiner Bewertungszahl an Platz 27 gesetzten Shen mit drei Siegen ein Auftakt nach Maß gelang. In Runde vier traf der Oberlandler auf den Lokalmatador Ozgur Toprak. Gegen den späteren Europameister war letztlich die fehlende Zeit ausschlaggebend. In Zeitnot unterlief Shen ein kleiner Stellungsfehler.
„Die Kondition in so einem Wettbewerb, die auch zu noch besserer Zeiteinteilung hilft, kommt erst mit den Jahren“, erklärt Schulschachlehrer Thomas Walter. Aber es entspricht dem sonnigen Gemüt und auch dem Glauben an die eigene Leistungsfähigkeit, dass Shen der Punktverlust nicht aus der Bahn warf. Er kam zu zwei weiteren Siegen und in der Meisterschafts-Endphase zu drei Unentschieden. Punkteteilungen gegen ausnahmslos nach Bewertungszahlen höher eingestufte Gegner.
Mit 6,5 von neun möglichen Punkten fehlte Shen in der Endabrechnung lediglich ein halber Zähler, um Platz zwei und damit die Silber-Medaille zu erreichen. Wobei andererseits ein halber Punkt weniger bereits ein Abrutschen um 22 Plätze bedingt hätte. „Der Luis hat den Grundstein in der ersten Klasse über das Schulschach gelegt“, erklärt Walter seinen ersten Kontakt mit Shen. „Wobei sich schnell eine große Begeisterung und der absolute Wille, dazuzulernen, hinzu gesellten.“