Fursty poliert Geschichte
- VON CONNY SÜSS Fürstenfeldbruck - Dürfen Bundeswehreinrichtungen nach einem Todesrichter im Dritten Reich benannt sein? Nein, entschied der Bundestag bereits 1998. Auf Initiative des Buchautors Jakob Knab wurden jetzt auch auf dem Gelände des Fliegerhorstes Fürstenfeldbruck ("Fursty") alle 30 Straßen umbenannt. Der neue Name für alle Wege lautet einheitlich: "Straße der Luftwaffe." Doch damit wurde die Diskussion erst eröffnet.
Die Befürworter der Umbenennung dürften zufrieden sein. So auch der Gymnasiallehrer Jakob Knab aus Kaufbeuren, der die Umtaufe der Straßen, die nach Ritter von Mann (1889-1961) oder Werner Mölders benannt waren, gefordert hatte. Nach Meinung des Sprechers der "Initiative gegen falsche Glorie" fand sich in Fürstenfeldbruck "eine einzige Ballung von skandalösen Straßennamen". Beispiel: Der Namensgeber der "General-Ritter-von-Mann-Straße" hatte nach Angaben von Knab unter anderem 1944 das Todesurteil gegen die polnische Widerstandskämpferin Krystina Witsuka unterzeichnet.
Bereits 1998 hatte das Verteidigungsministerium entschieden, dass die nach dem Legion-Condor-Mitglied Mölders benannte Kaserne in Visselhövede (Niedersachsen) und das gleichnamige Luftwaffen-Geschwader in Neuburg umbenannt werden. Schon damals hatten Gegner kritisiert, dass der Änderungsantrag allein mit den Stimmen von PDS und Grünen zustande gekommen sei, weil die Abgeordneten von CDU/CSU und FDP, die damals die Bundestagsmehrheit hatten, die Sitzung schwänzten. Die SPD enthielt sich damals.
Auch jetzt kann der CSU-Landtagsabgeordnete Reinhold Bocklet die Umbenennung nicht nachvollziehen. Er nennt sie "in der Sache völlig unangemessen und einer Teilstreitkraft eines freiheitlich-demokratischen Staates unwürdig". Wer so mit der Last der Geschichte umgehe, "der zeigt nur, dass er nicht in der Lage ist, sich der Geschichte zu stellen", schrieb Bocklet an Bundesverteidigungsminister Franz-Josef Jung.
"Wir haben uns für diesen Namen entschieden, weil er den gesamten historischen Rahmen der Luftwaffe abbildet", erklärte indes der Standortälteste Thomas Gericke bei der Präsentation der neuen Schilder. Ein Name für 30 Straßen - ist das nicht verwirrend? "Das ist einfacher", entgegnet Andreas Timmermann, Leiter der "Fursty"-Pressestelle, da für die bisherige Orientierung die Straßenschilder keine Rolle gespielt hätten. Denn die etwa 500 Gebäude auf dem riesigen Flugplatzgelände seien in den 30er oder 40er Jahren durchnummeriert worden. "Die Straßennamen waren nur zusätzlich." Das Militär habe auch lediglich den Bundestags-Beschluss umgesetzt. "Wenn wir Militärgeschichte nur durch Straßenschilder vermitteln würden, hätten wir etwas verkehrt gemacht", fügt er hinzu.
Ganz unwichtig sind die Straßenschilder aber doch nicht: Sie werden nicht entsorgt, sondern kommen in das Fliegerhorst-eigene Museum.