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Altenstadterin vor Gericht: Viele Gewaltdelikte, aber keine Verurteilung

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Die Verhandlung fand vor dem Amtsgericht Weilheim statt.
Die Verhandlung fand vor dem Amtsgericht Weilheim statt. © Ralf Ruder

Der Prozess gegen eine 39-jährige Altenstadterin erwies sich, gerade was die Frage der Schuld betrifft, als äußerst kompliziert: Die Liste der Tatvorwürfe schien beinahe kein Ende zu nehmen.

Altenstadt – In ein halbes Dutzend Vorfälle war die 39-Jährige zwischen den Jahren 2021 und 2022 verwickelt und sorgte dabei mit einem besonders aggressiven Auftreten für zahlreiche strafrechtliche Vergehen. Wie im Rahmen der Anklageverlesung schnell klar wurde, stand die Frau zu sämtlichen Tatzeitpunkten unter Alkohol- oder Medikamenteneinfluss, weshalb sie sich zwar an viele Vorwürfe nicht mehr direkt erinnern konnte, diese aber dennoch vollumfänglich einräumte. In ihrer Erinnerung seien nur mehr „Bruchstücke vorhanden“, sagte ihr Verteidiger. Die meisten Vorfälle standen wohl auch in Zusammenhang mit dem Borderline-Syndrom, das der Frau diagnostiziert worden war.

In einem Fall seien sie verständigt worden, da die Beschuldigte, wohl in Suizidabsicht und unter Alkoholeinfluss stehend, über das Geländer einer Brücke geklettert war, sagte ein Polizeibeamter vor Gericht aus. Als die Streife eingetroffen war und die Frau bereits wieder in Sicherheit vorfinden konnte, sei diese durch ihr aggressives und gewaltbereites Verhalten aufgefallen. Treten, Schlagen, Spucken und vor allem massive Beleidigungen seien beim Umgang mit der Beschuldigten beinahe die Regel gewesen.

Etwas später habe sie einen Alkoholwert von „circa 1,5 Promille gepustet“, sagte ein Polizist aus. Nachdem man sie vorübergehend in eine Zelle verbracht hatte, habe die Altenstadterin dort unter anderem begonnen, ihren Kopf gewaltsam gegen die Wand zu schlagen, so die Beamten.

Frau drohte mit Selbstmord

Weitere Vorfälle, bei denen sie zuvor mit Selbstmord gedroht hatte, seien ähnlich abgelaufen. Als sich zwei Polizeibeamte im Zuge einer Suizidankündigung der Frau Zutritt in ihre Wohnung verschafft und sie dort mit unbekannten Tabletten vorgefunden hatten, habe sie erneut massiv beleidigt, getreten und dabei einen Polizisten „im hohen Bogen auf einen Glastisch“ befördert. Ein Notfallsanitäter berichtete davon, dass man der Frau beim Abtransport mit dem Rettungswagen gar eine Maske aufsetzen musste, um nicht von ihren Spuckattacken getroffen zu werden. Gewaltsam gewehrt habe sie sich jedoch auch den Sanitätern gegenüber.

Der anwesende Sachverständige verwies neben Alkohol- und Drogenproblemen auch auf die schwierige familiäre Vergangenheit und die Tatsache, dass die Frau weder eine Ausbildung, noch eine Erwerbstätigkeit vorweisen kann. „Die ganze Packung“, so fasste er ihren bisherigen Lebensweg zusammen. Dass bei der Polizei „oft nicht auf Medikamente geprüft wird“, halte er für problematisch.

Immerhin stand für das Gericht nun zur Debatte, die Frau aufgrund einer möglichen Schuldunfähigkeit freizusprechen. Da die 39-Jährige bei allen Taten zumindest alkoholisiert war, handle es sich dabei wohl um eine Art Grundvoraussetzung für ihr aggressives Auftreten. In den Augen des Gerichts konnten seine medizinischen Ausführungen die Schuldfrage jedoch nicht gänzlich befriedigend beantworten.

„Das ist echt alles nicht ohne“, sagte der Staatsanwalt im Zuge seines Plädoyers. Tätlicher Angriff, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und vorsätzliche Körperverletzung in jeweils mehreren Fällen standen einerseits zu Buche. Da selbst nach einer langen Diskussion zwischen den Prozessbeteiligten nicht ausgeschlossen werden konnte, dass die Angeklagte zu sämtlichen Tatzeitpunkten alkohol- und drogenbedingt unzurechnungsfähig gewesen war, einigte man sich aber auf Freispruch.

Allerdings mit der Bedingung, die Frau in einer Entziehungseinrichtung unterzubringen. Richter Lars Baumann setzte diese Unterbringung zur Bewährung aus.

Die 39-Jährige befindet sich bereits seit einiger Zeit in klinischer Behandlung. Positive Entwicklungen, ihr eigenes Bemühen und die Tatsache, dass sie „therapiemotiviert“ sei, ließen gerade den Verteidiger auf einen therapeutischen Erfolg hoffen. „Schauen Sie, dass Sie abstinent bleiben“, sagte Baumann abschließend in Richtung der Angeklagten. Ein anderer Sachverständiger käme bei künftigen Gutachten möglicherweise zu anderen Ergebnissen.

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