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Mit Erfahrung, Wissen und Herzlichkeit: 343 Einsätze für Denklingens „Helfer vor Ort“

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Von: Katrin Kleinschmidt

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Engagiertes Ehepaar: Renate und Claus Himml gründeten 2003 die „Helfer vor Ort“ in Denklingen mit und fahren noch immer viele Einsätze.
Engagiertes Ehepaar: Renate und Claus Himml gründeten 2003 die „Helfer vor Ort“ in Denklingen mit und fahren noch immer viele Einsätze. © Herold

Seit rund 18 Jahren eilen sie zu Menschen in Not: Die „Helfer vor Ort“ aus Denklingen investieren viel Kraft und Freizeit, um anderen zu helfen. Allein 2020 rückten die acht Ehrenamtlichen 343 Mal aus.

Denklingen – Nein, es war kein einfaches Jahr für die „Helfer vor Ort“ in Denklingen. Sie sind rund um die Uhr bereit, sofort zu anderen zu eilen, sie zu retten, ihnen in ihrer Not beizustehen. Doch 2020 waren die ehrenamtlichen Einsatzkräfte mehrfach machtlos. „Dieses Jahr ging an unsere Belastungsgrenze“, sagt Claus Himml. Elf Menschen starben bei Unfällen im Bereich der Ortsgruppe, die beim Bayerischen Roten Kreuz Landsberg angesiedelt ist. „Es war ein extrem schwerwiegendes Jahr.“

Seit 2003 gibt es in Denklingen die „Helfer vor Ort“, die aus Spenden finanziert werden. Claus Himml und seine Frau Renate gehörten zu den Gründungsmitgliedern. Beide sind hauptberuflich Notfallsanitäter, sie beim BRK Landsberg, er bei einer Berufsfeuerwehr. „Wir haben damals festgestellt, wie weit die Rettungswege nach Denklingen sind“, erinnert sich Claus Himml. Und so kam die Idee für die Helfer-Gruppe auf. Sie besteht aus Ehrenamtlichen, die vor Ort wohnen und bei einem Notfall ausrücken, um Erste Hilfe zu leisten – damit wird die Zeit bis zum Eintreffen des Rettungswagens und des gegebenenfalls ebenfalls alarmierten Notarztes überbrückt.

Die meisten Einsätze waren direkt in Denklingen

Der Bedarf ist groß. 122 Mal waren die Helfer im vergangenen Jahr allein in Denklingen gefragt, 82 Mal in Leeder. Und selbst über ihr normales Einsatzgebiet hinaus sind sie unterwegs, wenn Not am Mann ist – beispielsweise in Osterzell oder Hohenfurch. Und so kamen die Helfer 2020 auf 343 Einsätze – diese Zahl ist für die Denklinger sogar niedrig, 2019 rückten sie noch 421 Mal aus. Coronabedingt wurden die „Helfer vor Ort“ von Anfang März bis Anfang Juni 2020 nur noch alarmiert, wenn es um Notarzteinsätze, also um das Leben eines Menschen, ging. „Das war zum Schutze der Ehrenamtlichen“, sagt Himml.

Von denen gibt’s in Denklingen acht: Vier Männer und vier Frauen bilden die „Helfer vor Ort“. „Mehr waren wir noch nie. Wir sind sehr konsequent und sehr fleißig“, sagt Renate Himml über die acht Ehrenamtlichen, von denen jeder eine medizinische Grundausbildung hat. Hauptberuflich arbeiten nicht alle im medizinischen Bereich.

Fünf Notrufe an einem Tag

Einen festen Dienstplan gibt’s nicht. Meistens steht das HvO-Fahrzeug, ein geländegängiger VW Passat Kombi, bei den Himmls vor der Tür – an etwa 15 bis 20 Tagen pro Monat. Sind die beiden verhindert, findet sich über eine WhatsApp-Gruppe ein anderer Freiwilliger. Meistens zumindest. „Wenn wirklich mal keiner da ist, wird das Auto außer Dienst gesetzt“, erklärt Claus Himml. Dann müssen die Hilfesuchenden warten, bis der Rettungsdienst eintrifft. „Das kommt wirklich selten vor.“

Gar nicht so selten sind dafür Tage, an denen zwei oder drei Alarmierungen eingehen. Am 14. Januar 2020 kamen zwischen 3:46 und 16:41 Uhr sogar fünf Notrufe rein, am 6. Januar und 19. Februar waren es vier. „Das ist auch mal anstrengend, da braucht man Konsequenz“, gibt Renate Himml zu. „Aber jeder Einsatz ist es wert, dass wir ausrücken. Schon allein wegen des Menschlichen.“ Denn die Patienten benötigen oft nicht nur medizinische Hilfe, sondern müssen auch beruhigt werden. „Das Rettungswesen ist ein sensibler Bereich. Er erfordert eine gewisse Empathie“, sagt die Notfallsanitäterin. „Die Menschen brauchen Herzlichkeit.“

Die Patienten sind oft auch Bekannte

Und die „Helfer vor Ort“ obendrein auch Erfahrung. Denn für gewöhnlich sind sie allein im Einsatz, übernehmen die Erstversorgung, müssen wichtige erste Entscheidungen treffen – zum Beispiel, ob ein Notarzt nachalarmiert werden muss. Etwa 30 Prozent der Einsätze sind durch Unfälle bedingt. Beim Rest handelt es sich um internistische Notfälle, also Erkrankungen. Meistens im häuslichen Umfeld.

Und nicht selten kennen die „Helfer vor Ort“ die Betroffenen. „Das ist ein emotionales Thema“, sagt Renate Himml. „Es ist etwas anderes, ob da der beste Freund oder ein Fremder liegt. Das hat keinen Einfluss auf die medizinische Versorgung, aber auf das eigene Gemüt.“ Und auch so schlimme Unglücke wie auf der Baustelle in Denklingen, als vier Menschen starben, setzen den Helfern zu. In vielen Gesprächen tauschen sich die Retter danach aus – die ehrenamtlichen auch gemeinsam mit den hauptamtlichen, berichtet Renate Himml. „Man kann da schon viel loswerden.“ Und Kraft für die nächsten Einsätze sammeln.

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